 Konjunktur
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Datum/Zeit: 28.01.2023 18:35 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Nur noch minimaler Wachstumsrückgang in Deutschland -
Inflation schwächt sich weiter ab, Ausblick wieder optimistisch
Mit der Rückkehr auf den Wachstumspfad sorgte der
Servicesektor dafür, dass die deutsche Wirtschaft im
Januar relativ stabil und nur noch mit minimalen
Wachstumseinbußen ins neue Jahr gestartet ist. Die
Inflationsraten haben sich – trotz nach wie vor hohem
Niveau – weiter abgeschwächt, was auf den spürbar
nachlassenden Kostendruck infolge abflauender
Lieferengpässe zurückzuführen war. Gleichzeitig fielen
die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist erstmals
wieder optimistisch aus, und der Arbeitsmarkt hielt sich
weiter wacker.
Mit aktuell 49,7 Punkten nach 49,0 im Dezember notiert
der S&P Global Flash Deutschland PMI Composite
Index Produktion zwar den siebten Monat in Folge unter
der 50er-Marke, ab der Wachstum angezeigt wird, die
Talfahrt hat sich damit jedoch zum dritten Mal
hintereinander verlangsamt.
Ausschlaggebend hierfür war der Servicesektor, dessen
Index Geschäftstätigkeit mit 50,4 Punkten erstmals seit
Juni 2022 wieder über die Referenzlinie von 50,0
kletterte und damit ein Mini-Wachstum verzeichnete.
Der Index Industrieproduktion signalisierte hingegen
mit unverändert 48,4 Punkten einen weiteren Rückgang.
Der Auftragseingang wies wegen der starken Inflation,
verschärften Finanzierungsbedingungen, der Ausgabenzurückhaltung und dem Lagerabbau in der Industrie
erneut ein Minus aus. Die Rückgangsrate verlangsamte
sich allerdings etwas und fiel so schwach aus wie seit
sieben Monaten nicht mehr.
In der Industrie nahmen die Bestände an Vormaterialien
und Fertigwaren erstmals seit 16 bzw. neun Monaten
wieder ab. Die Einkaufsmenge wurde wegen niedrigerer
Produktionsanforderungen, dem Abbau der Sicherheitslager und der abermals verbesserten Materialverfügbarkeit erneut drastisch reduziert. Tatsächlich
verkürzten sich die durchschnittlichen Lieferzeiten den
dritten Monat in Folge deutlich.
Aufgrund der weiteren Entspannung bei den
Lieferketten und der rückläufigen globalen Nachfrage
ließ der Inflationsdruck im Januar weiter nach. So
verlangsamte sich der Anstieg der Einkaufspreise in der
Industrie spürbar und fiel so schwach aus wie zuletzt im
Oktober 2020. Trotz Abschwächung auf ein 16-
Monatstief legten die Kosten im Servicesektor hingegen
wieder überdurchschnittlich stark zu, was zahlreiche
Umfrageteilnehmer auf die hohen Lohnforderungen
zurückführten.
Die Verkaufs- bzw. Angebotspreise für Güter und
Dienstleistungen stiegen abermals rasant. Hier
schwächte sich die Rate gegenüber Dezember nur
minimal ab. Der entsprechende Gesamtindex sank zwar
auf den tiefsten Wert seit knapp eineinhalb Jahren, er
lag damit jedoch noch immer markant über seinem
Langzeitdurchschnitt.
Der Arbeitsmarkt schlug sich abermals wacker. Da der Stellenaufbau im Servicesektor wieder an Dynamik
gewann, beschleunigte sich auch der Jobaufbau
insgesamt leicht auf ein Sechs-Monatshoch, wenngleich in der Industrie per Saldo so wenig neue
Arbeitsplätze geschaffen wurden wie seit knapp zwei
Jahren nicht mehr.
Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist
verbesserten sich nicht nur zum vierten Mal
hintereinander, der entsprechende Index kletterte im
Berichtsmonat erstmals seit August letzten Jahres
wieder über die neutrale Marke von 50 Punkten und
notiert aktuell auf dem höchsten Wert seit Beginn der
russischen Invasion in die Ukraine im Februar 2022.
Insgesamt war der Ausblick jedoch nur verhalten
optimistisch, da die Erwartungen sowohl in der
Industrie als auch im Dienstleistungssektor weniger
positiv ausfielen als im langjährigen Mittel.
Phil Smith, Economics Associate Director bei S&P
Global Market Intelligence, kommentiert:
„Mit 49,7 signalisiert der Januar-Flash, dass die
deutsche Wirtschaft relativ stabil ins neue Jahr
gestartet ist – was weitgehend mit den Konsens-Schätzungen im Markt übereinstimmte. Damit ist eine
Rezession in der größten Volkswirtschaft der Eurozone
jedoch keineswegs vom Tisch. Der Dienstleistungssektor ist nach sechsmonatiger Schrumpfung
zwar wieder auf Wachstumskurs, doch stand das Mini-Plus angesichts des nach wie vor rückläufigen
Auftragseingangs auf etwas wackligem Fundament.
Die aktuellen Vorabschätzungen deuten nicht nur auf
ein Abflauen der Lieferschwierigkeiten, sondern auch
auf weiter verringerte Inflationsraten hin. Während der
Kostendruck in der Industrie jedoch rasant
nachgelassen hat, war der Kostenauftrieb im
Servicesektor wegen der hohen Lohnforderungen
weitaus stärker. Der Anstieg der Verkaufs- bzw.
Angebotspreise für Güter und Dienstleistungen hat sich
nur leicht abgeschwächt und blieb im Januar auf
historisch hohem Niveau, was darauf hindeutet, dass
die Kerninflation zumindest in nächster Zeit weiter
ansteigen dürfte. Und da sich der Arbeitsmarkt nach
wie vor als widerstandsfähig erweist, dürfte die
Inflationsrate auch weiterhin hoch bleiben.
Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist haben sich
von ihrem Tiefpunkt im Oktober letzten Jahres zwar
weiter verbessert, sie sind jedoch im Vergleich zur Zeit
vor dem Einmarsch Russlands in die Ukraine weiter
gedämpft. Dies gilt insbesondere für das verarbeitende
Gewerbe, wo der Auftragseingang nach wie vor
ausgesprochen mau ausgefallen ist und es vielleicht zu
einem Lagerabbau kommen wird, da die
Lieferschwierigkeiten zunehmend schwinden. Immerhin
ist im Zuge nachlassender Rezessionsrisiken der
Optimismus zurückgekehrt, wenngleich die
Unternehmen hinsichtlich ihrer Prognosen noch immer
Vorsicht walten lassen.“
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