 Konjunktur
|
Datum/Zeit: 26.04.2025 19:13 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Deutsche Wirtschaft rutscht wieder in den rezessiven Bereich,
da Sorgen über Zölle den Ausblick belasten
Ergebnisse auf einen Blick:
HCOB Flash Deutschland Composite PMI(1) bei 49,7 (März: 51,3). 4-Monatstief.
HCOB Flash Deutschland Services PMI(2) bei 48,8 (März: 50,9). 14-Monatstief.
HCOB Flash Deutschland Industrie Index Produktion(4) bei 51,6 (März: 52,1). 2-Monatstief.
HCOB Flash Deutschland Industrie PMI(3) bei 48,0 (März: 48,3). 2-Monatstief.
Die deutsche Wirtschaft ist im April wieder in den rezessiven Bereich gerutscht, da Sorgen über Zölle und die Unsicherheit die
Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist auf ein 6-Monatstief sinken ließen und auch die Nachfrage belasteten. Der
Arbeitsmarkt blieb unter Druck, wenngleich die Beschäftigung nur geringfügig und mit der niedrigsten Rate seit knapp einem
Jahr sank.
Gleichzeitig wurden die Verkaufspreise in der Industrie erstmals seit knapp zwei Jahren wieder angehoben, womit auch die
durchschnittlichen Verkaufspreise für Güter und Dienstleistungen insgesamt etwas mehr zulegten als zuletzt. Die
Einkaufspreise in der Industrie sanken hingegen nicht nur stark, sondern auch mit beschleunigter Rate, während sie im
Servicesektor abermals kräftig stiegen.
Der HCOB Flash Deutschland Composite PMI sank im April mit 49,7 Punkten nach 51,3 im März erstmals seit vier Monaten
wieder unter die Wachstumsmarke von 50 Punkten und signalisierte damit einen minimalen Rückgang der Wirtschaftsleistung.
Ausschlaggebend hierfür war der Servicesektor, wo die Geschäftsaktivität erstmals seit letztem November und so stark
zurückging wie seit Februar 2024 nicht mehr (Index bei 48,8). Die Industrieproduktion wurde hingegen zum zweiten Mal
hintereinander ausgeweitet, wenngleich nur moderat und mit leicht abgeschwächter Rate (Index bei 51,6).
Ähnlich die Entwicklung beim Auftragseingang, wo die Serviceanbieter ein Minus und das verarbeitende Gewerbe ein leichtes
Plus verzeichneten. Sorgen über Zölle und die daraus resultierende Unsicherheit setzten den Dienstleistern zu. Einige Kunden
sollen Entscheidungen aufgeschoben und ihre Ausgaben aus Sorge über die wirtschaftlichen und politischen Aussichten
zurückgefahren haben, hieß es. Im verarbeitenden Gewerbe verbuchten die Unternehmen hingegen den zweiten Monat in
Folge mehr Neuaufträge, wozu auch der erste Zuwachs bei den Auslandsbestellungen seit über drei Jahren beigetragen hat.
Beide Steigerungsraten blieben jedoch äußerst niedrig. Vorzieheffekte und ein damit in Zusammenhang stehender
Lageraufbau hätten sich hier positiv ausgewirkt, so die Umfrageteilnehmer.
Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist sackten im April in der größten Volkswirtschaft der Eurozone markant ab und
landeten auf einem Sechs-Monatstief. Nach unten revidiert wurden die Erwartungen sowohl in der Industrie als auch im
Servicesektor – in Letztgenanntem sank der Grad an Optimismus sogar auf den tiefsten Wert seit September 2023.
Die Beschäftigtenzahlen sanken erneut, diesmal jedoch nur noch minimal und mit der niedrigsten Rate seit Beginn des
Stellenabbaus vor elf Monaten. Im verarbeitenden Gewerbe verringerte sich die Beschäftigung zwar erneut stark, diesmal
jedoch mit der niedrigsten Rate seit zehn Monaten. Bei den Serviceanbietern setzte sich der kräftige Stellenaufbau hingegen
fort, hier wurden per Saldo sogar so viele neue Jobs geschaffen wie seit Mai 2024 nicht mehr.
