Konjunktur

Konjunktur

Datum/Zeit: 28.09.2024 12:09
Quelle: Konjunktur - Presseaussendung

Eurozone: Erster Wachstumsrückgang seit 7 Monaten



Ergebnisse auf einen Blick:

HCOB Flash Eurozone Composite PMI(1) bei 48,9 (August: 51,0), 8-Monatstief.
HCOB Flash Eurozone Service-Index Geschäftstätigkeit(2) bei 50,5 (August: 52,9), 7-Monatstief.
HCOB Flash Eurozone Index Industrieproduktion(4) bei 44,5 (August: 45,8), 9-Monatstief.
HCOB Flash Eurozone Industrie PMI(3) bei 44,8 (August: 45,8), 9-Monatstief.

Die Eurozone-Privatwirtschaft ist im September erstmals seit sieben Monaten wieder geschrumpft. Mit dazu beigetragen hat der stärkste Rückgang der Auftragseingänge seit Januar. Da auch die Auftragsbestände mit beschleunigter Rate abnahmen und die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist auf ein Zehn-Monatstief sanken, setzte sich der Stellenabbau zum zweiten Mal in Folge fort. Gleichzeitig sorgte die Nachfrageschwäche dafür, dass sich der Anstieg der Ein- und Verkaufspreise abschwächte.

Bremsfaktor Nummer eins war erneut die Industrie. Hier fiel der 18. Produktionsrückgang hintereinander so stark aus wie seit Jahresbeginn nicht mehr. Der Dienstleistungssektor kühlte spürbar ab und vermeldete mit der schwächsten Expansion seit Februar nur noch ein Mini-Plus.

Frankreich verzeichnete nach dem Olympia-bedingten Aufschwung im August wieder Wachstumseinbußen und schloss sich damit Deutschland an, wo die Wirtschaftsleistung im September so stark geschrumpft ist wie zuletzt im Februar. In den übrigen von der Umfrage erfassten Ländern legte die Wirtschaftskraft derweil zwar erneut zu, allerdings mit der niedrigsten Rate seit Januar.

Produktion und Nachfrage

Der saisonbereinigte HCOB Flash Eurozone Composite PMI sank im September mit 48,9 Punkten nach 51,0 im Vormonat erstmals seit sieben Monaten wieder unter die Referenzlinie von 50,0 und signalisierte damit einen leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung. Die aktuelle Umfrage basiert auf rund 85% der regulären Umfrage-Rückmeldungen.

Der 18. Rückgang der Industrieproduktion in Folge beschleunigte sich gegenüber August und war der kräftigste seit Jahresbeginn. Besonders deutlich zurückgefahren wurde die Produktion in Deutschland und Frankreich, doch auch in den übrigen von der Umfrage erfassten Ländern wurde diesmal weniger hergestellt.

Gleichzeitig vermeldeten die Serviceanbieter das kleinste Geschäftswachstum seit Februar. In Frankreich schrumpfte der Servicesektor wieder, während die Geschäfte der Dienstleister in Deutschland und in den übrigen betrachteten Ländern anzogen.

Bei den Auftragseingängen schlugen die vierten Verluste in Folge zu Buche, die noch dazu so stark ausfielen wie seit Jahresbeginn nicht mehr. Die Serviceanbieter mussten das erste Minus seit sieben Monaten hinnehmen, während sich der Auftragsrückgang im verarbeitenden Gewerbe zum vierten Mal hintereinander beschleunigte. Und der 31. Rückgang des Exportneugeschäfts (inklusive des Intra-Eurozone-Handels) in Folge war der gravierendste seit Jahresanfang.

Ausblick

Dass die Zuversicht zunehmend schwand, zeigte der vierte Rückgang der Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist in Folge auf den tiefsten Wert seit letztem November, womit der zukunftsgerichtete Index auch seinen Langzeitdurchschnitt unterschritt.

Am wenigsten optimistisch zeigten sich die Hersteller. Belastet wurde der Eurozone-Ausblick von den pessimistischen Geschäftsaussichten in Deutschland, wo die Unternehmen erstmals seit einem Jahr wieder mit Wachstumseinbußen rechnen. In Frankreich und den übrigen von der Umfrage erfassten Ländern verbesserten sich die Prognosen hingegen leicht.

