 Konjunktur
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Datum/Zeit: 08.06.2024 15:58 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Deutschland: Rückgänge bei Produktion und Auftragseingängen
verlangsamen sich im Mai deutlich
Ergebnisse auf einen Blick:
HCOB Einkaufsmanagerindex™ Deutschland bei 45,4 Punkten (April: 42,5), 4-Monatshoch
HCOB Einkaufsmanagerindex™ Deutschland Index Produktion bei 48,9 Punkten (April: 45,4), 13-Monatshoch
Geschäftsausblick hellt sich weiter auf
Die Bedingungen im verarbeitenden Gewerbe Deutschlands stabilisieren sich weiter. So signalisiert die jüngste
Umfrage zum HCOB Einkaufsmanagerindex™ - durchgeführt von S&P Global - deutlich weniger Einbußen bei
Produktion und Neuaufträgen als noch im April. Auch die Zuversicht der Unternehmen hinsichtlich zukünftigen
Wachstums ist gestiegen, obgleich es angesichts der immer noch vergleichsweise niedrigen Auslastungen zu
weiteren Stellenstreichungen kam.
Die Reduzierung der Einkaufsmenge hat sich zwar abgeschwächt, sie fiel aufgrund des vielerorts anhaltenden
Lagerabbaus aber immer noch kräftig aus. Der hohe Wettbewerbsdruck führte derweil zu weiteren
Preisrückgängen sowohl im Ein- als auch im Verkauf.
Der HCOB Einkaufsmanagerindex™ Deutschland - der die Geschäftslage anhand der Kennzahlen für
Produktion, Auftragseingang, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormaterialbeständen in einem Wert abbildet - stieg
im Mai den zweiten Monat in Folge an und notiert bei 45,4 Punkten nach 42,5 im Vormonat. Damit blieb der Index
zwar weiter unter der Wachstumsschwelle von 50,0 Punkten, erreichte aber immerhin den zweithöchsten Stand
seit fünfzehn Monaten.
Den stärksten positiven Einfluss auf den EMI hatten die Auftragseingänge. Hier fiel das Minus nicht nur signifikant
schwächer aus als im April, sondern es war auch das kleinste seit zwei Jahren. Ein wichtiger Faktor waren die
nahezu stabilen Exportaufträge. Demnach hat die Nachfrage vor allem in China und den USA wieder angezogen,
so einige Befragte.
Auch die Produktion wurde deutlich weniger stark zurückgefahren als zuletzt und schrumpfte so geringfügig wie
seit Beginn der aktuellen Kontraktionsphase im Mai 2023 nicht mehr. Die Hersteller von Vorleistungsgütern
verzeichneten sogar ein solides Plus.
Bei den Auftragsbeständen setzte sich der starke Abwärtstrend fort, obwohl der dazugehörige Index auf den
höchsten Wert seit 20 Monaten stieg. Daher schlug auch bei der Beschäftigung abermals und damit seit nunmehr
fast einem Jahr ein Minus zu Buche. Die Abbaurate fiel kräftiger aus als der Durchschnitt der aktuellen
Schrumpfungsphase und blieb gegenüber dem Vormonat nahezu unverändert.
Obwohl der Stellenabbau in der Industrie anhält, wächst der Optimismus unter den Herstellern hinsichtlich der
Wachstumschancen binnen Jahresfrist. So verbesserten sich die Aussichten zum dritten Mal hintereinander und
kletterten auf den höchsten Stand seit Februar 2022, angetrieben von der Hoffnung, dass fallende Zinsen die
Investitionsbereitschaft sowie die Wirtschaft im Allgemeinen ankurbeln.
Die Lagerbestände sowohl der Fertigprodukte als auch der Vormaterialien sanken im Mai abermals markant. Bei
Letzteren wurde eine der schnellsten Kontraktionsraten seit 2009 verzeichnet.
