Grasser-Prozess - Großer Medienandrang zu Verhandlungsbeginn am OGH
Urteil des Schöffensenates vom Dezember 2020 über
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser steht beim OGH am
Prüfstand - BILD GRAFIK VIDEO
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Gänzlich überarbeitet nach Verfahrensstart
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Unter großem Medienandrang hat am Donnerstag am
Obersten Gerichtshof (OGH) im Wiener Justizpalast das
Berufungsverfahren im Korruptionsprozess rund um Ex-Finanzminister
Karl-Heinz Grasser begonnen. Erstinstanzlich und nicht rechtskräftig
wurde Grasser im Dezember 2020 am Wiener Straflandesgericht wegen
Untreue, Beweismittelfälschung und illegaler Geschenkannahme zu acht
Jahren Haft verurteilt. Bei seiner Ankunft zur heutigen Verhandlung
wollte Grasser kein Statement abgeben.
Aufgrund des großen Medieninteresses startete das Verfahren mit
einigen Minuten Verspätung. Die Vorsitzende des Senates Christa
Hetlinger skizzierte zu Beginn den Verlauf. Zunächst wird die
Berichterstatterin des Senates den Gang des Verfahrens beschreiben,
dann sind die Verteidiger am Zug, gefolgt von der Generalprokuratur
sowie einem Vertreter der Privatbeteiligten. Den Abschluss bilden
dann die Stellungnahmen der Beschuldigten bzw. deren Anwälte.
Für das Verfahren beim OGH sind vier Tage anberaumt, ein früheres
Urteil ist möglich. Dies kann von einer Aufhebung des Spruches des
Schöffensenates aus dem Jahr 2020 bis zu einer vollinhaltlichen
Bestätigung reichen. Neben Grasser wurden im Strafverfahren unter
Richterin Marion Hohenecker unter anderem auch
Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger und der Lobbyist Peter
Hochegger nicht rechtskräftig verurteilt, auch sie haben sich an den
OGH gewandt. Hochegger ist beim heutigen OGH-Verfahren aus
gesundheitlichen Gründen nicht erschienen und entschuldigt, dies
trifft auch auf einen weiteren Angeklagten zu.
Buwog-Causa beschäftigt Republik seit mehr als 20 Jahren
Die Verhandlung am OGH ist der (vorläufige) Schlussstrich unter
einen Immobiliendeal, der seit nunmehr 21 Jahren die Republik
beschäftigt. Damals gingen rund 60.000 Bundeswohnungen um 961 Mio.
Euro an ein Konsortium rund um die Immofinanz des umstrittenen
Managers Karl Petrikovics, der unterlegene Bieter CA Immo hatte
gerade einmal 1 Mio. Euro weniger für die Wohnungen geboten. Das
sorgte zwar für Überraschung; dass diese Privatisierung
möglicherweise geschoben war, stellte sich aber erst ein paar Jahre
später heraus, als bekannt wurde, dass zwei Grasser-Freunde -
Meischberger und Hochegger - bei dem Immofinanz-Deal 9,6 Mio. Euro
an Provision mitgeschnitten hatten.
Die Frage lautete danach: Hatte Grasser seinen Freunden, die die
Immofinanz berieten, verraten, wie hoch das Angebot für einen
Zuschlag sein müsse und damit die Republik geschädigt? Der
Ex-Finanzminister verneint das bis heute wortreich.
Lockere Stimmung zu Verhandlungsbeginn
Kurz vor Beginn der Verhandlung am Donnerstag plauderten Grasser
und Ex-Immofinanzchef Karl Petrikovics noch locker miteinander,
während Grassers Trauzeuge Meischberger eher im Abseits stand.
Selbst als Grasser und Meischberger nebeneinander auf den ihnen
zugewiesenen Stühlen Platz nahmen hatten sie sich nichts zu sagen.
Unter den Anwälten sowie unter Medienvertretern herrschte eine
Stimmung wie bei einem Maturatreffen, meinte ein Anwesender. Das
Interesse der Gerichtskiebitze war überschaubar, rund 20
Interessierte fanden sich ein, noch einmal so viele Plätze blieben
frei.
Die Berichterstatterin des Senates startete ihre Ausführungen
damit, dass es in dem OGH-Verfahren um die drei Themenkomplexe
Buwog, Terminal Tower Linz und Telekom Austria geht. Grasser
betreffe der Vorwurf der Untreue und Korruption als unmittelbarer
Täter. Weiters gehe es auch um Beweismittelfälschung und
Geschenkannahme durch Beamte. Grasser habe in Wien und an anderen
Orten seine Befugnisse wissentlich zum Schaden der Republik
missbraucht.
Als mildernd wurde der bisherige tadellose Lebenswandel sowie die
lange Verfahrensdauer und das Wohlverhalten seit dem Verfahren
gewertet, erschwerend teilweise der hohe Schaden, die lange Tatdauer
und bei Grasser auch noch die Ausnützung seiner Amtstätigkeit.
Sowohl Grasser wie auch Meischberger seien bisher unbescholten und
hätten keine Vorstrafen.
OGH prüft Einstellungsbeschluss von 2019
Im Vorfeld wurde von mehreren Medien von einem möglichen Problem
der wiederholten Strafverfolgung berichtet. Die Senatspräsidentin
Hetlinger erklärte dazu, dass der OGH sich den Einstellungsbeschluss
des Landesgerichts Wien zustellen ließ. "Das ist nichts
Außergewöhnliches. Nur um Missverständnisse zu vermeiden", ergänzte
Hetlinger. Im Jahr 2019 wurde ein Verfahren eingestellt, in dem es
um den Vorwurf ging, dass Grasser durch den Gesamtverkauf der
Wohnungen, zu wenig einnahm. Die Untreue-Vorwürfe gegen Grasser
wurden damals fallen gelassen.
(Redaktionelle Hinweise: 0385-25, 88 x 160 mm)
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