Erste Group rechnet für 2022 mit weiterem Aufwärtstrend beim ATX
Weiterer Konjunkturaufschwung in Österreich und CEE und
ATX-Zusammensetzung könnten Index weiter nach oben treiben -
Aktien bieten außerdem Inflationsschutz
Trotz anhaltender Coronapandemie und rasch
steigender Inflation sehen die Analysten der Erste Group, Fritz
Mostböck und Christoph Schultes, dem angefangenen Jahr für die
Wiener Börse positiv entgegen. Für den ATX sehen die weiteres
Aufwärtspotenzial, das heurige Kursziel für den Leitindex liegt bei
4.500 Punkten. Aktien seien für Investoren weiterhin quasi
alternativlos, die Asset-Klasse biete sogar einen gewissen
Inflationsschutz.
Aufgrund seiner Zusammensetzung reagiere der ATX stärker als
andere Indizes auf Konjunkturbewegungen, das heißt im Abschwung
verliert er stärker als andere Märkte, legt dafür aber im Aufschwung
wieder überdurchschnittlich stark zu, so Chef-Analyst Mostböck am
Donnerstag. Bereits 2021 hat der ATX klar vom starken
Wirtschaftswachstum profitiert, mit einem Plus von rund 40 Prozent
hat der Index seine Peers im vergangenen Jahr deutlich outperformt.
Auch heuer dürfte der sich fortsetzende Aufschwung positiv auf
den ATX wirken. Dabei spielt aber nicht nur die Konjunktur in
Österreich, sondern vor allem die Entwicklung in Zentral- und
Osteuropa (CEE) eine große Rolle. Rund 70 Prozent der Unternehmen im
ATX (gemessen nach Marktgewichtung) würden aktuell von der
CEE-Region profitieren, so Mostböck.
"Wir glauben, dass die wesentlichen Länder Zentral- und
Osteuropas bis Ende diesen Jahres wieder zum Vorkrisenniveau
zurückkehren werden", sagte Mostböck. Im Schnitt rechnen die
Erste-Analysten für CEE für 2022 mit einem BIP-Wachstum von 4,4
Prozent. Das sei etwas weniger als im Vorjahr (5,3 Prozent), aber im
internationalen Vergleich nach wie vor ein sehr gutes Wachstum,
sagte Mostböck.
Im breiten europäischen Vergleich seien außerdem einzelne
Branchen wie Banken, Öl und Gas und Automobil derzeit sehr günstig
bewertet, so Schultes. Das helfe auch dem ATX, in dem diese Sektoren
eine verhältnismäßig hohe Gewichtung haben, so Schultes.
Darüber hinaus seien der heimische Leitindex sowie die CEE-Märkte
derzeit insgesamt günstig bewertet und ziehe aufgrund seiner starken
Performance im vergangenen Jahr bei gleichzeitig starkem Volumen
wieder verstärkt Interesse von internationalen Investoren auf sich.
"Die Niedrigstzinsen begünstigen weiter Aktien, und machen vielfach
Aktien alternativlos", so Mostböck.
Die Investoren seien nicht zuletzt wegen der rasant gestiegenen
Inflation auf der Suche nach lukrativen Anlageoptionen. Für Aktien
führe die anziehende Inflation aber nur kurz zu Irritationen, wenn
die Geldpolitik mit Straffungen auf die Teuerung reagiert und damit
die Konjunkturentwicklung dämpft, mittel- und langfristig sei sie
aber eher positiv für diese Asset-Klasse. "Aktien bilden aus meiner
Sicht einen Inflationsschutz", so der Chef-Analyst.
Das liege daran, dass die Unternehmen höhere Preise langfristig
an die Kunden weitergeben müssen und damit von anziehenden Umsätzen
und Erträgen profitieren. Damit würden sich auch die Aktienkurse
langfristig an die Teuerung anpassen, so Mostböck. Zudem sei die
Finanzlastigkeit ein Vorteil für den ATX, ergänzte Schultes, da
Banken und Versicherungen tendenziell Branchen seien, die von
Zinserhöhungen profitieren. Gegenüber anderen Asset-Klassen wie
Anleihen seien Aktien jedenfalls weiter sehr attraktiv, so Schultes.
Lieferengpässe im Zuge der Coronakrise und der Ausbreitung von
Omikron dürften allerdings auch heuer über anhaltend hohe
Rohstoffpreise die Inflation begünstigen. "Wir rechnen damit, dass
die Lieferengpässe weiterhin bestehen, zumindest im ersten Halbjahr
des Jahres", so Schultes. Mit rückläufigen Preisen rechnet Schultes
dagegen heuer bei Strom und Gas.
2022 werde die Inflationsentwicklung aber nicht mehr so drastisch
ausfallen wie im Vorjahr, erwarten die Erste-Analysten. "Wir
glauben, dass die Inflationsziele der EZB um die zwei Prozent
vorübergehend erreicht werden", sagte Mostböck. Zu tragen käme dabei
schlicht der Effekt, dass aufgrund der steigenden Vergleichswerte
aus dem Vorjahr die Inflationsentwicklung im Laufe des Jahres 2022
kontinuierlich sinken sollte. Eine Zinserhöhung seitens der
Europäischen Zentralbank (EZB) sei derzeit "außer Sichtweite".
Dennoch müsse sich auch die EZB bald überlegen, wann sie ihre Zinsen
erhöhen werde. Die US-Notenbank Fed hat für heuer bereits drei
Zinsschritte angekündigt.
bel/phs
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