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Datum/Zeit: 19.05.2022 24:00
Quelle: Politik - Presseaussendung

Nationalrat beschließt Erhöhung der Studienbeihilfe und neues Berechnungssystem


Einstimmige Kenntnisnahme von Prüfberichten des Rechnungshofs, Fristsetzungsantrag der FPÖ

Für ein neues System zur Berechnung der Studienförderung sprach sich der Nationalrat heute mit breiter Mehrheit aus. Erreicht werden soll das mit einer Änderung des Studienförderungsgesetzes (StudFG), das nach den Vorstellungen der Koalitionsparteien dauerhaft absichern und gleichzeitig auch flexibler zugunsten der Studierenden machen soll. Im Zuge der Plenardebatte brachten ÖVP und Grüne noch einen Abänderungsantrag ein, mit dem unter anderem Übergangsfristen für die Geltung der neuen Regelung verlängert wurden. ÖVP, Grüne und SPÖ stimmten für die Novelle.

Keine Mehrheit gab es für Anträge der SPÖ und der NEOS. Die Sozialdemokrat:innen fordern die Wiedereinführung der Studierendenwohnheimförderung, um günstiges Wohnen für Studierende zu unterstützen. Die NEOS wollen Anreize, um private Mittel für den Ausbau des Stipendienwesens zu lukrieren. Zudem fordern sie ein Standortkonzept für die österreichischen Hochschulen.

Auf der Tagesordnung des Nationalrats stand auch eine Reihe von Prüfberichten des Rechnungshofs, die einstimmig zur Kenntnis genommen wurden.

Eine von der FPÖ geforderte Fristsetzung für den Verfassungsausschuss im Zusammenhang mit einem im Dezember eingebrachten Neuwahlantrag erhielt keine Mehrheit. Laut Antrag repräsentiere der Nationalrat in seiner aktuellen Zusammensetzung nicht mehr den Willen des Souveräns, weshalb die aktuelle Legislaturperiode vorzeitig zu beenden und ehestmöglich Neuwahlen auszurufen seien.

Neues Berechnungsmodell für Studienbeihilfe

Die Novelle des Studienförderungsgesetzes, die von ÖVP und Grünen auf den Weg gebracht wurde, wird laut den Abgeordneten der beiden Fraktionen Studierenden in mehrfacher Hinsicht zugutekommen. Sie bringt zum einen eine Erhöhung der Studienbeihilfe, die die Inflation der letzten Jahre ausgleichen soll. Nach den Vorstellungen der ÖVP und Grünen soll die Berechnung der Beihilfe nach einem Modulsystem erfolgen, dass einen Grund- und verschiedene Erhöhungsbeträge vorsieht. Das soll den Studienbehilfenbehörden ermöglichen, die jeweiligen Lebensumstände von Studierenden stärker zu berücksichtigen. Die Novelle sieht auch den erleichterten Zugang zu Selbsterhalterstipendien und eine Anhebung der Altersgrenze für den Bezug von Studienförderung vor. Davon sollen Studierende profitieren, die nicht gleich nach der Matura ein Studium beginnen. Außerdem erfolgen Änderungen der Bestimmungen über den Studienerfolgsnachweis und die Bezugsdauer.

Auf Antrag der ÖVP und Grünen wurde die Novelle noch in einigen Punkten angepasst. Neben der Behebung von Redaktionsversehen wurden noch einzelne Regelungen adaptiert, um beim Übergang ins neue System Härtefälle zu vermeiden und um jedenfalls keine Verschlechterung gegenüber dem Status quo zu bewirken. Beim Nachweis des Studienerfolgs treten die Änderungen nun erst ein Jahr später, mit 1. September 2024, in Kraft, damit Studierende Zeit haben, sich auf die neuen Erfordernisse einzustellen.

Die Reform der Studienförderung sei grundsätzlich wichtig und werde von der SPÖ unterstützt, betonte Andrea Kuntzl (SPÖ). Die Form, in der sie erfolge, weise aber schwerwiegende Mängel auf. Der Gesetzesentwurf sei zwar zur Begutachtung ausgeschickt worden, aber parallel dazu von der Koalition als Initiativantrag eingebracht und noch vor Ende der Begutachtung im Wissenschaftsausschuss beschlossen worden. Kuntzl übte heftige Kritik daran, dass die Erhöhung der Studienbeihilfe nicht die steigende Inflation abdecken könne und keine automatische Valorisierung vorgesehen sei.

