 Konjunktur
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Datum/Zeit: 28.01.2023 18:42 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Eurozone zum Jahresbeginn 2023 wieder knapp in der Wachstumszone und Verkaufspreise ziehen stärker an
Die Eurozone verzeichnete im Januar wieder ein
marginales Wachstum, nachdem sie sechs Monate lang
geschrumpft war. Dank geringerer Auftragsverluste
blicken die Unternehmen auch wieder deutlich
optimistischer auf die kommenden zwölf Monate, was
zudem dafür sorgte, dass sich der Stellenaufbau leicht
beschleunigte.
Angesichts abflauender Lieferengpässe schwächte sich
der Anstieg der Einkaufspreise weiter ab. Die Verkaufs- bzw. Angebotspreise für Güter und Dienstleistungen
legten hingegen wegen des nach wie vor starken
Kostenauftriebs und höherer Löhne mit leicht
beschleunigter Rate zu.
Mit 50,2 Punkten nach 49,3 im Vormonat legte der S&P
Global Flash Eurozone Composite PMI® im Januar nicht
nur zum dritten Mal hintereinander zu, er notiert damit
auch erstmals seit Juni letzten Jahres wieder über der
Wachstumsschwelle von 50 Punkten, wenngleich nur
minimal. Die aktuelle Vorabschätzung basiert auf rund
85% der regulären Umfragerückmeldungen aus
Industrie und Servicesektor.
Mit 50,7 Punkten nach 49,8 im Dezember verzeichnete
der Service-Index Geschäftstätigkeit erstmals seit Juli
2022 wieder Wachstum. Die Industrieproduktion
schrumpfte hingegen nur noch leicht, hier kletterte der
entsprechende Index binnen Monatsfrist um 1,3 Punkte
auf 49,0 – der höchste Wert seit letztem Juni.
Wachstumstreiber waren im Januar die Bereiche
Technologie (sowohl IT-Software als auch
Computerservices) sowie Gesundheitswesen und
Pharmazie, und auch der Bereich Industriedienstleistungen machte wieder Zuwächse. Bei den
Finanzdienstleistern, inklusive des Bereichs Immobilien
sowie im Bereich Basisressourcen schwächten sich die
Rückgänge ab, und in den konsumnahen Bereichen
Tourismus und Freizeit sowie haushaltsnahe
Dienstleistungen stabilisierte sich die Geschäftslage
nach monatelangen Einbußen wieder etwas.
In Deutschland schrumpfte die Wirtschaft im Januar
nur noch geringfügig, hier kletterte der Composite-PMI
dank des Mini-Wachstums im Servicesektor von 49,0 im
Dezember auf nunmehr 49,7 Punkte und damit den
höchsten Wert seit Juli 2022. Die Industrieproduktion
wurde genauso stark reduziert wie im Dezember, was
deutlich schwächer war als noch im Herbst.
Mit jetzt 49,0 Punkten nach zuletzt 49,1 fiel der dritte
Rückgang in Frankreich geringfügig stärker aus als im
Vormonat. Die Industrieproduktion sank weniger stark,
während es im Servicesektor mit beschleunigter Rate
abwärts ging.
Die übrigen von der Umfrage erfassten Länder kehrten
nach viermonatiger Schrumpfung wieder auf den
Wachstumspfad zurück, angeführt vom stärksten Plus
im Dienstleistungssektor seit sieben Monaten und einer annähernden Stabilisierung im verarbeitenden
Gewerbe.
Begleitet wurden die minimalen Zuwächse der Eurozone
im Januar von wieder deutlich optimistischeren
Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist. Der
dazugehörige Index legte zum dritten Mal
hintereinander zu - diesmal so kräftig wie zuletzt im
Juni 2020 - und erreichte damit den höchsten Wert seit
Mai 2022. Verbessert hat sich der Ausblick in Industrie
und Servicesektor gleichermaßen, und zwar sowohl in
Frankreich als auch in Deutschland und in den übrigen
von der Umfrage erfassten Ländern.
Durchaus erfreuliche Nachrichten lieferte auch der
Auftragseingang, wo sich das Minus im Vergleich zu den
zurückliegenden sechs Monaten verringerte. Der
Servicesektor verbuchte nur noch einen minimalen
Rückgang und in der Industrie fielen die Verluste so
niedrig aus wie zuletzt im Mai 2022, blieben aber
insgesamt ziemlich hoch. Insgesamt fiel die siebte
Abnahme der Auftragsbestände in Folge so schwach
aus wie seit Oktober nicht mehr.
