OMV - Seele darf bei HV trotz Gegenwinds mit Entlastung rechnen
Aufsichtsrat hat sich klar für Entlastung ausgesprochen -
Mehrheit von ÖBAG und ADNOC wohl dafür - Kritik von
internationalen Stimmrechtsberatern
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: IVA kündigt kritische Fragen an (5. Absatz) - Keine Ermittlungen der WKStA (Letzter Absatz)
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Am kommenden Mittwoch geht es in der
Hauptversammlung von Österreichs größtem Ölkonzern OMV auch um die
Entlastung des früheren Chefs Rainer Seele. Im Juni war ihm das
Misstrauen ausgesprochen und eine Sonderprüfung eingeleitet worden.
Im September hat aber der Aufsichtsrat auf Basis dieser Prüfung die
Entlastung empfohlen. Daher wird auch die laut "Dossier"
angekündigte Verweigerung von zwei internationalen
Stimmrechtsberatern Seeles Entlastung wohl nicht verhindern.
Die Sonderprüfung ergab laut Aussendung des Aufsichtsrats vom
September kein "einklagbares Fehlverhalten". "Wir haben die Vorwürfe
sehr ernst genommen und eine externe Untersuchung beauftragt. Der
Aufsichtsrat folgt daher der Empfehlung der Rechtsexperten und wird
aus aktueller Sicht keine Klage beauftragen und der kommenden
Hauptversammlung die Entlastung des Ex-Vorstandsvorsitzenden
vorschlagen", wurde der Aufsichtsratsvorsitzende der OMV, Mark
Garret, in der Mitteilung im September zitiert.
Im Aufsichtsrat vertreten sind unter anderem die österreichische
Staatsholding ÖBAG und der staatliche Ölkonzern von Abu Dhabi, ADNOC
(Abu Dhabi National Oil Company), die zusammen 56,4 Prozent der
Stimmrechte halten. Es ist nicht anzunehmen, dass diese gegen ihre
eigene Empfehlung stimmen werden.
Dennoch muss sich Seele, dessen Vertrag am 30. Juni 2022 endete,
wohl auch auf Misstrauenskundgebungen einstellen. Denn laut
"Dossier" haben die internationalen Stimmrechtsberater von
Institutional Shareholder Services (ISS) und von Glass Lewis (GL)
empfohlen, die Entlastung zu verweigern. ISS halte diesen Schritt
für gerechtfertigt, "da der Aufsichtsrat festgestellt hat, dass es
durch den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden klare Verstöße gegen die
strengen Compliance-Regeln und den Verhaltenskodex des Unternehmens
gegeben hat". Auch Glass Lewis begründe seine Empfehlung damit, dass
"offenbar mehrfach gegen Compliance-Richtlinien verstoßen" worden
sei, so "Dossier".
Kritische Fragen an Seele kündigte auch Florian Beckermann vom
Interessenverband der Anleger (IVA) an. Erst abhängig von den
Antworten auf der Hauptversammlung will Beckermann entscheiden, ob
er Seele die Entlastung ausspricht oder nicht, wie er auf Anfrage
der APA sagte. Aber "wir orientieren uns am internationalen
Marktstandard", deutete er eine Nähe zur Position der
Stimmrechtsberater an. Zugleich wies er darauf hin, dass die IVA
"näher am österreichischen Markt" sei, als die international tätigen
Stimmrechtsberater.
Seele hatte einem ehemaligen Bereichsleiter für Internal Audit &
Compliance rechtsgültig in einer nicht von den Gremien abgesegneten
Vereinbarung (Sideletter) zugesichert, dass er eine Zeit lang nicht
gekündigt wird und danach im Falle einer Kündigung eine finanzielle
Unterstützung erhält. "Dossier" schreibt, dies sei als Absicherung
vereinbart worden, weil der Bereichsleiter das Lesen von Mails der
Betriebsräte veranlasst habe. Die Sonderprüfung attestiert Seele in
diesem Zusammenhang "Abweichungen von unternehmensinternen
Vorgaben", aber zugleich "kein einklagbares Fehlverhalten". Daher
stehe einer Entlastung nichts im Wege.
Seele wurden auch andere Entscheidungen vorgeworfen, allen voran,
dass er die OMV auf Jahrzehnte an den Einkauf von russischem Gas
gebunden hat. Bezüglich der Gaslieferverträge habe der ehemalige CEO
"im Rahmen seiner Ermächtigungen" gehandelt, so der Befund jener
Rechtsanwaltskanzleien, die mit der Prüfung beauftragt wurden.
Dennoch hätten die Prüfergebnisse "auch einen nachlässigen Umgang
des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden in der Auslegung der strengen
Compliance- und Verhaltensregeln der OMV" ergeben, räumte im
September Aufsichtsratschef Mark Garret ein. Derartiges Verhalten
habe in der OMV keinen Platz. Deshalb erfordern nun neue interne
Regeln für strategisch bedeutsame Verträge eine formale Zustimmung
des Aufsichtsrats.
Auch in Bezug auf den Abschluss von Sponsoringverträgen
attestierte die Sonderprüfung Seele "Abweichungen von
unternehmensinternen Vorgaben". Insbesondere ging es um den
russischen Fußballklub Zenit St. Petersburg, der der Lieblingsklub
des russischen Staatschefs Wladimir Putin sein soll. Der Verein
erhielt von 2019 bis 2021 in Summe 14 Mio. Euro von der OMV -
deutlich mehr als etwa in Österreich Rapid Wien oder die Staatsoper.
Auch hier gebe es aber kein einklagbares Verhalten.
Auch die WKStA sieht keinen Grund, gegen Seele zu ermitteln. Im
August 2022 war bekannt geworden, dass bei der Wirtschafts- und
Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Zusammenhang mit Seeles
Gebarung mehrere Sachverhaltsdarstellungen eingegangen seien. Am
Donnerstag sagte WKStA-Sprecher René Ruprecht auf Anfrage der APA,
der Fall sei geprüft worden, aber mangels Anfangsverdacht sei kein
Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.
tsk/ivn/cgh
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