Nico Marchetti (ÖVP) äußerte Verständnis für die Kritik an der Art, wie die Reform umgesetzt wurde. Ausschlaggebend sei aber das Bestreben gewesen, die Erhöhung der Studienbeihilfe noch im Herbst zu ermöglichen. Damit werde es heuer 22 Mio. € und 2023 insgesamt 68 Mio. € an zusätzlichen Mitteln für die Studienförderung geben. Die Anhebung der Studienbeihilfe sei gestaffelt und die Berechnung erfolge nach einem Modulsystem, was erlaube, besser auf die jeweilige Situation der Studierenden einzugehen. Das sei jedenfalls ein Schritt in die richtige Richtung. ÖVP-Wissenschaftssprecher Rudolf Taschner (ÖVP) sah eine zielgerichtete, effektive und umfassende Erhöhung der Studienbeihilfe, die sich sehen lassen kann. Zweifellos sei es angesichts der derzeitigen Teuerungsrate sinnvoll, über weitere Erhöhungen zu diskutieren.

Die ÖVP-Abgeordneten Martina Kaufmann (ÖVP) und Gertraud Salzmann betonten, dass die Koalition schnell gehandelt habe, um eine Erhöhung der Studienbeihilfe bereits ab Herbst zu ermöglichen. Vor allem Studierenden, die neben dem Studium einer Arbeit nachgehen, würden von den Änderungen profitieren, sagte Salzmann. Diesen Aspekt hob auch Bettina Rausch (ÖVP) hervor und sagte, hier sei ein "großer Wurf" gelungen.

Martina Künsberg Sarre (NEOS) kritisierte den "ungewöhnlichen" Vorgang, nach einem bereits erfolgten Beschluss im Ausschuss noch die Begutachtung eines Ministerialentwurf vorzunehmen. Sie habe sich für die Studierenden zudem mehr erwartet, da die letzte Erhöhung der Studienbeihilfe schon eine Weile zurückliege, sagte die NEOS-Wissenschaftssprecherin. Offenbar habe die Bundesregierung zwar Geld für die Verlängerung der Kurzarbeit, aber keines für Studierende. Sie brachte einen Antrag ein, die Novelle an den Wissenschaftsausschuss zurückzuverweisen, der jedoch keine Mehrheit fand.

Martin Graf (FPÖ) kritisierte die Vorgangsweise der Koalition als "schlampigen Umgang mit demokratischen Prinzipien". Nicht nur sei keine ausreichende Begutachtung erfolgt, auch der nun eingebrachte Abänderungsantrag bleibe hinter den Erwartungen seiner Fraktion zurück, die daher nicht ihre Zustimmung geben könne. Graf unterstützte ausdrücklich den Vorstoß der NEOS zur Rückverweisung des Gesetzes in den Wissenschaftsausschuss.

Zweifellos sei der Prozess der Gesetzwerdung nicht ideal abgelaufen, es sei jedoch eine Begutachtung erfolgt, die noch einige wichtige Änderungen angeregt habe, argumentierte Eva Blimlinger (Grüne). Wichtig sei, dass die Mittel für Studienförderungen nun wesentlich aufgestockt werden konnten. Auch sie würde sich eine automatische Valorisierung wünschen, eine Einigung in diesem Punkt sei aber sehr schwierig zu erreichen. Die Novelle bringe insgesamt wichtige Neuerungen bei der Berechnung und der Bezugsberechtigung, wovon mehr Bezieher:innen profitieren werden. Vor allem für Selbsterhalter:innen werde es künftig leichter, Studienbeihilfe zu beantragen. Wichtig sei auch, dass eine Entkoppelung der Studienbeihilfe von der Familienbeihilfe erfolge.

Polaschek: Studienbeihilfe wird deutlich ausgeweitet

Die Novelle bringe eine beträchtliche Erhöhung der Studienbeihilfen bei einer gleichzeitigen Vereinfachung des Systems der Beantragung sowie ein transparenteres Berechnungsmodell, sagte Wissenschaftsminister Martin Polaschek. Die Verlängerung der Bezugsberechtigung bedeute nicht, dass man ohne entsprechende Leistung länger studieren könne, wie die FPÖ kritisiere. Vielmehr ermögliche man damit Menschen, die vorher schon im Berufsleben standen, zu einem späteren Zeitpunkt Studienbeihilfe zu beantragen. Das Gesamtbudget für die Studienbeihilfe steige beträchtlich an, ab 2023 um nicht weniger als ein Viertel, zeigte sich der Wissenschaftsminister zufrieden.

Keine Mehrheit für Anträge der Opposition zu Hochschulthemen

Im Sinne der Verbesserung der Unterstützung von Studierenden vor allem beim Thema Wohnen drängt Katharina Kucharowits (SPÖ) auf eine Wiedereinführung der Förderung von Studierendenwohnheimen. Wohnheime seien unterdessen für viele Studierende nicht mehr leistbar, merkte die Abgeordnete in der Plenardebatte an.

Für den NEOS-Vorschlag, eine Erweiterung des Stipendienangebots aus privaten Mitteln steuerlich zu begünstigen, sprach sich Antragstellerin Martina Künsberg-Sarre mit dem Argument aus, dass ein solches Modell in anderen Ländern bereits selbstverständlich sei.