Aufgrund des mangelnden Kapazitätsdrucks auf breiter Front nahmen die Auftragsbestände erneut überdurchschnittlich stark
ab, der Rückgang fiel diesmal jedoch so schwach aus wie zuletzt vor elf Monaten.
Nach dem Vier-Monatstief im März stiegen die Verkaufspreise für Güter und Dienstleistungen im April mit leicht beschleunigter
Rate, hauptsächlich wegen der ersten minimalen Erhöhung der Verkaufspreise seit knapp zwei Jahren in der Industrie. Die
Serviceanbieter verfügten über eine größere Preismacht, wenngleich die Angebotspreise hier mit der niedrigsten Rate seit
letztem Oktober angehoben wurden.
Aufgrund verbilligter Rohstoffe, darunter Öl und Metalle, dem Wettbewerbsdruck unter den Lieferanten sowie dem stärkeren
Euro gingen die Einkaufspreise in der Industrie nicht nur erneut stark, sondern mit beschleunigter Rate zurück. Die
Serviceanbieter vermeldeten hingegen einen kräftigen und nochmals leicht beschleunigten Kostenauftrieb. Ungeachtet dessen
legten die Einkaufspreise in beiden Sektoren zusammengenommen mit der niedrigsten Rate seit fünf Monaten zu.
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, kommentiert:
„Man könnte sagen, dass das exportorientierte Wachstumsmodell Deutschlands vor einigen ernsthaften Herausforderungen
steht, aber die Zollpolitik der USA hat bislang noch nicht zu einem größeren Einbruch in der Industrie geführt. Tatsächlich ist
es den Herstellern gelungen, ihre Produktion zum zweiten Mal in Folge zu steigern und sogar einen leichten Anstieg der
Exportaufträge zu verzeichnen, was seit Anfang 2022 nicht mehr der Fall war. Das ist ziemlich beeindruckend und könnte
auf die Hoffnung auf Kompromisse mit den USA sowie auf die gut diversifizierten Exportziele Deutschlands zurückzuführen
sein – 90 % der Exporte gehen in andere Länder als die USA. Natürlich besteht nach wie vor große Unsicherheit, und der
Optimismus hinsichtlich der künftigen Produktion hat etwas gelitten.
Die Gewinnmargen im verarbeitenden Gewerbe könnten sich verbessern. DieEinkaufspreise sind dank niedrigerer
Energiekosten deutlich gesunken, und die Unternehmen konnten ihre Verkaufspreise zum ersten Mal seit Mai 2023 wieder
leicht anheben. Dies könnte ein Zeichen für die Widerstandsfähigkeit in dem Sektor sein, zumal viele produzierende
Unternehmen Dual-Use-Güter herstellen oder auf die Herstellung von Produkten für militärische Zwecke umstellen können.
Da die neue Regierung voraussichtlich die Verteidigungsausgaben erhöhen wird, beginnen viele Unternehmen, in diese
Richtung zu denken.
Für die Dienstleister läuft es nicht rund. Die Geschäftstätigkeit ist rückläufig, und der Optimismus hinsichtlich der zukünftigen
Geschäftsentwicklung hat einen Dämpfer erhalten. Dennoch zeigen das anhaltende Beschäftigungswachstum und
Anzeichen einer Stabilisierung des Neugeschäfts, dass die Unternehmen noch lange nicht aufgeben. Mit der erwarteten
expansiven Fiskalpolitik dürften Dienstleister von dieser Entwicklung profitieren können.
Die Kosten im Dienstleistungssektor sind schneller gestiegen als in den Vormonaten, was die Hoffnungen auf eine
Verlangsamung des Lohnanstiegs und einem damit verbundenen geringeren EinflussAuswirkungen auf die Gesamtkosten
dämpft. In Verbindung mit einer langsameren Inflation der Verkaufspreise bedeutet dies, dass die Gewinnmargen im
Dienstleistungssektor unter Druck geraten.“
|