 Konjunktur
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Datum/Zeit: 05.07.2025 15:12 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Eurozone-Wachstum beschleunigt sich leicht, Zuversicht steigt
Ergebnisse auf einen Blick:
HCOB Composite PMI® Eurozone bei 50,6 (Finalwert Mai: 50,2), 3-Monatshoch
HCOB Dienstleistungsindex Eurozone bei 50,5 (Finalwert Mai: 49,7), 3-Monatshoch
Wachstum und Stellenaufbau setzen sich fort, Zuversicht steigt und Auftragseingang stabilisiert sich langsam
Die Eurozone-Wirtschaft blieb im Juni zwar den sechsten Monat in Folge auf Wachstumskurs und der Stellenaufbau setzte sich
zum vierten Mal hintereinander fort, beide Steigerungsraten fielen jedoch erneut niedrig aus. Der Auftragsrückgang kam
nahezu zum Stillstand, und die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist fielen so optimistisch aus wie seit knapp einem Jahr
nicht mehr.
Der Anstieg der Einkaufspreise fiel genauso schwach aus wie zum 6-Monatstief im Mai und blieb damit unter seinem
Langzeitdurchschnitt, während die Verkaufs- bzw. Angebotspreise für Güter und Dienstleistungen leicht beschleunigt wuchsen.
Der finale saisonbereinigte HCOB Composite PMI für die Eurozone - ein gewichteter Mittelwert aus dem HCOB Eurozone
Index Industrieproduktion und dem HCOB Eurozone Service-Index Geschäftstätigkeit – stieg im Juni auf ein 3-Monatshoch von
50,6 Punkten nach 50,2 im Mai und signalisierte damit, dass sich das Wachstum im Euroraum geringfügig beschleunigt hat und
die Steigerungsrate über dem Durchschnittswert der zurückliegenden zwölf Monate lag. Die Industrieproduktion wurde
ausgeweitet und die Geschäftstätigkeit im Servicesektor wuchs.
Von den fünf von der Umfrage erfassten Ländern lag Irland zum vierten Mal hintereinander an der Spitze der Index-Rangliste,
allerdings mit dem schwächsten Wachstum seit Januar. Spanien expandierte stärker als zuletzt und löste Italien auf Platz zwei
ab, dessen fünftes Wachstum in Folge schwächer ausfiel als in den beiden Vormonaten. Die deutsche Wirtschaft vermeldete
zum fünften Mal seit Jahresbeginn Wachstum, das allerdings erneut nur schwach ausfiel. Frankreich blieb der Nachzügler, hier
schrumpfte die Wirtschaft zum zehnten Mal hintereinander, diesmal jedoch nur noch minimal.
Unterstützt wurde das Wachstum durch die Abarbeitung der Auftragsbestände, die zum 27. Mal hintereinander abgebaut
wurden, wenngleich mit der niedrigsten Rate seit über einem Jahr. Der Auftragseingang wies erneut ein Minus aus, das jedoch
so gering ausfiel wie nie seit Beginn der Auftragsflaute vor 13 Monaten. Im Verarbeitenden Gewerbe stabilisierte sich der
Auftragseingang, im Servicesektor sank er nur minimal. Die Exporte gingen trotz der Stabilisierung der Auslandsbestellungen
in der Industrie insgesamt nur noch leicht zurück.
Der vierte Stellenaufbau in Folge blieb insgesamt schwach, da im Verarbeitenden Gewerbe per Saldo erneut Jobs wegfielen,
namentlich in Deutschland, Italien und Österreich. In Frankreich sanken die Beschäftigtenzahlen bei den Serviceanbietern.
Da sich der Ausblick sowohl in der Industrie als auch im Servicesektor verbesserte, erholten sich die Geschäftsaussichten
binnen Jahresfrist von ihrem 18-Monatstief im April zwar weiter und fielen so positiv aus wie seit Juli 2024 nicht mehr, der Grad
an Optimismus war jedoch erneut schwächer als im langjährigen Mittel.
Der Anstieg der Einkaufspreise fiel genauso gering aus wie zum 6-Monatstief im Mai und blieb damit unter seinem LangzeitDurchschnittswert. Ausschlaggebend hierfür war vor allem der erneute Rückgang im Verarbeitenden Gewerbe. Im
Servicesektor legten die Kosten hingegen erneut relativ stark zu. Ein ähnliches Bild zeigte sich bei den Verkaufspreisen, die in
der Industrie reduziert wurden, während die Angebotspreise bei den Dienstleistern erneut überdurchschnittlich stark angehoben
wurden.