NEOS kritisieren Fehlen eines Standortkonzepts für Hochschulen

Aus Sicht der NEOS wäre es notwendig, dass der Wissenschaftsminister ein bundesweites Standortkonzept für Hochschulen erarbeiten lässt. NEOS-Wissenschaftssprecherin Martina Künsberg Sarre kritisierte, dass die geplante Technische Universität (TU) in Linz im derzeit in Ausarbeitung befindlichen Hochschulplan noch nicht abgebildet sei. Ein so wichtiges Projekt müsse jedoch mit der gesamten Wissenschafts- und Forschungscommunity diskutiert werden und das sei derzeit nicht der Fall.

Andrea Kuntzl (SPÖ) sah die mehrfach geäußerte Kritik an den Planungen für eine neue TU Linz als Beweis dafür, wie wichtig ein Standortkonzept wäre, das der Antrag der NEOS fordere. Eva Maria Holzleitner (SPÖ) schloss sich der Kritik an der Planung und der vorgesehenen Finanzierungsstruktur der neuen Hochschule an. Die dazu eingegangenen Stellungnahmen zeigten auf, dass die Pläne zum Teil verfassungsrechtlich fragwürdig seien, sagte sie.

FPÖ-Abgeordneter Axel Kassegger vermisste eine ganzheitliche Betrachtung des Hochschulsektors und ein Missverhältnis von Ankündigungen und konkreter Umsetzung, was sich am Projekt der TU Linz und an der Finanzierung der Fachhochschulen besonders deutlich zeige.

Maria Theresia Niss (ÖVP) hielt der Oppositionskritik entgegen, es gebe eine Reihe von wirksamen Planungsinstrumenten und Strategien für den österreichischen Hochschulraum. Der NEOS-Antrag sei offenbar gegen das wichtige Projekt einer TU Linz gerichtet, das ein wichtiger Beitrag für die Heranbildung dringend benötigter Fachkräfte vor allem im Digitalisierungsbereich sei. Klaus Fürlinger (ÖVP) verteidigte das Projekt TU Linz als "Leitprojekt" im Bereich der Digitalisierung und warf insbesondere der SPÖ vor, ein zukunftsweisendes Projekt aus rein parteipolitischen Gründen abzulehnen.

Eva Blimlinger (GRÜNE) sagte, ein Standortkonzept, wie es die NEOS anstrebten, laufe immer auf eine Diskussion über die Abschaffung von Studienfächern an einzelnen Standorten hinaus, was von den Hochschulen nicht sehr gerne gesehen werde. Ihre Fraktion werde sich die Stellungnahmen zur TU Linz sehr genau ansehen und darauf achten, dass die Vorschläge in den weiteren Planungen berücksichtigt werden.

Zahlreiche Rechnungshofberichte einstimmig zur Kenntnis genommen

Weiters setzte sich der Nationalrat mit einer Reihe von Rechnungshofberichten auseinander, die sämtlich die einstimmige Kenntnisnahme des Plenums fanden. So debattierten die Abgeordneten im Kulturbereich den Bericht zu einer Sonderprüfung der Burgtheater GmbH über die Geschäftsjahre 2008/09 bis 2013/14. Dem Burgtheater wurde für den Prüfzeitraum eine "durchgehend angespannten Finanzlage" attestiert. Im Zuge einer Follow-up-Überprüfung des Bundesdenkmalamtes bemängelte der Rechnungshof die nur teilweise umgesetzte Formulierung einer Forschungsstrategie für die Denkmalpflege, und bei jener der ART for ART Theaterservice GmbH, dass die empfohlenen Veränderungen bei der Preisgestaltung noch nicht realisiert wurden.

Im Verwaltungsbereich befasste sich der Nationalrat mit dem Prüfbericht zum Management der IT-Sicherheit in der Verwaltung ausgewählter Bundesministerien und jenem zum System der Wettbewerbsbehörden außerhalb des Finanzmarktes, in dem die Erarbeitung einer umfassenden Wettbewerbsstrategie des Bundes empfohlen wird. Im Bericht zum Thema Verwaltungssponsoring und Schenkungen in ausgewählten Bundesministerien spricht sich der Rechnungshof für die Etablierung von Complianceprozessen aus.

Außerdem diskutierten die Mandatar:innen eine Gebarungsprüfung zum geförderten und gemeinnützigen Wohnbau in Wien, in der der Rechnungshof die Erlassung einer Verordnung über die Vergabe von Leistungen bei der Errichtung geförderter Wohnungen empfiehlt, sowie den alle zwei Jahre veröffentlichten Einkommensbericht für Unternehmen des Bundes, aus dem ein durchschnittliches Einkommen der Beschäftigten von 57.300 € pro Jahr hervorgeht. Weiters standen Rechnungshofanalysen zum Brandschutz in der Wiener Hofburg und zu den Österreichischen Kulturforen auf der Agenda.

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