Oftmals berichteten
Umfrageteilnehmer von Maßnahmen zur Bestandsoptimierung und reduzierten dementsprechend die
Einkaufsmenge. Diese schrumpfte zwar so geringfügig wie seit September 2022 nicht mehr, dennoch war der
Rückgang viel stärker als der der Produktion.
Der Wettbewerb unter den Zulieferern führte auch im Mai zu sinkenden Einkaufspreisen. Erstmals seit einem
halben Jahr beschleunigte sich die Deflationsrate wieder, wenngleich es immer noch die zweitlangsamste seit
Februar 2023 war. Unterdessen verkürzten sich die Lieferzeiten ein weiteres Mal, allerdings fiel die Verbesserung
so gering aus wie seit drei Monaten nicht mehr.
Um den Zuschlag für Neuaufträge zu erhalten, waren viele Hersteller bereit, Rabatte zu gewähren. Dies spiegelte
sich im mittlerweile zwölften Rückgang der Verkaufspreise wider, der sich im Vergleich zum Vormonat kaum
veränderte.
Dr. Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, kommentiert:
"Endlich sieht man Licht am Ende des Tunnels. Nachdem sich das globale Umfeld im Verarbeitenden Gewerbe
in den letzten Monaten schon aufgehellt hatte, scheint der Funke nun allmählich auch auf die deutschen
Hersteller überzuspringen. So hat der Index Produktion im Mai einen kräftigen Satz in Richtung der 50-Punkte-Schwelle gemacht und signalisiert, dass die Unternehmen ihre Fertigung im Durchschnitt kaum noch reduziert
haben – die zwölf Monate zuvor hatte man durchgehend kräftige Rückgänge verzeichnet.
Man ist noch nicht da, wo man gerne wäre, denn die Auftragseingänge gehen weiterhin zurück. Aber es sieht
ganz danach aus, dass es schon in den nächsten Monaten nach einer mehr als zweijährigen Durststrecke zu
einem Zuwachs bei den Auftragseingängen kommen könnte. Denn der Index Neuaufträge hat mit satten sechs
Punkten eine bemerkenswerte und selten gesehene Verbesserung verzeichnet. Da war anscheinend einiges
aufzuholen. Dazu passt auch der beschleunigte Rückgang bei den Lagerbeständen.
Möglicherweise haben viele
Unternehmen die Nachfrage unterschätzt und mussten daher auf ihre Lagerbestände zurückgreifen, sowohl bei
den fertigen Produkten als auch den Vorleistungsgütern.
Die Nachfrage schwächelt zwar noch immer – aber es gibt Anzeichen, dass sich die Lage stabilisiert. So haben
die Firmen ihre Einkäufe von Rohmaterialien weitaus weniger stark reduziert als das über die vergangenen 19
Monaten jeweils der Fall war. Gleichzeitig deutet die Tatsache, dass die Lieferzeiten sich nicht mehr ganz so
stark verkürzen wie in den beiden Vormonaten, auf eine weniger schlechte Nachfragesituation hin. In jedem Fall
hat der Optimismus unter den Unternehmen deutlich zugenommen und ist auf den höchsten Stand seit Februar
2022 gestiegen.
Eine konjunkturelle Wende zeichnet sich am ehesten bei den Vorleistungsgütern ab. Hier ist der PMI das dritte
Mal in Folge gestiegen und liegt nur wenig unter der Expansionsgrenze von 50. Bei den Investitionsgütern ist
der Sprung des Indexes im Mai besonders markant gewesen, aber wir scheuen uns davor, diesen Wert
überzuinterpretieren, nachdem monatelang ein Abwärtstrend beobachtet wurde. Der Konsumgüterbereich zeigt
hingegen kaum Zeichen einer Belebung. Hier ist die Produktion sogar mit der stärksten Rate der letzten vier
Monate gesunken. Insgesamt kann man aber sagen, dass sich in den besonders wichtigen Sektoren der
Investitions- und Vorleistungsgüter positive Tendenzen abzeichnen, was zu unserer Einschätzung einer baldigen
Rückkehr auf den Wachstumspfad passt."
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