 Konjunktur
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Datum/Zeit: 27.09.2025 15:51 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Eurozone-Wachstum setzt sich trotz stagnierendem Auftragseingang fort
Ergebnisse auf einen Blick:
HCOB Flash Eurozone Composite PMI bei 51,2 (August: 51,0), 16-Monatshoch.
HCOB Flash Eurozone Service-Index Geschäftstätigkeit bei 51,4 (August: 50,5), 9-Monatshoch.
HCOB Flash Eurozone Index Industrieproduktion bei 50,7 (August: 52,5), 2-Monatstief.
HCOB Flash Eurozone Industrie PMI bei 49,5 (August: 50,7), 3-Monatstief.
Wie bereits seit Jahresbeginn setzte die Eurozone im September ihren Wachstumskurs fort. Laut aktueller Vorabschätzung
blieben die Auftragseingänge allerdings unverändert, nachdem sie im August zugelegt hatten. Stillstand herrschte auch bei
der Beschäftigung, und die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist sanken auf ein Vier-Monatstief. Gleichzeitig schwand
der Inflationsdruck, was die abgeschwächten Steigerungsraten der Ein- und Verkaufspreise zeigten.
Produktion und Nachfrage
Der saisonbereinigte HCOB Flash Eurozone Composite PMI - der auf etwa 85% der üblichen Rückmeldungen basiert und
von S&P Global erstellt wird - kletterte im September mit 51,2 Punkten nach 51,0 im August auf den höchsten Wert seit Mai
2024 und notierte damit den neunten Monat in Folge über der neutralen Referenzmarke von 50,0 Punkten.
Triebfeder war der Servicesektor, wo die Geschäfte so gut liefen wie seit Jahresbeginn nicht mehr. Die Industrieproduktion
wurde hingegen nur noch leicht ausgeweitet, nachdem sie im Vormonat so kräftig gesteigert worden war wie zuletzt vor
nahezu dreieinhalb Jahren.
Deutschland erwies sich im Berichtsmonat als Zugpferd. Hier wuchs die Wirtschaftsleistung mit der geteilt-höchsten Rate
seit Mai 2023 und damit genauso stark wie im Mai 2024. Frankreichs Wirtschaft schrumpfte dagegen den dreizehnten
Monat hintereinander und so kräftig wie zuletzt im April. In den übrigen von der Umfrage erfassten Eurozone-Ländern verlor
der Aufschwung an Fahrt.
Die Wirtschaft des Euroraums verzeichnete im September Wachstum, obwohl die Auftragseingänge - nach dem ersten
Zuwachs seit fünfzehn Monaten im August - unverändert geblieben sind. So wurde das Mini-Plus bei den Dienstleistern
vom deutlichsten Rückgang im Verarbeitenden Gewerbe seit Februar überkompensiert. Belastet wurde der
Auftragseingang erneut von den Exporten, die nicht nur wie bereits seit März 2022 sanken, sondern das höchste Minus
seit sechs Monaten auswiesen. Rückläufige Exporte vermeldete sowohl die Industrie als auch der Servicesektor.
Beschäftigung
Aufgrund des Mangels an Neuaufträgen griffen die Unternehmen zur Aufrechterhaltung des Wachstums auf die
Auftragsbestände zurück, die zwar nur moderat, jedoch etwas stärker abnahmen als in den beiden Vormonaten. Seit
zweieinhalb Jahren sinken die Auftragsbestände nun bereits ununterbrochen.
Überdies kam der seit einem halben Jahr anhaltende Stellenaufbau im September zum Stillstand. Im Dienstleistungssektor
stiegen die Mitarbeiterzahlen erneut, diesmal jedoch nur noch minimal und mit der niedrigsten Rate seit sieben Monaten. Im
Verarbeitenden Gewerbe setzte sich der seit Juni 2023 andauernde Jobabbau hingegen fort. Frankreich verzeichnete zum
zweiten Mal in Folge einen geringfügigen Stellenaufbau. In Deutschland ging die Beschäftigung dagegen so stark zurück
wie seit Jahresbeginn nicht mehr. Die übrigen erfassten Länder vermeldeten einen mäßigen Stellenaufbau.
Preise
Nach dem Fünf-Monatshoch im August schwächte sich der Anstieg der Einkaufspreise im September insgesamt ab und
fiel niedriger aus als im langjährigen Mittel. Bei den Herstellern sanken sie erstmals seit drei Monaten wieder, bei den
Dienstleistern schwächte sich der starke Kostenauftrieb leicht ab.
