wiiw-Prognose: Wachstum in Mittel-Osteuropa heuer bei 2,7 Prozent
Aussichten gegenüber Herbstprognose etwas nach unten revidiert
- Wachstum aber deutlich stärker als in Eurozone - GRAFIK
In den Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas
dürfte die Wirtschaft heuer etwas schwächer wachsen als zuletzt
erwartet. Das Wiener Institut für Internationale
Wirtschaftsvergleiche (wiiw) rechnet für die 23 Länder der Region
mit einem BIP-Wachstum von durchschnittlich 2,7 Prozent, das sind
gegenüber der Herbst-Prognose um 0,4 Prozentpunkte weniger. Für
EU-Mitglieder in der Region erwartet das wiiw ein Plus von 2,8
Prozent, eine Revision um 0,1 Prozentpunkte nach unten.
2026 sollte das Wachstum für EU-Mitglieder in der Region 2,7
Prozent betragen, was ebenfalls eine leichte Berichtigung nach unten
um 0,3 Prozentpunkte bedeutet. Damit dürften diese Länder in
Zentral- und Südosteuropa allerdings sowohl heuer als auch im
nächsten Jahr etwa doppelt so stark wachsen wie die Eurozone (2025:
1,2 Prozent; 2026: 1,4 Prozent) und ihren ökonomischen Aufholprozess
fortsetzen, schreibt das wiiw.
Unsicherheiten durch Wirtschaftspolitik von Trump
Unsicherheiten bestehen durch die Wirtschaftspolitik von
US-Präsident Donald Trump. Der Prognose liegt die Annahme zugrunde,
"dass Trump nicht sofort hohe Zölle gegen die EU verhängt und Putin
in der Ukraine keinen leichten Sieg ermöglicht, indem er das Land
fallen lässt", hielt Richard Grieveson, stellvertretender Direktor
des wiiw und Hauptautor der Winterprognose, in einer Aussendung
fest. "Wir gehen von diesem Szenario aus."
Zwar kämpfe die stark mit Deutschland verflochtene Industrie in
Staaten wie Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn oder Rumänien
mit der dortigen industriellen Rezession. Getrieben werde ihr
Wachstum aber vom starken Privatkonsum infolge kräftiger
Reallohnsteigerungen. "Die Leute geben das zusätzlich verfügbare
Einkommen auch wieder aus, was die Konjunktur anziehen lässt", so
Grieveson.
Spitzenreiter beim Wachstum unter den östlichen EU-Mitgliedern
ist Polen, und zwar sowohl heuer (3,5 Prozent) als auch im nächsten
Jahr (3,0 Prozent), dicht gefolgt von Kroatien (2025: 3,1 Prozent;
2026: 3,0 Prozent). Die sechs Staaten am Westbalkan werden 2025 und
2026 vergleichsweise kräftig um durchschnittlich 3,5 Prozent
expandieren, die Türkei 2025 ebenfalls um 3,5 Prozent und 2026 um
4,5 Prozent.
Trübe Aussichten für die Ukraine
Für die kriegsgeplagte Ukraine haben sich die Aussichten indes
etwas eingetrübt. Für 2025 prognostiziert das wiiw dem Land ein
Wachstum von 3 Prozent und damit um 0,3 Prozentpunkte weniger als im
Herbst. Bisher habe die Ukraine zwar "eine erstaunliche
Widerstandsfähigkeit an den Tag gelegt", schreibt das wiiw,
zunehmend leide die Wirtschaft aber "unter der systematischen
Zerstörung ihrer Energieinfrastruktur durch russische Luftangriffe
und einem sich zuspitzenden Arbeitskräftemangel". Die Dürre im
vergangenen Sommer habe zudem die Agrarexporte sinken und die
Lebensmittelpreise ansteigen lassen.
Geringeres Wachstum in Russland
In Russland dürfte sich das starke Wachstum im vergangenen Jahr
(3,8 Prozent) auf heuer nur noch 1,8 Prozent einbremsen. Selbiges
gilt für Belarus, das eng mit der russischen Kriegswirtschaft
verflochten sei und 2025 nur noch um 2 Prozent wachsen dürfte, nach
einem Plus von 4 Prozent im vergangenen Jahr.
Grund für die erwartete Abschwächung in Russland sei die
"geldpolitische Vollbremsung der Notenbank". Denn aufgrund der stark
gestiegenen Inflation - sie lag Ende 2024 bei 9,5 Prozent und wird
vom starken Reallohnwachstum und sanktionsbedingt teureren Importen
befeuert - hob die Zentralbank den Leitzins auf 21 Prozent an. "Die
hohen Zinsen machen Kredite für die meisten Unternehmen und
Konsumenten unerschwinglich, bieten einen großen Anreiz, Geld auf
Bankkonten zu horten, und würgen so die Wirtschaft ab", erklärte
Vasily Astrov, Russland-Experte des wiiw. "Zudem droht der
russischen Wirtschaft eine Pleitewelle bei Unternehmen, die ihre
Kredite nicht mehr bedienen können."
Wachstum in Osteuropa stützt österreichische Konjunktur
Die österreichische Wirtschaft dürfte durch das Wachstum in
Polen, Tschechien, Ungarn und Slowenien im Jahr 2025 Rückenwind
erhalten. Denn die Entwicklungen in diesen Ländern federn die
Schwäche Deutschlands als Österreichs wichtigstem Handelspartner ab.
Mit einem Zuwachs von durchschnittlich 3 Prozent sollten die
Visegrad-Staaten und Slowenien 2025 der Prognose zufolge
zweieinhalbmal so stark wachsen wie die Eurozone (1,2 Prozent), 2026
mit 2,8 Prozent doppelt so stark (1,4 Prozent). Unterstützung für
Österreichs "heuer wohl fast stagnierende Wirtschaft" ist auch aus
Südosteuropa zu erwarten, vor allem aus Kroatien.
(Redaktionelle Hinweise: 0197-25)
tpo/ivn
ISIN
WEB http://www.wiiw.ac.at/
ISIN AT0000831706
WEB http://www.wienerberger.com