 Konjunktur
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Datum/Zeit: 05.02.2023 12:32 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Eurozone-Industrie schrumpft im Januar nur noch leicht;
weiter nachlassender Kostendruck
Die Industrie der Eurozone machte im Januar zwar
erneut Einbußen, die abgeschwächten Produktions- und
Auftragsrückgänge deuten jedoch darauf hin, dass das
Schlimmste überstanden ist. In einigen Ländern der
Region ging es sogar wieder zaghaft aufwärts.
Gleichzeitig sanken die Bestände an Fertigwaren
erstmals seit Mai letzten Jahres wieder, während die
Unternehmen ihre Vormateriallager dem derzeitigen
Konjunkturverlauf anpassten und die Bestände konstant
hielten. Die Einkaufsmenge wurde erneut reduziert, und
die Lieferzeiten blieben weitgehend stabil. Damit sank
auch der Kostendruck, wie der schwächste Anstieg der
Einkaufspreise seit mehr als zwei Jahren zeigte. Die
Verkaufspreise wurden hingegen mit beschleunigter
Rate angehoben.
Der S&P Global Eurozone Industrie-PMI® legte im ersten
Monat des Jahres zum dritten Mal hintereinander zu und
notiert mit aktuell 48,8 Punkten nach 47,8 im Dezember
auf dem höchsten Wert seit August 2022.
Rangliste nach PMI®-Indexwerten im Januar*
Frankreich 50,5 (Flash: 50,8) 5-Monatshoch
Italien 50,4 7-Monatshoch
Irland 50,1 3-Monatshoch
Niederlande 49,6 5-Monatshoch
Griechenland 49,2 4-Monatshoch
Österreich 48,4 4-Monatshoch
Spanien 48,4 4-Monatshoch
Deutschland 47,3 (Flash: 47,0) 4-Monatshoch
In allen von der Umfrage erfassten Ländern, die
zusammen rund 89% des Eurozone-Industriesektors
umfassen, stiegen die PMIs, in Frankreich und Italien
signalisierten die jeweiligen Indizes sogar ein Mini-Wachstum. Der irische PMI notierte nur hauchdünn über
der neutralen 50-er Marke und kennzeichnete damit
praktisch Stagnation. In den übrigen Ländern
schwächten sich die Rückgänge durch die Bank ab.
Die seit Mitte 2022 anhaltenden Produktionskürzungen
fielen im Januar so schwach aus wie seit sieben Monaten
nicht mehr und waren insgesamt nur noch marginal.
Hauptursache für das abermalige Minus war die
schwache Nachfrage, so die Befragten.
Der Auftragsrückgang fiel zwar erneut deutlich stärker
aus als der Produktionsrückgang, er war jedoch der
schwächste seit Mai 2022. Besonders hoch waren die
Verluste diesmal in Österreich und Deutschland. Auch im
Exportgeschäft schlug wegen der Nachfrageflaute in
Übersee den elften Monat in Folge ein Minus zu Buche.
Neben der schleppenden Nachfrage wirkten sich auch
die hohe Inflation und die wirtschaftliche Unsicherheit
negativ auf den Gesamt-Auftragseingang aus.
Infolge des erneuten Produktionsüberhangs wurden die
Auftragsbestände zum achten Mal hintereinander und
auch diesmal wieder rasant abgebaut. Ungeachtet
dessen setzten die Unternehmen ihren Jobaufbau nicht
nur fort, er beschleunigte sich gegenüber den beiden
Vormonaten sogar nochmals leicht.
Die Fertigwarenlager schrumpften erstmals seit Mai
2022 wieder, da die Hersteller ihre Lagerhaltung dem
aktuell schwachen Nachfrageniveau anpassten. Die
Bestände an Vormaterialien blieben im Januar nach
einer17-monatige Wachstumsphase unverändert.
Die Lieferzeiten blieben weitgehend stabil, der
entsprechende (inverse) Index notiert aktuell nur knapp
unter der neutralen 50-er Marke. Zurückzuführen war
dies nicht zuletzt darauf, dass die Einkaufsmenge ein
weiteres Mal kräftig reduziert wurde. Beide Faktoren
trugen mit dazu bei, dass der Anstieg der Einkaufspreise
auf ein 26-Monatstief und damit wieder unter seinen
Langzeit-Durchschnitt sank. Die Inflationsrate der
Verkaufspreise zog hingegen stärker an als zuletzt, blieb
damit aber dennoch unter dem Mittelwert des Vorjahres.
Der Geschäftsausblick binnen Jahresfrist verbesserte
sich im Januar enorm und fiel so optimistisch aus wie seit
Februar 2022 nicht mehr – unmittelbar vor der Invasion
Russlands in die Ukraine.
Chris Williamson, Chief Business Economist bei S&P
Global Market Intelligence, kommentiert:
„Obwohl Produktion und Auftragseingang im Januar
weiter gesunken sind und die Eurozone-Industrie damit
den achten Monat in Folge geschrumpft ist, hat sich die
Lage im Vergleich zu den Tiefs im Oktober letzten Jahres
zu Beginn des Winters deutlich aufgehellt. So hat sich
der Produktionsrückgang zum dritten Mal
hintereinander verlangsamt, und auch der Grad an
Optimismus hinsichtlich der Geschäftsaussichten
binnen Jahresfrist ist in den letzten drei Monaten
sukzessive gestiegen.
Die Sorgen über Engpässe bei der Gasversorgung und
steigende Gaspreise sind einem wesentlich stabileren
Energiemarkt in Europa gewichen, nicht zuletzt dank
staatlicher Subventionen und der milden Witterung.
Gleichzeitig sind die Engpässe in den Lieferketten
deutlich zurückgegangen, was vielen Unternehmen
geholfen hat, ihre Auftragsbestände abzubauen und die
Produktion hochzufahren. Die Aufhebung der Corona-Beschränkungen in China hat mit zur Auffassung
beigetragen, dass die weltweite Pandemie vorüber ist.
All dies hat dafür gesorgt, dass der Inflationsdruck
nachgelassen hat und die Zuversicht gestiegen ist, dass
der Zenit beim Anstieg der Lebenshaltungskosten hinter
uns liegt.
Die Nachfrage ist jedoch nach wie vor schwach und es
gibt kaum Anzeichen für konkrete Wachstumsimpulse
am Horizont. Und die Auswirkungen der höheren Zinsen,
die in den nächsten Monaten weiter steigen dürften,
stehen der Wirtschaft erst noch bevor, was die Chancen
auf zukünftiges Wachstum zumindest erschweren
dürfte."
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