Trend zu ETFs: Wozu noch Fondsmanager?
Ausgabeabschläge und Managementgebühren setzen den
Renditen von Investmentfonds teilweise kräftig zu. Also besser gleich auf spesengünstigere Exchange
Traded Funds (ETFs) umsteigen? - Nicht unbedingt.
Die Fondsbranche hat die Finanzkrise
besonders hart getroffen: ein schrumpfendes Fondsvermögen, starke Abflüsse, Fondszusammenlegungen und
jetzt auch noch vermehrte Konkurrenz durch Exchange Traded Funds (ETFs), die auf ein aktives
Fondsmanagement verzichten und sich so Kosten sparen. Sind diese Spesenminimierer den aktiv gemanagten
Fonds also überlegen?
Zum einen muss man die Kirche im Dorf lassen: Zwar verzeichneten ETFs
laut Deutscher Bank sogar im Krisenjahr 2008 in den USA Nettozuflüsse von 180 Milliarden US-Dollar und in
Europa von 47 Milliarden US-Dollar, während traditionelle Anlagefonds mit beachtlichen Nettoabflüssen -
in Europa geschätzte 400 Milliarden
US-Dollar - zu kämpfen haben. Allerdings ist die
ausgehende Basis eine ganz andere: So beträgt das verwaltete Vermögen europäischer ETFs knapp 143
Milliarden Dollar, jenes von traditionellen Anlagefonds ein Vielfaches! Laut Lipper-Studie sind allein in
luxemburgischen Fonds noch stolze 2.152 Milliarden Dollar investiert.
Zum anderen "gibt es für
jedes Produkt eine Berechtigung", betont Peter Pavlicek, Geschäftsführer der BAWAG PSK Invest, "auch wir
setzen bei unseren aktiv gemanagten Fonds dort, wo wir rasch und viel in Märkte rein- und rausgehen, ETFs
ein. Umgekehrt eignen sich ETFs weniger für Investments in Schwellenländern, wo nur ein gutes
Fondsmanagement Ineffizienzen entsprechend ausnützen kann."
Es sei wie Fisch und Fleisch, Rot-
und Weißwein, meint JPMorgan-Österreich-Chef Bernd May: "Eine Geschmackssache. Momentan sind eben ETFs im
Trend und sie gehören auch ins Portfolio eines Profis. Die Einbrüche auf dem Immobilienmarkt haben aber
wieder einmal gezeigt, dass es viel wichtiger ist, dass man auf die richtige Asset-Klasse setzt, als dass
man ein gutes Händchen beim Produkt hat."
Nicht einmal Thomas Pohlmann, Produktmanager bei
ETFlab Investment GmbH, der ETF-Boutique der Dekabank, würde ausschließlich und schon gar nicht jedem zu
den "passiven" Fonds raten: "Wenn man schon die Wertpapierselektion durch Index-Tracking dem Markt statt
einem Fondsmanager überlässt, sollte man sich hier doch sehr gut auskennen. Denn man darf sich bei den
knapp kalkulierten Spannen bei ETFs natürlich keine Beratungsleistung erwarten." ETFs sind auch schon
deshalb nur etwas für erfahrene Anleger, meint Pohlmann, "weil es für einen echten Spesenvorteil wichtig
ist, dass sich der Wert eines ETF auch am Verlauf eines Index orientiert, der einen fairen Wert des
Marktes widerspiegelt". So sind etwa Performance-Indizes, die auch Dividenden und Zinszahlungen
berücksichtigen, reinen Kursindizes als Richtschnur für den ETF-Kurs vorzuziehen.
ETF-Boom im
Bullen-Markt
"ETFs machen vor allem in Bullen-Märkten Sinn, wenn alles nach oben geht und
nicht selektiert werden muss", meint BAWAG-PSK-Invest-Boss Pavlicek. Ins selbe Horn bläst Wolfgang
Matejka, Chefanalyst der Wiener Meinl Bank: "In Zeiten wie diesen sollten aktiv gemanagte Fonds die Nase
vorn haben, denn die Volatilitäten sind weiterhin recht hoch und die Bewegungen innerhalb der Märkte sind
sehr unterschiedlich motiviert. Ein passives Investment kann solche Ausschläge weniger gut, erahnen' und
sich schon gar nicht zeitoptimal darauf einstellen. Aktive Manager werden dafür bezahlt, dies zu tun."
Als Beispiel nennt JPMorgan-Chef May hier die Explosion der VW-Aktie am 26. Oktober 2008. Die Ankündigung
von Porsche, 75 Prozent von VW übernehmen zu wollen, ließ den Kurs um 110 Prozent hochschnellen: "Ein ETF
bildet stur den DAX ab, ein cleverer Fondsmanager hätte zugunsten von VW gewettet."
Spesen
sparen als Hauptargument
Die niedrigen Spesen sind wohl das Hauptargument für passiv gemanagte
Fonds. Nach dem Motto: "Wofür zahle ich eine hohe Managementgebühr und die Performance ist trotzdem
schlechter als die Benchmark", erklärt Thomas Friedl, Produktmanager von brokerjet, das gestiegene
Interesse an ETFs. Bei einem Investment von 100.000 Euro verbleiben dem Anleger bei einem klassischen
Aktienfonds bei einem Ausgabeaufschlag von fünf Prozent zu Beginn zunächst mal nur noch 95.000 Euro.
