Ex-OMV-Chef Roiss: Gas-Handelstochter der OMV temporär verstaatlichen
Brunner und ÖBAG reagieren zurückhaltend auf Vorschlag von
OMV-Chef Stern, die Gashandelstochter zu verstaatlichen -
NÖ-Energielandesrat Pernkopf fordert gesetzlichen
Versorgungsauftrag
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: SPÖ (4. Abs.)
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Der frühere OMV-Chef Gerhard Roiss hat sich dafür
ausgesprochen, die OMV-Gashandelstochter OGMT vorübergehend, "für
zwei, drei, vier Jahre" zu verstaatlichen. Der Staat würde dann das
Risiko der Mengenbeschaffung und das Preisrisiko tragen, danach
könnte man das Unternehmen wieder privatisieren, sagte Roiss im
ORF-"Mittagsjournal" und den "OÖ Nachrichten". Zuvor hatte OMV-Chef
Alfred Stern gegenüber "Kurier" und "Presse" eine Verstaatlichung
als Möglichkeit genannt.
Stern hatte im "Kurier" und in der "Presse" argumentiert, dass
die OMV die Gasversorgung von ganz Österreich nicht alleine abdecken
könne und auch keinen Versorgungsauftrag habe. "Dafür braucht es
eine nationale Gashandelsfirma, die alle Marktaktivitäten bündelt",
wurde der OMV-Chef zitiert. Demnach könnte OMV Gas Marketing &
Trading aus dem Konzern herausgelöst und an den Staat abgetreten
werden.
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) reagierte zurückhaltend auf
Sterns Aussagen. Er werde sich in operative Angelegenheiten der OMV
nicht einmischen, sagte Brunner am Dienstag zur APA und verwies auf
die staatliche Beteiligungsholding ÖBAG. Die will aber eine noch
laufende Analyse abwarten, bei der auch eine Übernahme der
Verantwortung durch die Republik geprüft werde. "Das ist ein
Vorschlag, den ich gelesen habe von der OMV", sagte Brunner. "Ich
glaube, in operative Angelegenheiten werde ich mich nicht
einmischen. Das ist Aufgabe der ÖBAG, unserer
Beteiligungsgesellschaft. Klar ist, dass es einen Auftrag an die
ÖBAG von mir gibt, vor ein paar Wochen ausgesprochen, um zu schauen,
wie man Versorgungssicherheit organisieren kann, wir sind gut
gerüstet für diesen Winter, aber es geht um den nächsten und um den
übernächsten Winter und hier werden wir uns die Vorschläge, die uns
die ÖBAG präsentieren wird, entsprechend anschauen und diskutieren."
SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll holte die Bundesregierung und
Finanzminister Brunner ins Boot: "Es ist Aufgabe der Regierung,
einen nachhaltigen Plan vorzulegen, wie die Versorgung mit Gas
mittel- und langfristig abgesichert und gleichzeitig die
Abhängigkeit von russischem Gas minimiert werden kann", forderte der
Oppositionspolitiker. "Dieser Aufgabe sind ÖVP und Grüne bisher
eindeutig zu wenig bis gar nicht nachgekommen." Vielmehr würde die
Bevölkerung nicht zuletzt mit "Show-Reisen nach Abu Dhabi"
beschwichtigt. "Die Aussage von Minister Brunner, sich als
Eigentümervertreter der Republik bei geplanten Projekten der OMV
nicht einzumischen, ist jedenfalls fehl am Platz", so Scholl.
Gar nichts von Sterns Idee einer OGMT-Verstaatlichung hält
Niederösterreichs LH-Stellvertreter und Bauernbund-Obmann Stephan
Pernkopf (ÖVP). "Ich bin zu dem Thema als Energielandesrat hellhörig
geworden", sagte Pernkopf, der sich wiederholt auch vehement gegen
den geplanten Verkauf der Düngemittel-Sparte der OMV-Tochter
Borealis an den tschechischen Agrofert-Konzern ausgesprochen hat.
