Buslenker warnen vor Lohndumping durch die Rot-Weiß-Rot-Karte
vida-Vorwurf: Arbeitgeber lassen die Führerscheinausbildung
ihrer Fahrer über das AMS finanzieren - Arbeitgeber: Stimmt
nicht - vida fordert 3,7 Prozent mehr Lohn
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Weitere WKÖ-Stellungnahme (3. und 4. Absatz)
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In der Autobus-Branche läuft es seit einigen Monaten
unrund. Der Grund sind die erfolglos laufenden
Kollektivvertrags-Verhandlungen, die am Donnerstag für landesweite
Protestaktionen sorgten. Der Vorwurf der Gewerkschaft vida: Die
Arbeitgeber setzen statt besserer Arbeitsbedingungen auf eine
"Rot-Weiß-Rot-Karte mit Lohndumping". Betroffen von dem KV-Konflikt
sind 12.000 Beschäftigte bei den privaten Autobusbetrieben.
Laut vida dauern die Gespräche nun schon seit zwei Jahren an,
zuletzt sei von den Arbeitgebern eine "Mogelpackung" präsentiert
worden. Demnach stehen den angebotenen minimalen Verbesserungen in
einigen Punkten massive Verschlechterungen in anderen Bereichen
gegenüber. "Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer müssten sich die
geforderten Entlastungen weitestgehend selbst finanzieren, obwohl
akuter Personalbedarf herrscht", kritisiert die vida.
Dem konterte WKÖ-Branchenobmann Martin Horvath am Donnerstag mit
dem Hinweis, dass man den Arbeitnehmern schon weit entgegen gekommen
sei. Das Angebot einer Einkommenserhöhung um 3,5 Prozent würde der
rollierenden Inflation entsprechen.
vida: Buslenker von der Mangelberufliste nehmen
Vor Journalisten betonte Yvonne Rychly, stv. Vorsitzende der vida
Wien, hingegen: "Die Arbeitgeber setzen offensichtlich lieber auf
erpressbare Lenkerinnen und Lenker mit Rot-Weiß-Rot-Karten von
außerhalb der EU und Lohndumping, anstatt die Branche attraktiver zu
gestalten. Sie fordert die Buslenkerinnen und Buslenker von der
Mangelberufsliste zu nehmen. Rychly erinnerte daran, dass in Wien in
den nächsten fünf Jahren bis zu 5.000 Lenker fehlen würden. Für
Horvath ist der Vorwurf des Lohndumpings nicht nachvollziehbar,
schließlich gelte der Kollektivvertrag für jeden Arbeitnehmer, also
auch für jene aus Drittländern.
Die vida fordert 3,7 Prozent Lohnerhöhung plus eine "echte"
Verbesserung im KV-Rahmenrecht. "Es geht vor allem um Abzüge
aufgrund von dienstlichen Pausen, um Nachtarbeit und um
Entlastungsmaßnahmen, damit man den Job wirklich bis zur Pension
machen kann", so Susanne Haase, Landesgeschäftsführerin der
Gewerkschaft vida Wien. Sie wirft einzelnen Busunternehmen vor, zu
wenig in die Qualifikation der Mitarbeiter zu investieren.
"Stattdessen lassen sich die Arbeitgeber mittlerweile etwa bevorzugt
über die Arbeitslosenversicherung sogar die Führerscheinausbildungen
für die Kolleginnen und Kollegen auf Kosten der Allgemeinheit
finanzieren", so die vida am Donnerstag.
Was wiederum bei Arbeitgebervertreter Horvath für Kopfschütteln
sorgt: "Das stimmt überhaupt nicht, das ist der persönliche
Führerschein des Arbeitnehmers." Diesen benötigt der Fahrer für die
Arbeitsaufnahme und der Führerschein ist auch nicht an den
Arbeitgeber gebunden, betonte Horvath im Gespräch mit der APA.
Arbeitnehmervertreterin Haase fordert die künftige
Bundesregierung auf, Arbeitsmigration aus Drittstaaten auf den
heimischen Arbeitsmarkt zu stoppen. "Die Arbeitgeberinnen und
Arbeitgeber verwenden die Betroffenen nur als Druckmittel auf Löhne
und Arbeitsbedingungen", so der Vorwurf. Kritisiert wurde zuletzt
auch, dass einige Betriebsversammlungen von den Arbeitgebern gestört
wurden.
KV-Mindestlohn bei 2.773 Euro brutto
WKÖ-Branchenobmann Horvath wiederum hatte zuletzt betont, dass
die Arbeitgeber ein Angebot von 3,5 Prozent Lohnerhöhung auf den
Tisch gelegt hätten. Auch eine Neuregelung der Nachtarbeitszuschläge
in der Zeit von 23:00 bis 00:00 Uhr im Linienverkehr sei angeboten
worden. "In den letzten sechs Jahren haben wir den Einstiegslohn für
Neuanfänger um 45 Prozent erhöht", so Horvath. Aktuell liegt der
KV-Mindestlohn für die Buslenker bei 2.773 Euro brutto im Monat.
Laut Horvath sind nicht einmal ein Prozent Lenker derzeit mit
Rot-Weiß-Rot Karten beschäftigt. Er betonte am Donnerstag in einer
Aussendung, dass die Arbeitgeber die Kurskosten für die
verpflichtende 35-stündige Weiterbildung der Busfahrer übernehmen
würden und die Schulung als Arbeitszeit bezahlen würden. Des
Weiteren seien die unbezahlten Ruhepausen reduziert worden.
ÖAMTC verweist auf schwere Unfälle mit Schwerfahrzeugen
Der nächste KV-Verhandlungstermin findet am 17. Februar statt.
"Sollte dabei aber erneut eine Mogelpackung auf den
Verhandlungstisch gelegt werden, dann werden die Beschäftigten am
20.2. 2025 einen ersten Warnstreik abhalten", drohte die vida schon
vorsorglich. Bisher hätten 60 Betriebsversammlungen und
Onlinetermine von Ende Jänner bis jetzt stattgefunden.
Der ÖAMTC hat heute auf schwere Unfälle mit Lkw verwiesen und
fordert mehr Kontrollen für mehr Sicherheit. "Leider steigt der
Anteil an den Todesopfern seit Jahren tendenziell wieder an. Lkw
über 3,5 Tonnen waren im Jahr 2023 zwar nur an 3,6 Prozent aller
Verkehrsunfälle beteiligt, hatten dabei mit 16,2 Prozent aber einen
viereinhalb Mal so großen Anteil an den tödlichen Unfällen", so
ÖAMTC-Verkehrstechniker David Nosé.
stf/hel
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