 Konjunktur
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Datum/Zeit: 26.03.2023 13:07 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Deutsche Wirtschaft wächst im März etwas stärker; Inflation schwächt sich
ab, bleibt aber aufgrund des Preisdrucks im Servicesektor hoch
Das zweite Wachstum der deutschen Wirtschaft in Folge
hat sich im März zwar weiter beschleunigt, es fiel jedoch
erneut nur moderat aus. Auch der Stellenaufbau nahm an
Fahrt auf, doch die Geschäftsaussichten binnen
Jahresfrist fielen etwas weniger optimistisch aus als
zuletzt.
Die Verkaufspreise wurden angesichts des anhaltend
hohen Preisdrucks im Servicesektor abermals kräftig
angehoben. Immerhin, der Anstieg schwächte sich auf
den tiefsten Wert seit knapp zwei Jahren ab, da die
Einkaufspreise in der Industrie mit beschleunigter Rate
sanken und sich die Lieferzeiten so stark verkürzten wie
nie zuvor.
Der S&P Global Flash Deutschland PMI Composite
Index Produktion notierte im März den zweiten Monat
in Folge über der neutralen Marke von 50 Punkten und
signalisierte mit 52,6 Punkten nach 50,7 im Februar das
stärkste Wirtschaftswachstum seit Mai letzten Jahres.
Er blieb damit jedoch unter dem Langzeit-Durchschnitt
von vor der Pandemie von 53,3 Punkten.
Zugpferd war im März der Dienstleistungssektor, wo die
Geschäfte so gut liefen wie seit zehn Monaten nicht
mehr. Die Industrieproduktion blieb hingegen
weitgehend konstant, nachdem sie im Februar
geringfügig ausgeweitet worden war. Einige
Unternehmen profitierten von der verbesserten
Materialverfügbarkeit und den sich im Rekordtempo
verkürzenden Lieferzeiten. Diese Effekte wurden jedoch
fast vollständig vom anhaltend rückläufigen
Auftragseingang kompensiert, in dessen Folge die
Produktion oftmals zurückgefahren wurde.
Der Gesamt-Auftragseingang war im März weitgehend
konstant. Während das Neugeschäft in der Industrie
noch etwas stärker zurückging als im Februar, legte es
im Servicesektor mit beschleunigter Rate zu. Hier
verbuchten die Brancheakteure vermehrte Anfragen,
auch von internationalen Kunden.
Die Auftragsbestände nahmen den achten Monat
hintereinander ab, wenngleich die Entwicklungen in
beiden Sektoren auseinanderliefen. Während die
Auftragsbestände in der Industrie rasant sanken,
stiegen die unerledigten Aufträge bei den Dienstleistern
erneut leicht an.
Der Stellenaufbau setzte sich im März fort. In der
Industrie legten die Beschäftigtenzahlen mit
unverändert moderatem Tempo zu, im Servicesektor
beschleunigte sich der Jobaufbau stark, hier wurden
per Saldo so viele neue Mitarbeiter eingestellt wie seit
acht Monaten nicht mehr.
Der Anstieg der Verkaufs- bzw. Angebotspreise für
Güter und Dienstleistungen blieb im März zwar
überdurchschnittlich stark, er verlangsamte sich gegenüber den Hochs des letzten Jahres jedoch ein
weiteres Mal und fiel so schwach aus wie zuletzt vor
knapp zwei Jahren. Im Servicesektor wurden die
Angebotspreise zwar mit der niedrigsten Rate seit 13
Monaten angehoben, der entsprechende Index notierte
jedoch erneut über den Werten von vor März 2022. In
der Industrie stiegen die Verkaufspreise hingegen so
langsam wie seit Januar 2021 nicht mehr.
Im Servicesektor blieb der Kostenauftrieb wegen der
hohen Lohnforderungen und der steigenden Zinsen
stark. Im Gegensatz dazu sorgten die niedrigeren
Rohstoff- und Energiepreise für den stärksten
Rückgang der Einkaufspreise in der Industrie seit Mai
2020.
Mit ein Grund für die rückläufigen Einkaufspreise in der
Industrie war, dass sich Angebot und Nachfrage bei
Rohstoffen wieder angeglichen haben. So sorgten der
sinkende Auftragseingang und die nachlassenden
Lieferkettenengpässe dafür, dass sowohl die
Einkaufsmenge als auch die Lagerbestände reduziert
wurden. Der Abbau der Vormateriallager trug mit dazu
bei, dass der deutsche Industrie-PMI auf 44,4 Punkte
von 46,3 im Vormonat sank – der tiefste Wert seit Mai
2020. Hauptgrund hierfür war jedoch, dass sich die
Lieferzeiten, die bei der Berechnung des PMI invertiert
werden, im März so stark verkürzten wie nie zuvor seit
Umfragebeginn.
Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist fielen
etwas weniger optimistisch aus als zuletzt.
Ausschlaggebend hierfür war vor allem das
verarbeitende Gewerbe, wo die schleppende Nachfrage
weiter große Sorgen bereitete. Im Servicesektor hellte
sich der Ausblick hingegen leicht auf, hier stieg der
entsprechende Index auf den höchsten Wert seit
Februar 2022.
Phil Smith, Economics Associate Director bei S&P
Global Market Intelligence, kommentiert:
„Die deutsche Wirtschaft hat im März einen weiteren
kleinen Schritt in die richtige Richtung gemacht, wie
unsere aktuellen Daten zum Flash-PMI zeigen. So hat
sich das zweite Wachstum in Folge leicht beschleunigt,
wenngleich es aufgrund der anhaltenden Schwäche der
Industrie erneut nur moderat ausgefallen ist.
Dem Industriesektor fehlt es derzeit an Schwung, da
beim Auftragseingang angesichts der Zurückhaltung
vieler Kunden und hoher Lagerbestände abermals ein
Minus zu Buche schlug. Folglich ist es keine
Überraschung, dass die Geschäftsaussichten in diesem
Sektor auch erneut eher mau ausgefallen sind.
Das Hauptaugenmerk der aktuellen Daten lag allerdings
auf dem beschleunigten Rückgang der Einkaufspreise in
der Industrie, wo die Material- und Energiepreise von
ihren Höchstständen der letzten zwei Jahre weiter
gesunken sind und die Lieferketten zunehmend
reibungsloser funktionieren.
Mit der sich rasant verbessernden Materialverfügbarkeit stieg der Index Lieferzeiten sprunghaft an
und lag mehr als zehn Punkte über dem bisherigen
Rekordwert, der erst im Vormonat aufgestellt worden
war. Da dieser Index bei der Berechnung des PMI
invertiert wird, trug sein starker Anstieg dazu bei, dass
der PMI auf den niedrigsten Stand seit fast drei Jahren
abgerutscht ist.
Wachstumsmotor war im März eindeutig der
Dienstleistungssektor – von ihm ging auch ein Großteil
des Inflationsruck aus, da die Preismacht in der
Industrie nachgelassen hat.“
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