Ein ähnliches Bild zeigte sich bei den Verkaufs- bzw. Angebotspreisen. In der Industrie sanken die Verkaufspreise, bei
den Serviceanbietern wurden die Angebotspreise mit verlangsamter Rate angehoben.
Insgesamt legten sie moderat und
mit der niedrigsten Rate seit Mai zu. In Deutschland stiegen die Verkaufspreise so deutlich wie seit fünf Monaten nicht
mehr, in Frankreich sanken sie erstmals seit vier Monaten wieder, und in den übrigen Eurozone-Ländern schwächte sich
der ansonsten kräftige Anstieg auf den tiefsten Wert seit letztem November ab.
Lagerhaltung und Lieferketten
In der Industrie wurde die Einkaufsmenge – wie bereits seit 39 Monaten – abermals reduziert, diesmal sogar so kräftig wie
zuletzt im März. Folglich sanken nicht nur die Bestände an Vormaterialien ein weiteres Mal, sondern auch die Bestände an
Fertigwaren, in beiden Fällen allerdings nicht mehr ganz so rasant wie zuletzt.
Die Lieferzeiten verlängerten sich zum
vierten Mal hintereinander, und zwar so stark wie seit November 2022 nicht mehr.
Ausblick
Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist blieben zum Ende des dritten Quartals zwar positiv, die Stimmung sank
jedoch auf ein Vier-Monatstief und rangierte damit unter dem Langzeitdurchschnitt. Ausschlaggebend war der schwindende
Optimismus im Verarbeitenden Gewerbe, wo der entsprechende Index auf ein vorläufiges Jahrestief absackte. Im
Servicesektor blieb der Ausblick gegenüber August weitgehend unverändert. In Deutschland und Frankreich ließ die
Zuversicht nach, in den übrigen von der Umfrage erfassten Ländern stieg sie hingegen.
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, kommentiert:
“Die Eurozone bleibt auf Wachstumskurs. Im Verarbeitenden Gewerbe ist die Produktion den siebten Monat in Folge
ausgeweitet worden und die Geschäftstätigkeit im Dienstleistungssektor wächst seit Februar 2024 fast ununterbrochen. Von
einer großen Dynamik ist man allerdings weit entfernt. Dies unterstreicht die Tatsache, dass der Composite-PMI, der die
Aktivität in der Industrie und im Servicesektor einem Wert zusammenfasst, mit mageren 51,2 Punkten ein 16-Monatshoch
erreicht hat.
Die Aussichten für das Verarbeitende Gewerbe sind trüb. Die Produktion wächst zwar noch, aber das Wachstum wird durch
Frankreich gedämpft, wo sich der Anfang September erfolgte Regierungswechsel auch auf die Produktionspläne der
Unternehmen niedergeschlagen haben dürfte. Vor allem sollte man sich nicht allzu große Hoffnungen machen, dass es
kurzfristig wieder aufwärts geht, denn die Auftragseingänge sind sowohl in Deutschland als auch in Frankreich deutlich
zurückgegangen. Mittelfristig ist davon auszugehen, dass höhere Ausgaben für Verteidigung sich auch in einer höheren
Nachfrage nach Industriegütern niederschlagen werden. Schneller wirken sollte der sogenannte Investitionsbooster aus
Deutschland und das Infrastrukturpaket. Laut Umfrageergebnissen hat die Zuversicht, dass die Geschäftstätigkeit steigt,
sowohl in Deutschland als auch in der Eurozone dennoch nachgegeben.
Der Beschäftigungsaufbau, der in diesem Jahr ohnehin nur auf einem sehr bescheidenen Maße stattgefunden hatte, ist nun
zum Stillstand gekommen. Das ist das Ergebnis der langsameren Personalaufstockung im Dienstleistungssektor und des
beschleunigten Jobabbaus im Verarbeitenden Gewerbe. Auf Länderebene hat hier vor allem Deutschland gebremst.
Möglicherweise hat die offizielle Arbeitslosenrate in der Eurozone, die im Juli saisonbereinigt noch auf 6,2% gesunken war,
nunmehr ihren Tiefststand erreicht.
Die von der Europäischen Zentralbank besonders intensiv beobachtete Kosteninflation im Dienstleistungssektor hat sich leicht
abgeschwächt, ist aber angesichts der fragilen wirtschaftlichen Lage immer noch ungewöhnlich hoch. Bei den Verkaufspreisen
ist die Beruhigung ausgeprägter und dürfte die EZB möglicherweise zum Nachdenken darüber anregen, ob in diesem Jahr
nicht doch noch eine Zinssenkung sinnvoll sein könnte.“
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