Rangliste der Composite PMIs im Juni 2025
Irland 52,8 5-Monatstief
Spanien 52,1 2-Monatshoch
Italien 51,1 3-Monatstief
Deutschland 50,4 (Flash: 50,4) 3-Monatshoch
Frankreich 49,2 (Flash: 48,5) 2-Monatstief
HCOB Dienstleistungsindex Eurozone
Mit 50,5 Punkten nach 49,7 im Vormonat stieg der finale HCOB Dienstleistungsindex Eurozone wieder über die neutrale
Referenzmarke von 50 Punkten und signalisierte damit, dass die Geschäfte der Serviceanbieter im Juni – wie bereits seit
Jahresbeginn – abermals geringfügig zugelegt haben. Der Vorjahresdurschnitt von 51,5 Punkten wurde ebenfalls
unterschritten.
Bremsfaktor blieb der Auftragsrückgang, der diesmal allerdings nur noch äußerst schwach ausfiel. Und die Auftragsbestände
nahmen so langsam ab wie seit Mai 2024 nicht mehr.
Wie bereits seit knapp viereinhalb Jahren stieg die Beschäftigung ein weiteres Mal. Der Zuwachs blieb allerdings moderat und
entsprach damit dem Durchschnittwert der zurückliegenden zwölf Monate.
Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist erholten sich vom ihrem jüngsten April-Tief weiter und stiegen auf ein vorläufiges
Jahreshoch, wenngleich sie niedriger ausfielen als im langjährigen Mittel.
Der Anstieg der Einkaufspreise verlangsamte sich zum dritten Mal innerhalb der letzten vier Monate und sank auf ein 7-
Monatstief, er blieb jedoch relativ stark. Gleichzeitig wurden die Angebotspreise stärker angehoben als in den beiden
Vormonaten.
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, kommentiert:
„Der Dienstleistungssektor stagniert seit April mehr oder weniger. Ein Blick auf den längerfristigen Trend offenbart, dass es mit
dem Wachstumstempo bereits seit Sommer 2021 mit kräftigen Schwankungen nach unten geht. In den vergangenen 27 Jahren
der Datenerhebung war bislang noch nie ein derart langgezogener Abschwung zu beobachten gewesen. Die beiden letzten
Rezessionen im Servicesektor, die das Ergebnis der Finanzmarktkrise von 2008/2009 und der Eurokrise 2012 waren, folgten
einer relativ raschen Wachstumsverlangsamung und dürften sich in dieser Weise nicht wiederholen. Möglicherweise liegt dies
an dem strukturellen Aspekt des Arbeitskräftemangels, der seit Covid-19 offensichtlich geworden ist. Dieser hat dazu geführt,
dass Unternehmen in ihrer Gesamtheit – anders als früher – selbst in schwachen Quartalen niemals die Beschäftigung
abgebaut haben. Dadurch ist auch der private Konsum, der entscheidende Wachstumsmotor für den Dienstleistungssektor, seit
2021 nicht mehr massiv eingebrochen. Zuletzt haben die Unternehmen sogar mehr Menschen eingestellt als im Mai und eine
Rezession kann daher möglicherweise dauerhaft vermieden werden.
Die Frage ist, ob nach der so lang anhaltenden Trägheit des Dienstleistungssektors ein robuster Aufschwung überhaupt
möglich ist. Für die gesamte Eurozone wird dies vermutlich schwierig, aber im wichtigsten Euroland, Deutschland, ist dies sehr
wohl wahrscheinlich, wenn man das außergewöhnnliche Stimuluspaket berücksichtigt, welches die neue Regierung gerade auf
den Weg bringt. Denn auch wenn davon vor allem der Tiefbau und der Verteidigungssektor profitieren werden, dürfte
insbesondere im kommenden Jahr der Fiskalimpuls auch auf den Dienstleistungssektor ausstrahlen. Die Erwartungen für die
nächsten 12 Monate haben sich für die Eurozone jedenfalls verbessert, wenngleich der Wert noch unter dem langfristigen
Durchschnitt bleibt.
Die Europäische Zentralbank dürfte nicht ganz glücklich darüber sein, dass die Verkaufspreise im Dienstleistungssektor im Juni
gestiegen sind und auch die Inputpreise relativ deutlich zulegten. Angesichts anderer Faktoren wie dem starken Euro und die
für die Eurozone deflationär wirkenden US-Zölle rückt die Bedeutung der Dienstleistungsinflation, die vor einem Jahr noch
etwas kritischer aussah, etwas in den Hintergrund.“
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