Beschäftigung

Aufgrund des beschleunigten Rückgangs der Auftragseingänge wurden die Auftragsbestände – wie bereits seit eineinhalb Jahren – erneut abgebaut, diesmal so stark wie seit zehn Monaten nicht mehr. Dies, zusammen mit der schwindenden Zuversicht bei den Geschäftsaussichten, war ursächlich dafür, dass der zweite Stellenabbau in Folge so deutlich ausfiel wie zuletzt im Dezember 2020. In der Industrie sanken die Beschäftigtenzahlen sogar so rasant wie seit über vier Jahren nicht. Im Servicesektor fiel der jüngste Jobaufbau so schwach aus wie zuletzt im August 2023.

Lagerhaltung und Lieferketten

Reduziert wurde in der Industrie auch die Einkaufsmenge, und die Bestände an Vormaterialien und Fertigwaren sanken ein weiteres Mal – in allen drei Fällen mit beschleunigter Rate. Die Lieferzeiten verkürzten sich den achten Monat in Folge, diesmal jedoch im geringsten Ausmaß seit Beginn der Lieferzeitenverkürzung.

Preise

Aufgrund der Nachfrageschwäche ließ auch der Inflationsdruck zum Ende des dritten Quartals nach. So verlangsamte sich der Anstieg der Einkaufspreise drastisch und fiel so schwach aus wie seit November 2020 nicht mehr. In der Industrie sanken die Einkaufspreise erstmals seit vier Monaten wieder. Bei den Serviceanbietern war der Kostenauftrieb so gering wie zuletzt vor dreieinhalb Jahren.

Folglich stiegen auch die Verkaufspreise insgesamt nur leicht und mit der niedrigsten Rate seit Beginn der Preiserhöhungen im Februar 2021. Im Dienstleistungssektor wurden die Angebotspreise weniger kräftig angehoben als zuletzt, im verarbeitenden Gewerbe wurden die Verkaufspreise erstmals wieder reduziert. In Deutschland und den übrigen betrachteten Ländern legten die Verkaufspreise mit abgeschwächter Rate zu, in Frankreich wurden sie erstmals seit Februar 2021 wieder gesenkt.

Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, kommentiert:

“Die Eurozone steuert auf eine Stagnation zu. Mit dem Wegfall des Olympiaeffektes, der das Schwergewicht Frankreich im August noch nach oben gezogen hatte, ist der Composite PMI im September so kräftig gefallen wie zuletzt vor 15 Monaten. Der Index ist wieder in den roten Bereich gerutscht. Angesichts der erneut rapiden Rückgänge bei den Neuaufträgen sowie bei den Auftragsbeständen bedarf es nicht viel Phantasie, sich eine weitere Abschwächung der Wirtschaftsleistung vorzustellen.

Die Lage in der Industrie verschlechtert sich von Monat zu Monat. Die Rezession dauert nun schon seit 27 Monaten an und hat sich aktuell sogar noch vertieft. Wendet man den Blick nach vorne, deuten die massiven Auftragsverluste und die zunehmend düsteren Prognosen der Unternehmen für die künftige Produktion darauf hin, dass diese Durststrecke noch lange nicht vorbei ist.

Die schwache Konjunktur geht auch am Arbeitsmarkt der Hersteller nicht spurlos vorbei. So haben die Branchenakteure im Berichtsmonat so viele Stellen abgebaut wie seit August 2020 nicht mehr.

Gleichzeitig hat sich das Beschäftigungswachstum im Dienstleistungssektor den vierten Monat in Folge verlangsamt und ist nun beinahe zum Stillstand gekommen. Die offizielle Arbeitslosenquote in der Eurozone, die bislang relativ konstant geblieben ist, dürfte in den kommenden Monaten steigen, wenngleich die demografischen Trends für mehr Stabilität sorgen sollten als in vergangenen Abschwüngen.

Da die EZB die anhaltend hohe Inflation bei den Serviceanbietern genau beobachtet, ist ihr die Nachricht, dass sich der Auftrieb sowohl der Ein- als auch der Verkaufspreise verlangsamt hat, sicherlich willkommen.

Berücksichtigt man zusätzlich die sich verschärfende Rezession im verarbeitenden Gewerbe und die nahezu stagnierende Entwicklung im Dienstleistungssektor, könnte eine weitere Zinssenkung im Oktober entgegen den bisherigen Markterwartungen durchaus auf der Tagesordnung stehen.“

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