Kalkuliert man den Zinseffekt und die höheren laufenden Gebühren hinzu, kann der Spesennachteil bei
langem Horizont schon mehrere Tausend Euro "fressen".
Hingegen liegen die Kosten von ETFs auf
Aktienindizes lediglich zwischen 0,15 und 0,7 Prozent für exotische Märkte. Noch günstiger sind
Renten-ETFs mit gerade mal 0,09 bis 0,2 Prozent, was den Grund für den jüngsten Zulauf
sicherheitsorientierter Anleger bei dieser Asset-Klasse erklärt.
Während Kunden bei ihrer
Hausbank also sehr aktiv nach ETFs fragen müssen, ist das Angebot für Kunden von Onlinebrokern
(selbstentscheidende Anleger!) umfangreich. Die Direkt-Anlage Österreich ( http://www.daoe.at) reagiert auf die gestiegene ETF-Nachfrage mit einem günstigen
Angebot bis Ende September: "Unsere Kunden können dabei eine Auswahl von zehn ETFs online für je 3,95
Euro handeln", erklärt Marketing-Leiter Florian Herfurth.
"ETFs können durchaus ein
ansprechendes Gebührenkorsett aufweisen", honoriert auch Meinl-Bank-Mann Wolfgang Matejka, "warum, liegt
aber auch auf der Hand: ETFs reichen in der Regel die Dividenden und Ausschüttungen der darin
befindlichen Gesellschaften nicht oder nur unterdurchschnittlich an die Investoren weiter. ETFs sollten
daher nur betrachtet werden, wenn der unterliegende Index ein Performanceindex ist oder wenn der ETF
Dividenden berücksichtigt. Alles andere ist bei den heutigen hohen Dividendenrenditen ein gewaltiger
Nachteil für Investoren."
ETFs sind liquider
"ETFs sind für eine aktive
Vemögensverwaltung vor allem für jene sehr nützlich, die ohnedies auch mit Aktien sehr viel traden, da
ETFs fortwährend an der Börse handelbar sind", sieht Matejka hier einen echten Vorteil. Diesen schränkt
ETFlab-Experte Pohlmann ein: "Es gibt ETFs, die bei größeren Investments nicht die sofortige Auszahlung
garantieren können, hier sollte man auf das Fondsvolumen achten!"
"Wichtig ist auch, dass der
jeweilige Exchange Traded Fund die ihm zu- und abfließenden Gelder möglichst zeitakkurat berücksichtigt.
Sonst entsteht bei hohen Schwankungen der darunter liegenden Märkte eine Performanceunsicherheit des
ETF", so Matejka. "Am ehesten erhält man diese Aussagen in Form des, Betas'. Diese Zahl sagt aus, wie
stark ein Wertpapier sich wie der jeweilige Index verhält."
Stichwort Transparenz
Bei einem Indexfonds (ETF) auf den DAX, weiß der Anleger, dass er genau so viel gewinnt oder verliert
wie eben der Deutsche Aktienindex. Es gibt aber längst komplexere ETFs, was die Transparenz relativiert.
So etwa beim db Hedge Fund Index ETF der Deutschen Bank (ISIN: LU0328476337), dem ersten ETF, der an die
Wertentwicklung von mehreren Hedge-Fonds über den DB-Hedge-Fund-Index gekoppelt ist. Hier steht aber auch
ein anderes Argument im Vordergrund: dass man jederzeit an sein Geld kommt. Die mangelnde Liquidität
hatte im Vorjahr vielen Hedge-Fonds-Anlegern mehr zugesetzt als die eigentlichen Kursverluste.
Kein Emittentenrisiko?
Ein weiterer Vorteil von ETFs besteht in dem gesetzlichen Schutz des
Anlagevermögens im Pleitefall, da es Sondervermögen darstellt. Das lässt Meinl-Bank-Experte Matejka so
nicht gelten: "Nachdem nicht eine KAG diese Fonds emittieren braucht, sondern andere Gesellschaften dies
ebenso dürfen, ist es nach aktueller rechtlicher Interpretation nicht klar, ob diese ETFs wie bei anderen
Investmentfonds, Sondervermögen' darstellen oder nicht."
Fazit:
"ETFs sind keine
Konkurrenz, sondern eine sinnvolle Ergänzung zu klassischen Investmentfonds", erklärt Bernd May von
JPMorgan. Sie stehen nicht nur im Mitbewerb zu (Index-)Fonds, sondern vor allem auch zu Zertifikaten und
auch zu Investments in Einzelaktien. Sie eignen sich aufgrund des deutlichen Spesenvorteils und der
fortwährenden Handelbarkeit primär für erfahrene "Selbstentscheider" und hier vor allem für Investments
in entwickelten Märkten (Abbildung des DAX, DJ EuroStoxx 50, MSCI World, DJ Industrial). Auch bei ETFs
muss man darauf achten, dass sie steuerlich "blütenweiß" sind.
Nützliche ETF-Info
Eine neue ETF-Matrix bzw. kompakte Übersicht der wichtigsten Anbieter und ihrer Produkte findet
man auf
http://www.onvista.de unter
"ETF".
Auf der Web-Seite der Deutschen Börsesind alle ETFs gelistet.
http://www.deutsche-boerse.com)
Die
Deutsche Plattform
http://www.smarter-investieren.de bietet Grundlagen, Hintergrund und Listen
handelbarer ETFs.
Als unabhängige Plattform versteht sich
http://www.etf.fundexplorer.de
Quelle: Gewinn 1.5.2009
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Gruß