Stern habe mit seiner Aussage die Gesamtverstaatlichung der OMV
in den Raum gestellt, meint Pernkopf. "Weil eines wird natürlich
nicht funktionieren: Quasi das schlechte Geschäft auf Kosten der
Steuerzahler zu verstaatlichen und die Gewinne zu privatisieren. Das
werden wir so nicht zulassen können, das müssen die Bundesregierung
und das Parlament aufwachen. Der Finanzminister muss hier handeln,
der kann sich das nicht von einem Manager ausrichten lassen."
Stattdessen sollte die OMV einen Versorgungsauftrag erhalten, so
Pernkopf. Ähnliche Versorgungsaufträge hätten auch der Verbund und
die Post. "Das heißt, die OMV hat einfach die Versorgung Österreichs
mit Gas, Heizöl, Benzin und Diesel sicherzustellen. Dann wissen die
Aktionäre, woran sie sind: Dass die Versorgungssicherheit Auftrag
Nummer 1 ist und nicht die Gewinnmaximierung. Da gibt es kein
Gegenargument, das funktioniert auch bei Post und Verbund."
Tatsächlich hatte der Verbund vor der Liberalisierung des
Strommarktes einen gesetzlich definierten Versorgungsauftrag
(Verstaatlichungsgesetz 1957), er musste also zu jeder Zeit den
Ausgleich zwischen Stromaufbringung und Verbrauch in Österreich
sicherstellen. Mit der vollständigen Liberalisierung des
österreichischen Strommarkts im Oktober 2001 wurde diese gesetzliche
Verpflichtung auf den Bereich des Hochspannungsnetzes reduziert. Er
muss also in erster Linie allen Marktteilnehmern ein
leistungsfähiges und zuverlässiges Hochspannungsnetz zur Verfügung
stellen - Betreiber des Übertragungsnetzes in Österreich ist die
100-prozentige Verbund-Tochter Austrian Power Grid AG (APG).
Für die Post gibt es keinen direkten staatlichen
Versorgungsauftrag, aber eine Universaldienstverordnung. Dort ist
etwa festgeschrieben, welche Briefe bis zu welchem Gewicht der
Universaldienstleister zur Beförderung annehmen und wie viele
Geschäftsstellen er anbieten muss. Der Universaldienstleister müsse
nicht zwingend die Post sein, erklärte ein Sprecher der APA. Das
werde alle paar Jahre überprüft und theoretisch könnte der
Versorgungsauftrag auch neu ausgeschrieben werden.
Roiss wies darauf hin, dass ein staatlicher Versorgungsauftrag an
die OMV problematisch wäre. "Würde die Regierung einen
Versorgungsauftrag erteilen, hätte sie ein Problem mit den
restlichen 68,5 Prozent der Aktionäre, den Kartellbehörden und der
EU", sagte Roiss im Gespräch mit den "OÖ Nachrichten". Viel
einfacher wäre es, die Gashandelsaktivitäten der OMV auszugliedern
und temporär zu verstaatlichen.
NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer begrüßt den Vorschlag
von OMV-Chef Alfred Stern, eine zentrale Stelle für die Versorgung
Österreichs mit Gas auch für den nächsten Winter zu schaffen. "Wir
NEOS fordern das bereits seit Monaten, um die Versorgungssicherheit,
die bis heute am seidenen Faden hängt, gewährleisten zu können",
sagte Doppelbauer laut Aussendung. Doch die Bundesregierung habe
bisher keinen Plan auf den Tisch gelegt, wie es im kommenden Jahr
weitergehen soll. Stern agiere aber nicht ganz uneigennützig, meint
Doppelbauer, denn die OMV trage weiterhin ein großes
wirtschaftliches Risiko mit den russischen "Take or pay"-Verträgen.
"Dieses Risiko darf auf keinen Fall auf die Republik - und somit auf
alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler - übertragen werden."
ivn/hel/phs/tpo
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