Konjunktur

Konjunktur

Datum/Zeit: 28.09.2024 12:15
Quelle: Konjunktur - Presseaussendung

Deutsche Wirtschaft schrumpft im September wegen des Industriesektors mit beschleunigter Rate



Ergebnisse auf einen Blick:

HCOB Flash Deutschland Composite PMI(1) bei 47,2 (August: 48,4). 7-Monatstief.
HCOB Flash Deutschland Services PMI(2) bei 50,6 (August: 51,2). 6-Monatstief.
HCOB Flash Deutschland Industrie Index Produktion(4) bei 40,5 (August: 42,8). 12-Monatstief.
HCOB Flash Deutschland Industrie PMI(3) bei 40,3 (August: 42,4). 12-Monatstief.

Die deutsche Privatwirtschaft ist im September noch tiefer in den rezessiven Bereich abgesackt und so stark geschrumpft wie seit sieben Monaten nicht mehr. Die Industrieproduktion wurde mit beschleunigter Rate zurückgefahren, während der Servicesektor nahezu stagnierte. Der Stellenabbau beschleunigte sich, da die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist erstmals seit einem Jahr wieder pessimistisch ausgefallen sind.

Gleichzeitig schwächte sich der Inflationsdruck in der größten Eurozone-Volkswirtschaft spürbar ab. Bei den Serviceanbietern verlangsamte sich der Anstieg der Einkaufspreise, während es in der Industrie verstärkt zu Preisnachlässen kam.

Mit 47,2 Punkten nach 48,4 im August sank der HCOB Flash Deutschland Composite PMI im September den vierten Monat in Folge und signalisierte mit dem tiefsten Wert seit Februar einen kräftigen Wachstumsrückgang. Der stärkste Rückgang der Industrieproduktion seit einem Jahr (Index bei 40,5) belastete die Wirtschaft noch deutlicher als zuletzt. Und angesichts der schwächsten Expansion der Dienstleister seit sechs Monaten (Index bei 50,6) fiel dieser Sektor als Wachstumstreiber fast vollständig weg.

Der Gesamt-Auftragseingang wies im September das höchste Minus seit knapp einem Jahr aus, was die Unternehmen auf die zunehmende Ausgabenzurückhaltung der Kunden und deren Besorgnis hinsichtlich der aktuellen Konjunkturlage zurückführten. Die Serviceanbieter mussten erstmals wieder einen Rückgang beim Neugeschäft hinnehmen, in der Industrie fiel das Minus noch höher aus als zuletzt. Und auch die Auslandsbestellungen gingen auf breiter Front und mit beschleunigter Rate zurück.

Die Auftragsbestände nahmen so rasant ab wie zuletzt vor zwölf Monaten – ein deutlicher Hinweis auf die markante Unterauslastung der Kapazitäten. Im verarbeitenden Gewerbe sanken die Auftragsbestände besonders stark. Infolgedessen fiel der vierte Stellenabbau in Folge so kräftig aus wie seit über 15 Jahren nicht mehr (wenn man die Anfangsmonate der Pandemie außer Betracht lässt).

Gleichzeitig verschlechterten sich die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist drastisch. So übertraf der Anteil der Pessimisten erstmals seit genau einem Jahr den der Optimisten – allerdings nur leicht. Ausschlaggebend hierfür waren Rezessionsängste, die unsichere Marktentwicklung und die Schwäche des Automobil- und Bausektors. Bei den Dienstleistern blieb der Ausblick zwar positiv, der Grad an Optimismus sank jedoch auf ein 12-Monatstief.

Der Kostendruck ließ in der deutschen Privatwirtschaft im September spürbar nach. So verlangsamte sich der Anstieg der Einkaufspreise im Servicesektor deutlich und fiel so schwach aus wie seit über dreieinhalb Jahren nicht mehr. Der entsprechende Langzeit-Durchschnittswert von vor der Pandemie wurde nur noch minimal übertroffen. In der Industrie sanken die Einkaufspreise wegen der nachlassenden Nachfrage nach Produktionsmaterialien und der Verbilligung von Rohstoffen (und hier insbesondere Stahl) so kräftig wie zuletzt vor sechs Monaten.

Die Angebotspreise der Serviceunternehmen wurden mit der niedrigsten Rate seit April 2021 angehoben, während die Verkaufspreise im verarbeitenden Gewerbe mit beschleunigter Rate reduziert wurden.

Beide Sektoren zusammengenommen, lag der Anstieg der Verkaufspreise auf einem 44-Monatstief und damit in etwa auf dem Durchschnittsniveau von vor der Pandemie.

Dr. Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, kommentiert:

"Der Abschwung im verarbeitenden Gewerbe hat sich erneut verschärft und jegliche Hoffnung auf eine baldige Erholung zunichte gemacht. Die Produktion ist so schnell wie seit einem Jahr nicht mehr zurückgegangen und die Auftragseingänge sind regelrecht eingebrochen. Es macht schon fast einen resignierenden Eindruck, dass die Unternehmen im September die Beschäftigung so stark reduziert haben wie seit der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 nicht mehr. Das passt zu der Ankündigung mehrerer großer Automobilzulieferer bezüglich eines erheblichen Stellenabbaus. Insgesamt dürften diese unschönen Zahlen die Debatte in Deutschland über das Risiko einer Deindustrialisierung anheizen und auch darüber, was die Regierung dagegen tun sollte.

Optimismus gehört der Vergangenheit an. Die Industrieunternehmen sind geradezu in einer depressiven Stimmung, wenn es um die Frage geht, wie sich ihre Aktivität in Zukunft entwickeln wird. So hat der moderate Optimismus im August schlagartig in den stärksten Pessimismus seit einem Jahr im September gedreht.

Dieser rasche Stimmungsabfall dürfte mit der Welle negativer Schlagzeilen um Volkswagen zusammenhängen, die einen Schatten auf die gesamte Branche geworfen hat.

Die fortgesetzte Rezession im verarbeitenden Gewerbe beginnt auf den ansonsten widerstandsfähigen Dienstleistungssektor überzugreifen. Die Aktivität der Dienstleister hat sich vier Monate in Folge verlangsamt und nähert sich der Stagnation. Als Reaktion auf die schwächelnde Nachfrage bauen Unternehmen weiterhin Personal ab. Die Aussichten für den Dienstleistungssektor sehen nicht gut aus. Die Auftragsbestände sind so schnell geschrumpft wie seit sieben Monaten nicht mehr, während das Neugeschäft einen deutlichen Rückgang verzeichnet hat.

Eine technische Rezession scheint vorprogrammiert zu sein. Unser Nowcast für das BIP für das laufende Quartal, der neben anderen Indikatoren auch den HCOB PMI Index berücksichtigt, deutet nun auf einen Rückgang von 0,2 % im Vergleich zum Vorquartal hin. Im zweiten Quartal schrumpfte das BIP bereits um 0,1 %. Es besteht noch Hoffnung, dass sich das Ergebnis des vierten Quartals verbessern wird, da höhere Löhne in Kombination mit einer niedrigeren Inflation nicht nur das Realeinkommen, sondern auch den Konsum ankurbeln und die Binnennachfrage stützen dürften."

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