Nach Gewinn-Abschöpfungsidee - Nehammmer lobt Verbund für Gutschrift
Teilstaatlicher Verbund legt nach Preiserhöhung
Energiebonus-Paket für Bestandskunden auf - Kanzlersprecher:
"Handelt sich um Unternehmensentscheidung" - Gewinnabschöpfung
nicht vom Tisch
Nachdem Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) kürzlich laut
darüber nachgedacht hat, den Gewinn der teilstaatlichen Verbund AG
abzuschöpfen, lobt dieser nun dessen Tarifgestaltung. "Das
Unternehmen geht mit gutem Beispiel voran und schreibt all seinen
Kunden zwei Monatsrechnungen gut. Einkommensschwache
Bevölkerungsgruppen bekommen weitere 2 Monate gutgeschrieben",
erklärte Nehammer am Dienstag in einer Medieninformation des
Kanzleramts.
Ob eine Gewinnabschöpfung weiter im Raum steht, ließ ein Sprecher
des Kanzlers auf APA-Nachfrage offen. Er ersuche um Verständnis,
"dass ich zu laufenden Überlegungen und Gesprächen derzeit nichts
sagen kann".
Das Kanzleramt und das Unternehmen haben die Kunden-Aktion mit
wenigen Minuten Abstand bekannt gegeben. Wie der Kanzlersprecher
erklärte, habe der Verbund die Information kommuniziert und der
Kanzler sie danach kommentiert.
"Es handelt sich um eine Unternehmensentscheidung des Verbundes.
Wir freuen uns natürlich darüber, dass es diese Initiative gibt. Als
Mehrheitseigentümer des Unternehmens ist es aus unserer Sicht
plausibel, solche Aktionen zu kommentieren", so der
Nehammer-Sprecher.
Eine Verbund-Sprecherin sagte gegenüber der APA auf die Frage, ob
die Gutschrift auf Zuruf der Politik erfolgt sei, das Unternehmen
sei sich seiner sozialen Verantwortung bewusst. Der Verbund hatte
mit 1. Mai seine Stromtarife erhöht und sich viel Kritik
eingehandelt, weil das Unternehmen mit 100 Prozent Wasserkraft
wirbt.
Mit 1. Juli 2022 trete nun das bereits angekündigte
Verbund-Energiebonus-Paket für bestehende Haushalts- und
Gewerbekunden in Kraft, deren Energiepreise zuletzt erhöht worden
waren, hieß es in der Mitteilung des Stromversorgers. Neben den
Gratis-Strom-Monaten sieht es auch einen vergünstigen Bonustarif vor
- für Bestandskundinnen und -kunden, deren Strompreis sich besonders
stark erhöht habe. Alle Strom- und Gaskunden erhalten zudem einmalig
30 Euro.
Damit einkommensschwache Haushalte die Gutschrift über insgesamt
vier Monate Gratis-Strom erhalten, ersucht das Unternehmen, sich zu
melden und Nachweise vorzulegen, etwa die GIS-Befreiung oder den
Bezug von Sozialhilfe. Die Details seien noch offen, sollen aber auf
der Verbund-Webseite veröffentlicht werden, so die Sprecherin
weiter.
In der Presseaussendung kündigte das Unternehmen auch an, die
Indexklauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die
dazu führen, dass sich die anhaltend hohen Börsenpreise immer mehr
auf die Energiepreise der Kunden auswirken, zu evaluieren und
alternative Klauseln zu prüfen.
Der Verbund notiert an der Wiener Börse. Über 80 Prozent der
Aktien werden von der öffentlichen Hand bzw. Unternehmen in
mehrheitlich öffentlichem Eigentum gehalten. Die Republik Österreich
hält 51 Prozent, rund 20 Prozent der Anteilsscheine befinden sich in
Streubesitz.
Nach Nehammers Überlegung, den Verbund-Gewinn abzuschöpfen, hat
der Verbund über 4 Mrd. Euro an Börsenwert verloren. Die Aktie
rasselte am 5. Mai nach Bekanntwerden der in einem Interview mit der
"Tiroler Tageszeitung" getätigten Aussagen um über zehn Prozent nach
unten und hat sich seither nicht davon erholt.
Stromunternehmen, die wie der Verbund viel Strom aus Erneuerbaren
erzeugen, haben zuletzt hohe Gewinne erzielt, weil das allgemeine
Strompreisniveau stark gestiegen ist. Der Preis für Strom orientiert
sich am teuersten Kraftwerk, das gebraucht wird, um die Nachfrage zu
decken. In Österreich ist dies in der Regel ein Gaskraftwerk.
Aus Sicht des Verbunds wird nur ein massiver Ausbau der
Erneuerbaren Energien helfen, weniger oft Gaskraftwerke dazuschalten
zu müssen. An Tagen, wo viel Wind geht, ist der Großhandelspreis für
Strom schon jetzt sehr niedrig und manchmal sogar negativ. Auch
sonnige Tage und Zeiten mit wenig Strombedarf dämpfen das
Preisniveau an der Strombörse.
"Der massive und rasche Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung
und der Umbau des gesamten Stromsystems ist unsere beste und
wahrscheinlich einzige Chance, uns von fossilen Importen und hohen
Energiepreisen unabhängiger zu machen und unsere Klimaziele zu
erreichen", so das Unternehmen. Der Verbund will bis 2024 drei
Milliarden Euro dafür investieren, allein heuer schon eine
Milliarde.
pro/sp
ISIN AT0000746409
WEB http://www.verbund.com
ISIN IE00BYTBXV33
WEB https://www.laudamotion.com
http://www.ryanair.com