Baukrise - Wienerberger-Chef: Wohnbaupaket der Regierung greift nicht
Scheuch: Von der Politik wurde und wird hier zu wenig getan -
Baupaket bringe keine Impulse - WIFO-Ökonom ortet für zweite
Jahreshälfte bestenfalls Stagnation im Bausektor
Die Bauwirtschaft steckt tief in der Krise - die
Baugenehmigungen sinken, die Zahl der Arbeitslosen steigt. "Der
Bauwirtschaft in Österreich geht es nicht gut und wir sprechen hier
vor allem für den Hochbau, also Wohnungsneubau", sagte
Wienerberger-Chef Heimo Scheuch am Mittwoch im Ö1-"Mittagsjournal".
Kreditvergabe und Finanzierbarkeit seien ein Aspekt. Aber auch von
der Politik "wurde und wird hier zu wenig getan". Das Baupaket der
Regierung bringe noch keine Impulse.
Pakete würden immer gerne verkündet und in den Medien stark
diskutiert, so der CEO, bei dessen Baustoffkonzern die Baukrise den
Gewinn heuer im ersten Halbjahr von über 220 Mio. Euro im
Vergleichszeitraum des Vorjahres auf 500.000 Euro pulverisierte.
"Bis sie ankommen irgendwo, dauert es sehr lange und ich sehe im
heurigen Jahr noch keine positiven Impulse aus diesem Paket", hielt
Scheuch fest.
"Außerdem ist es ein sehr komplexes Paket und hilft jetzt
unmittelbar, vor allem im leistbaren Wohnungsneubau wenig - da
müssten ganz andere Schrauben gedreht werden und sehr rasch
gehandelt werden, was ich leider nicht sehe", kritisierte Scheuch.
"Wir müssen auch von öffentlicher Seite sozial im Wohnungsneubau
mehr tun", mahnte der Wienerberger-Chef. "Wir haben entsprechende
Fördermodelle in Österreich, die zweckentfremdet eingesetzt wurden,
über die letzten Jahre - das ist vor allem im Wohnungsneubau der
Fall gewesen, in den einzelnen Ländern, in den Bundesländern",
konstatierte Scheuch. "Hier zahlt man eigentlich, wenn ich so sagen
darf, die Zeche für die verfehlte, für die falsche Politik in den
letzten zehn Jahren in Österreich." Da müsse man gegensteuern, eine
neue Regierung müsste etwas tun. "Ich sehe es leider im Wahlkampf
auch nicht geschehen."
Die öffentliche Hand sieht Scheuch jedenfalls in der Pflicht.
"Das Erste ist die Verfügbarkeit von Grund und Boden für den Neubau
- das heißt, hier muss es so sein, dass die Spekulation hier
herausgenommen wird", betonte der Konzernchef. Die Bau- und
Grundkosten hätten sich "extremst verteuert".
"Wenn man über sozialen und leistbaren Wohnbau redet, muss hier
eine Stabilisierung eintreten, müssen wir schauen, dass vor allem
geförderter Wohnraum nur auf Flächen sein kann, die jetzt nicht
durch drei/vier Hände gegangen sind, vorher." Die öffentliche Hand
solle das bereitstellen, solle das langfristig verpachten oder
vermieten, um hier eine Entspannung der Kosten herbeizuführen. Und
zu den Baukosten meinte Scheuch, man könne "deutlich billiger bauen
als in den letzten Jahren", indem man Methoden und Produkte
einsetze, die günstiger seien.
Der heimischen Bauwirtschaft stehen jedenfalls weiterhin harte
Monate bevor. Die Wertschöpfung hat sich heuer erneut
verschlechtert. Die Zahl der Beschäftigten ging im Vergleich zum
bereits tristen Jahr 2023 um weitere 3 Prozent zurück. Parallel dazu
erhöhte sich die Zahl der Insolvenzen von Baufirmen und
Zulieferbetrieben.
Bei dieser Entwicklung spielen laut Österreichischem Institut für
Wirtschaftsforschung (WIFO) mehrere Faktoren eine Rolle. Die
wichtigste Ursache seien aber die Finanzierungskosten. "Die
Bauwirtschaft leidet vor allem darunter, dass die Zinsen nach wie
vor sehr hoch sind und das verringert natürlich die Kreditaufnahme -
und das belastet die Bauwirtschaft in vielen Bereichen", sagte
WIFO-Ökonom Marcus Scheiblecker im Ö1-"Mittagsjournal" des
ORF-Radios.
Im weiteren Jahresverlauf dürfte sich die Lage bestenfalls in
Richtung Stagnation verbessern. "Unsere vorläufigen Indikatoren
zeigen für das dritte Quartal jetzt einmal keine weitere
Verschlechterung", so der WIFO-Experte. "Ob das aber den Tiefpunkt
markiert oder ob da noch was kommt, das bleibt sicher abzuwarten."
kre/pro
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