 Konjunktur
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Datum/Zeit: 08.02.2025 14:22 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Talfahrt der Eurozone-Industrie schwächt sich im Januar ab
Ergebnisse auf einen Blick:
HCOB Einkaufsmanagerindex Industrie Eurozone bei 46,6 (Dezember: 45,1), 8-Monatshoch
HCOB Industrie Eurozone Index Produktion bei 47,1 (Dezember: 44,3), 8-Monatshoch
Geschäftsaussichten verbessern sich dank abgebremsten Industrieabschwung weiter
Die Talfahrt der Eurozone-Industrie hat sich im Januar deutlich verlangsamt. So näherte sich der Sektor dank abgeschwächter
Rückgänge bei Produktion, Auftragseingang, Vormateriallagern und Einkaufsmenge der Stabilisierung weiter an, während sich
die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist auf den höchsten Wert seit knapp drei Jahren verbesserten.
Gleichzeitig beschleunigte sich der Kostenauftrieb erstmals seit letztem August wieder, die Verkaufspreise blieben nach
viermonatigem Rückgang stabil.
Der HCOB Einkaufsmanagerindex™ Industrie Eurozone stieg von 45,1 Punkten im Dezember auf 46,6 im Januar und
signalisierte mit seinem 8-Monatshoch, dass das verarbeitende Gewerbe im Euroraum mit der niedrigsten Rate seit Mai 2024
geschrumpft ist. Der Index wird von S&P Global erhoben und spiegelt das Ergebnis der Januar-Umfrage zur
Geschäftsentwicklung in der Eurozone-Industrie in einem Wert wider.
Von den von der Umfrage erfassten Ländern des Euroraums vermeldeten Griechenland und Spanien erneut Wachstum, das
sich in beiden Fällen gegenüber Dezember allerdings verlangsamt hat. Frankreich und Deutschland waren Schlusslichter in der
PMI-Rangliste, wenngleich sich die Geschäftseinbußen in beiden Ländern deutlich abgeschwächt haben. Auch in Österreich
und Italien verlangsamte sich die Talfahrt, während sie sich in den Niederlanden geringfügig beschleunigte.
Dass der PMI-Hauptindex im Januar stieg, lag vor allem an den beiden Schwergewichts-Unterindizes Auftragseingang (30%)
und Produktion (25%), die jeweils den schwächsten Rückgang seit Mai 2024 auswiesen – was gegenüber der zweiten
Jahreshälfte 2024 durchaus eine Verbesserung darstellt. Auch das Exportgeschäft* war diesmal ein nachlassender
Bremsfaktor, hier verbuchten die Branchenakteure den schwächsten Rückgang seit letztem Mai.
Die Einkaufsmenge wurde im Januar mit der niedrigsten Rate seit acht Monaten reduziert. Folglich verlangsamte sich auch der
Abbau der Vormateriallagerbestände (deren Index ebenfalls in die Berechnung des PMI-Hauptindexes einfließt).
Die Beschäftigung sank hingegen den 20. Monat in Folge und mit leicht beschleunigter Rate. Auchdie Auftragsbestände
nahmen ein weiteres Mal ab.
Gleichzeitig verstärkte sich der Kostendruck. So stiegen die Einkaufspreise erstmals seit August 2024 wieder, wenngleich nur
moderat und deutlich schwächer als im langjährigen Mittel. Dass die gestiegenen Kosten nicht an die Kunden weitergegeben
wurden war daran zu erkennen, dass die Verkaufspreise stabil blieben, nachdem sie in den vier Vormonaten reduziert worden
waren. Seit Mai 2023 wurden die Verkaufspreise in 19 von 21 Monaten reduziert.
Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist hellten sich weiter auf und fielen so optimistisch aus wie seit Februar 2022 nicht
mehr – dem Monat, in dem Russland mit einem Großangriff in die Ukraine einmarschierte.
Rangliste der Industrie-PMIs im Januar
Griechenland 52,8 2-Monatstief
Spanien 50,9 5-Monatstief
Niederlande 48,4 2-Monatstief
Italien 46,3 3-Monatshoch
Österreich 45,7 8-Monatshoch
Deutschland 45,0 (Flash: 44,1) 8-Monatshoch
Frankreich 45,0 (Flash: 45,3) 7-Monatshoch
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, kommentiert:
"Es ist definitiv noch zu früh, von zarten Konjunkturtrieben im verarbeitenden Gewerbe zu sprechen. Aber wir sehen den
Anstieg des HCOB-PMI als ersten Schritt in Richtung Stabilisierung nach zwei Monaten sich verschärfender Rezession.
Höhere Einkaufspreise stellen angesichts der schwächelnden Wirtschaft in den letzten zwei Jahren eine Herausforderung für
den Industriesektor dar. Die Erhöhung, die zum Teil auf den Anstieg der durchschnittlichen Ölpreise um fast 7% im Januar
zurückzuführen sein dürften, könnten auch für die EZB eine Herausforderung darstellen, da die vorherige Abschwächung der
Gesamtinflation größtenteils den niedrigeren Energiepreisen zugeschrieben werden kann.
Auch wenn die neue US-Regierung das verarbeitende Gewerbe Europas und seine Exporte wahrscheinlich mit Zöllen und
anderen Maßnahmen belegen wird, haben sich die Geschäftsaussichten deutlich verbessert. Der dazugehörige Index legte vier
Punkte zu und notiert damit leicht über seinem langfristigen Durchschnitt. Es besteht die Hoffnung, dass die Zeit der Lethargie
mit den Wahlen in Deutschland und möglicherweise auch in Frankreich zu Ende geht und ein Klima des Aufbruchs entsteht,
Dinge zu ändern und den Hebel umzulegen.
Deutschland und Frankreich halten nun gemeinsam die rote Laterne im verarbeitenden Gewerbe der Eurozone, wobei es
Österreich und Italien nicht viel besser geht. Zumindest hat sich die Rezession in all diesen Ländern sektorübergreifend etwas
verlangsamt. In Deutschland und Frankreich ist die Situation bei Investitionsgütern, Vorleistungsgütern und Konsumgütern nicht
mehr so dramatisch wie im Vormonat. Möglicherweise wird sich die Lage in diesem Jahr weiter verbessern. Denn trotz aller
Zollandrohungen von Trump sollten wir nicht vergessen, dass 90% oder mehr der Exporte der Länder der Eurozone in andere
Länder als die USA gehen."
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