Auf den optimistischeren Ausblick und die verringerten
Auftragsverluste reagierten die Unternehmen mit
zusätzlichen Neueinstellungen. So beschleunigte sich
der Stellenaufbau sowohl in der Industrie als auch im
Servicesektor zu Jahresbeginn und fiel insgesamt
wieder stärker aus als in den beiden Vormonaten. Er
blieb jedoch deutlich schwächer als noch vor
Jahresfrist. Die Beschäftigung wuchs in allen von der
Umfrage erfassten Ländern kräftiger, angeführt von
Deutschland.
Entgegen dem Trend der letzten drei Jahre blieben die
Lieferzeiten in der Industrie im Januar zum zweiten Mal
hintereinander konstant. In Deutschland verkürzten sie
sich sogar den dritten Monat in Folge, während sie sich
in Frankreich verlängerten.
Ein Grund für das Abflauen der Lieferengpässe war die
stark rückläufige Nachfrage nach Produktionsmaterialien (die diesmal jedoch weniger deutlich
zurückging als in den drei Vormonaten), was darauf
zurückzuführen war, dass die Unternehmen mittlerweile
vom Bestandsaufbau zum Bestandsabbau
übergegangen sind. So schrumpften die Vormaterial- und Fertigwarenlager erstmals seit 16 bzw. 8 Monaten.
Das Abklingen der Lieferengpässe und die Entspannung
auf den Energiemärkten trugen mit dazu bei, dass sich
der Anstieg der Einkaufspreise vor allem in der Industrie
verlangsamte. Insgesamt fiel der Kostenauftrieb im
Januar so schwach aus wie zuletzt im April 2021,
wenngleich er damit noch immer deutlich über dem
langjährigen Mittel von vor der Pandemie lag. In der
Industrie gab die Inflationsrate auf den tiefsten Wert
seit Oktober 2020 nach und notierte erstmals wieder unter dem Durchschnittswert, der bis zum Ausbruch der
Pandemie gemessen wurde. Im Servicesektor legten die
Kosten mit der niedrigsten Rate seit 13 Monaten zu.
Der Anstieg der Verkaufs- bzw. Angebotspreise für
Güter und Dienstleistungen beschleunigte sich
hingegen, und zwar sowohl in der Industrie als auch im
Servicesektor. Wenngleich in beiden Fällen die jüngsten
Allzeithochs nicht erreicht wurden, waren die
Unternehmen mit der Anhebung der Verkaufs- bzw.
Angebotspreise teilweise bestrebt, die Gewinnmargen
zu sichern, vor allem in Hinblick auf die historisch hohen
Preise für Energie und Rohstoffe sowie die steigenden
Lohnkosten.
Chris Williamson, Chief Business Economist bei S&P
Global Market Intelligence, kommentiert:
„Dass sich die Wirtschaft der Eurozone zu Beginn des
Jahres weiter stabilisiert hat, deutet darauf hin, dass
die Region einer Rezession entgehen könnte. Laut
unserer Umfrage dürfte der Tiefpunkt bereits im
Oktober gewesen sein. Seitdem haben sich die
Befürchtungen vor einer Energiekrise dank sinkender
Preise - begünstigt durch die vergleichsweise milde
Witterung und großzügige staatliche Hilfen - nicht
bewahrheitet. Gleichzeitig sind die Lieferprobleme
abgeflaut, wovon vor allem die Hersteller in
Deutschland profitieren. Und die jüngste Öffnung der
Wirtschaft Chinas hat dazu beigetragen, dass die
Aussichten für einen globalen Konjunkturaufschwung
wieder gestiegen sind, was wiederum den Optimismus
der Unternehmen enorm beflügelt hat.
Die Region ist jedoch noch lange nicht über den Berg,
denn die Nachfrage geht weiter zurück - wenngleich mit
abgeschwächter Rate - und der beschleunigte Anstieg
der Verkaufs- bzw. Angebotspreise für Waren und
Dienstleistungen dürfte die Falken zu einer weiteren
Straffung der Geldpolitik ermutigen. Zusätzliche
Argumente für eine erneute Anhebung der Zinsen liefern
auch das kräftigere Beschäftigungswachstum und die
Anzeichen für höhere Löhne, die den Preisdruck zuletzt
weiter verstärkt haben.
Für eine eher zurückhaltende Geldpolitik spricht, dass
die aktuellen Daten lediglich eine Stagnation der
Eurozone-Wirtschaft signalisieren und ein erneutes
Schrumpfen bei steigenden Kreditkosten nicht
auszuschließen ist. Zweifellos beinhaltet unsere
aktuelle Umfrage die gute Nachricht, dass ein
Abschwung wahrscheinlich weit weniger gravierend sein
wird als zuvor befürchtet und dass eine Rezession
möglicherweise ganz vermieden werden kann.“
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