Baukartell - BWB zitiert Strabag nochmals vor das Kartellgericht
Wettbewerbshüter beantragen Überprüfung des
Strabag-Beschlusses durch das Kartellgericht - Nach
Hausdurchsuchungen bei einem Anwalt wackelt der
Kronzeugenstatus
Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) arbeitet ein
Baukartell auf, in das sämtliche Branchengrößen involviert waren -
nun wackelt der Kronzeugenstatus des Bauriesen Strabag. Sie wurde
2021 wegen illegaler Preis- und Marktabsprachen vom Kartellgericht
zunächst zu einer Geldbuße von 45,37 Mio. Euro verdonnert. "Aufgrund
neuer Tatsachen ist es aus Sicht der BWB notwendig, dem
Kartellgericht eine nochmalige Prüfung in dieser Sache zu
ermöglichen", so die Behörde am Donnerstag.
Die dank Kronzeugenstatus und Kooperation mit den Behörden
gemilderte Strafzahlung des größten österreichischen Baukonzerns
droht nun wesentlich höher auszufallen. Branchenkennern zufolge
wurden Hausdurchsuchungen bei einem Anwalt durchgeführt, wie die APA
erfuhr. Daraufhin hätten die Wettbewerbshüter beschlossen, eine
"Überprüfung des Strabag-Beschlusses" durch das Gericht zu
beantragen.
Im Zuge rezenter weiterer strafrechtlicher Ermittlungen der
Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) habe die BWB
nunmehr im Wege der Amtshilfe "Kenntnis über neue Tatsachen erlangt,
die eine gerichtliche Überprüfung des rechtskräftigen Beschlusses
vom 21.10.2021 erforderlich machen, insbesondere hinsichtlich der
vollständigen Einhaltung der die Strabag als Kronzeuge treffenden
Kooperationsverpflichtung, nach § 11b Abs 1 Z 2 WettbG
wahrheitsgemäß, uneingeschränkt und zügig zusammenzuarbeiten",
erklärte die Wettbewerbsbehörde. Unter anderem sei zu prüfen, ob
"mangelnde Offenlegung von Beweismitteln und Tatsachen durch Strabag
trotz Kenntnis" vorliegt.
Mit Beschluss vom 21. Oktober 2021 hatte das Kartellgericht gegen
zwei Gesellschaften des Strabag-Konzerns (Strabag AG und F. Lang u.
K. Menhofer Baugesellschaft m.b.H. & Co. KG, Anm.) eine Geldbuße
"wegen einheitlicher und fortgesetzter kartellrechtswidriger
Preisabsprachen, Marktaufteilungen und Informationsaustausches mit
Mitbewerbern in Bezug auf öffentliche und private Ausschreibungen im
Bereich Hoch- und Tiefbau in Österreich im Zeitraum von Juli 2002
bis Oktober 2017" verhängt.
Die Strabag hatte im kartellrechtlichen Ermittlungsverfahren eine
umfangreiche Kronzeugenerklärung übermittelt, Compliance-Maßnahmen
implementiert und auch ein Anerkenntnis für das kartellgerichtliche
Verfahren abgegeben. Die Bundeswettbewerbsbehörde hatte daher unter
Einbindung des Bundeskartellanwalts eine geminderte Geldbuße
beantragt.
"Das Kronzeugenprogramm ist das wichtigste Instrument zur
Aufdeckung geheimer kartellrechtswidriger Absprachen - aus diesem
Grund wird kooperierenden Unternehmen eine bis zum vollständigen
Entfall reichende Geldbußenermäßigung eingeräumt. Allerdings ist
diese weitreichende Privilegierung nur bei Erfüllung sämtlicher
gesetzlicher Voraussetzungen gerechtfertigt", betonte die
interimistische BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch heute
in einer Aussendung. "Aufgrund der neuen Tatsachen ist es notwendig,
dem Kartellgericht eine nochmalige Prüfung zu ermöglichen."
Im Frühjahr 2017 hatte die Bundeswettbewerbsbehörde im Rahmen
ihrer Ermittlungen zu möglichen illegalen Preisabsprachen in der
Bauwirtschaft begonnen, Hausdurchsuchungen durchzuführen und hatte
dabei auch umfangreiches Datenmaterial sichergestellt. Im Herbst
2019 ergingen laut BWB die ersten Mitteilungen der Beschwerdepunkte
an die betroffenen Unternehmen. Die Unternehmen wurden schriftlich
über die gegen sie vorliegenden Beschwerdepunkte in Kenntnis
gesetzt.
kre/cri
ISIN AT000000STR1
WEB http://www.strabag.com
http://www.bwb.gv.at
ISIN AT00BUWOG001 AT0000809058
WEB http://www.buwog.at
http://www.immofinanz.com
http://www.rlbooe.at