 Konjunktur
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Datum/Zeit: 08.02.2025 14:28 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Deutschland - Ermutigender Jahresstart: Geschäftstätigkeit im Servicesektor
auf Sechs-Monatshoch
Ergebnisse auf einen Blick:
HCOB Dienstleistungsindex Deutschland bei 52,5 (Finalwert Dezember: 51,2), 6-Monatshoch
HCOB Composite PMI Deutschland bei 50,5 (Finalwert Dezember: 48,0), 8-Monatshoch
Zunehmendes Kostenplus lässt Inflationsdruck steigen
Wie die Januar-Daten zum HCOB Dienstleistungsindex signalisieren, war der Start ins neue Jahr für die deutschen
Dienstleister erfreulich. So beschleunigte sich das Wachstum und auch die Beschäftigung legte leicht zu. Dass die Nachfrage
nach wie vor verhalten war, zeigt das erneute - wenngleich weniger kräftige - Minus beim Auftragseingang. Nichtsdestotrotz
blickten viele Branchenakteure zuversichtlicher in ihre geschäftliche Zukunft, was sie mit der Hoffnung auf einen
Konjunkturschub nach den Bundestagswahlen sowie auf niedrigere Zinsen begründeten.
Gleichzeitig nahm der Preisdruck sektorweit zu, denn sowohl die Kosten als auch die Angebotspreise zogen so deutlich an wie
seit Anfang 2024 nicht mehr.
Nach 51,2 Punkten im Dezember notierte der finale und saisonbereinigte HCOB Index Geschäftstätigkeit im Januar bei 52,5.
Der Hauptindex kletterte dank der jüngsten Zuwächse nicht nur auf ein Sechs-Monatshoch, sondern rangierte auch nur noch
knapp unter dem langjährigen Durchschnitt. Die Befragten, die einen Anstieg der Geschäftstätigkeit verbuchen konnten, führten
diesen auf umfangreichere Projekte, vermehrte Anfragen seitens ihrer Stammkundschaft und eine verbesserte Auslastung der
Kapazitäten zurück.
Der Aufschwung wurde vielerorts von der Abarbeitung unerledigter Aufträge getragen, da die Neuaufträge weiterhin rückläufig
waren. Die aktuellen Einbußen fielen allerdings weniger gravierend aus als zuletzt und waren nur noch minimal. Die
Unsicherheit unter den Kunden und der Mangel an öffentlichen Ausschreibungen waren hier zwei der ausschlaggebenden
Faktoren, so die Umfrageteilnehmer. Das Exportgeschäft ging indes so signifikant zurück wie seit fast einem Jahr nicht mehr.
Folglich widmete man sich auch zu Jahresbeginn wieder den noch ausstehenden Projekten, und das bereits den neunten
Monat hintereinander und so rasant wie zuletzt Februar 2024.
Mit zur kräftigeren Abbaurate beigetragen hat das neuerliche moderate Beschäftigungsplus, nachdem die Mitarbeiterzahlen in
der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres noch kontinuierlich gesunken waren.
Derweil trieben die wachsenden Löhne und Gehälter die Kosten insgesamt erneut in die Höhe. In Kombination mit der
gestiegenen CO2-Abgabe und zunehmenden Kraftstoffpreisen sorgten diese dafür, dass sich die Inflationsrate zum vierten Mal
in Folge und auf das höchste Niveau seit Februar 2024 beschleunigte. Sie übertraf zudem den langjährigen Mittelwert bei
Weitem.
Um die Ausgaben zumindest teilweise an ihre Kunden weiterreichen zu können, hoben viele Serviceanbieter ihre
Angebotspreise nochmals deutlicher an. Die Teuerungsrate erreichte hier ein Elf-Monatshoch.
Abschließend äußerten sich die Umfrageteilnehmer im Januar optimistischer im Hinblick auf ihre Geschäftslage binnen
Jahresfrist. Tatsächlich kletterte der zukunftsgerichtete Index auf den besten Wert seit Mai letzten Jahres. So hoffen viele
Dienstleister darauf, dass die Wirtschaft im Anschluss an die Wahlen anziehen wird sowie auf sinkende Zinsen. Einige Befragte
gaben zudem an, mehr in Werbung und Marketing investiert zu haben und neue Produkte und Leistungen auf den Markt
bringen zu wollen.
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, kommentiert die aktuellen Umfrageergebnisse:
"Das ist ein ermutigender Jahresstart! Das Wachstum scheint wieder eine Chance zu haben, denn erstmals seit sieben
Monaten hat sich der HCOB Composite PMI Deutschland wieder über die 50 Punkte-Marke bewegt. Zu verdanken war das
dem Servicesektor, wo die Geschäftstätigkeit zwar verhalten, aber rascher als im Vormonat zugelegt hat. Das verarbeitende
Gewerbe zieht die Gesamtwirtschaft derweil nicht mehr so stark herunter wie es bislang der Fall war. Alles in allem stellt
sich die Lage in Anbetracht der vielen Unsicherheiten relativ erfreulich dar.
Für den Dienstleistungssektor ist Rezession ein Fremdwort. So konnten die Serviceanbieter im vergangenen Jahr fast
durchgehend ein Performanceplus verbuchen. Angesichts der tiefen und langanhaltenden Rezession in der Industrie ist das
eine überraschende und gute Nachricht. Die sektoralen Zahlen von Destatis deuten darauf hin, dass das Wachstum im
Bildungs- und Gesundheitswesen überdurchschnittlich stark war. Hier haben sich höhere Staatsausgaben ausgezahlt.
Einige Beobachter sehen sich darin bestätigt, dass die Ressourcen aus der Industrie, in der üblicherweise die
Wertschöpfung sehr hoch ist, zu den Dienstleistern verschoben werden, wo die Wertschöpfung generell niedriger eingestuft
wird. Tatsächlich ist aber festzustellen, dass auch die hochproduktive Informations- und Kommunikationsbranche 2024
kräftig gewachsen ist. Deindustrialisierung ist nicht per se schlecht, wenn gleichzeitig neue Jobs in anderen
wettbewerbsfähigen Dienstleistungsbereichen geschaffen werden. Genau das scheint derzeit zu passieren.
Nach einer längeren Durststrecke stellen viele Serviceunternehmen wieder neue Mitarbeiter ein. Das ist für sich gesehen
erfreulich, aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, weswegen der jüngste Indexwert nicht überbewertet werden
sollte. Die verstärkten Rückgänge der Auftragsbestände und der Neuaufträge aus dem Ausland sprechen gegen eine
Fortsetzung des Beschäftigungszuwachses.
Die Preisentwicklung im Dienstleistungssektor ist auffällig. Trotz der insgesamt schwachen konjunkturellen Lage hat sich der
Kostenauftrieb beschleunigt und die Verkaufspreise wurden mit der stärksten Rate seit Februar 2024 angehoben. Die
höheren Ausgaben haben nach Angaben einiger Branchenakteure mit den gestiegenen Löhnen zu tun sowie mit der
Erhöhung der CO2-Abgabe, die beispielsweise das Hotelgewerbe belastet. Dass die Unternehmen in der Lage waren, die
höheren Kosten partiell weiterzureichen, ist ein Indiz für eine gewisse Robustheit des Sektors."
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