Konjunktur
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Datum/Zeit: 24.07.2021 17:03 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Zunehmende Erholung sorgt für stärkstes Eurozone-Wirtschaftswachstum seit 21 Jahren
Dank der zunehmenden Erholung der Wirtschaft
verzeichnete die Eurozone im Juli das stärkste
Wachstum seit 21 Jahren. Während die Geschäfte
im Servicesektor so gut liefen wie zuletzt vor
fünfzehn Jahren, schwächte sich die
Produktionssteigerungsrate in der Industrie wegen
der verschlechterten Liefersituation allerdings ab.
Da die Nachfrage das Angebot weiterhin deutlich
übertraf, verteuerten sich die Verkaufs- bzw.
Angebotspreise für Güter und Dienstleistungen mit
der zweithöchsten Rate seit Umfragebeginn. Die
Auftragsbestände wuchsen derweil aufgrund von
Kapazitätsengpässen abermals mit Rekordrate.
Die Geschäftsaussichten trübten sich wegen der
zunehmenden Besorgnis hinsichtlich der DeltaVariante etwas ein und gaben auf ein 5-Monatstief
nach.
Der IHS Markit Flash Eurozone Composite Index
Produktion legte nicht nur zum vierten Mal in Folge
sondern auch gegenüber dem 15-Jahreshoch vom
Juni nochmals um 1,1 Punkte zu und notierte mit
60,6 auf dem höchsten Wert seit genau 21 Jahren.
Die Beschleunigung des Wachstums seit April ging
einher mit den schrittweisen Lockerungen der
Corona-Restriktionen, die mittlerweile so gering sind,
wie seit Beginn der Pandemie nicht mehr.
Das höchste Gesamt-Auftragsplus seit Mai 2000
deutet überdies darauf hin, dass die Wirtschaft im
August weiter boomen dürfte.
Aufgrund der anhaltend hohen Nachfrage blieb auch
der Kapazitätsdruck hoch, so dass die
Auftragsbestände im Juli genauso rasant zunahmen
wie im Rekordmonat Juni.
Um der kräftigen Nachfrage nachzukommen, stiegen
die Beschäftigtenzahlen den sechsten Monat in
Folge und mit der zweithöchsten Rate seit Januar
2018. Der Jobindex notiert weiter auf einem der
höchsten Werte seit über zwanzig Jahren,
wenngleich er gegenüber Juni leicht zurückging.
Der Servicesektor war beim Wachstum diesmal
führend, hier fiel das vierte Plus in Folge so hoch aus
wie seit Juni 2006 nicht mehr. Die Aufhebung einiger
pandemiebedingter Restriktionen in der Reisebranche sorgte dafür, dass das Exportneugeschäft
sogar so kräftig zulegte wie nie zuvor seit Beginn der
Erhebung dieser Daten im Jahr 2014.
In der Industrie fiel das dreizehnte Produktionswachstum hintereinander so schwach aus wie
zuletzt im Februar. Oftmals – und vor allem in
Deutschland – litten die Hersteller unter massiven
Engpässen bei Produktionsmaterialien.
Angesichts der Lieferschwierigkeiten bei gleichzeitig
starker Nachfrage wurden die Verkaufs- bzw.
Angebotspreise für Güter und Dienstleistungen im
Juli mit annähernder Rekordrate angehoben.
Die Lieferzeiten – ein Schlüsselindikator für
Verzögerungen in den Lieferketten – verlängerten
sich erneut mit einer der stärksten Raten in der
Umfragegeschichte, was dafür sorgte, dass die
Einkaufspreise in der Industrie so drastisch stiegen
wie nie zuvor seit Umfragebeginn 1997. Im
Servicesektor schwächte sich der Kostenauftrieb
zwar leicht ab, war aber immer noch der zweitstärkte
seit dreizehn Jahren.
Innerhalb der Eurozone war Deutschland beim
Wachstum Spitzenreiter, hier legte die Wirtschaftskraft so stark zu wie nie zuvor seit Beginn der
Erhebung der kumulierten Daten aus Industrie und
Servicesektor im Jahr 1998. Der Servicesektor
expandierte mit neuer Rekordrate, er wurde jedoch
übertroffen von der Industrie, wo sich die
Produktionssteigerungsrate gegenüber dem
Vormonat leicht abschwächte.
Frankreichs Composite-Index sank wegen einer
leichten Abschwächung im Servicesektor auf ein 3-
Monatstief, notiert damit jedoch immer noch auf
einem der höchsten Werte seit drei Jahren. In den
übrigen von der Umfrage erfassten Ländern
beschleunigte sich das Wirtschaftswachstum und fiel
so stark wie zuletzt im Juni 2000.
Während der enorme Wachstumsschub im Juli
allgemein mit den weiteren Lockerungen der
Corona-Restriktionen begründet wurde, erhielten die
Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist wegen der
zunehmenden Besorgnis hinsichtlich der DeltaVariante einen Dämpfer, was den entsprechenden
Index auf den tiefsten Wert seit Februar sinken ließ.
In sämtlichen von der Umfrage erfassten Ländern
ließ die Zuversicht nach, insbesondere unter den
Dienstleistern in Frankeich.
Chris Williamson, Chief Business Economist bei
IHS Markit, kommentiert den aktuellen Eurozone
Flash-PMI:
“Angesichts der Lockerungen der CoronaRestriktionen genießt die Eurozone einen
sommerlichen Wachstumsschub und wächst aktuell
so stark wie seit 21 Jahren nicht mehr. Vor allem
der Dienstleistungssektor – und hier insbesondere
das Gastgewerbe, die Reisebranche und der
Tourismus – profitiert von den deutlich weniger
strikten Eindämmungsmaßnahmen gegen Covid-19
und den verbesserten Impfraten.
In der Industrie sorgen die anhaltenden
Lieferverzögerungen jedoch weiterhin für große
Probleme, da nicht nur die Produktion ins Stocken
gerät, sondern auch die Kosten der Unternehmen
weiter in die Höhe schnellen. Dieser starke
Kostenanstieg führte zu einer fast
rekordverdächtigen Verteuerung der
durchschnittlichen Verkaufspreise für Güter und
Dienstleistungen, was sich in den kommenden
Monaten wahrscheinlich in höheren
Verbraucherpreisen niederschlagen wird.
Die Umfrageergebnisse zeigen zudem, dass die
Delta-Variante ein großes Risiko für den Ausblick
darstellt. Nicht nur, dass die steigenden
Infektionszahlen den Geschäftsaussichten einen
Dämpfer verpasst haben – sie liegen aktuell auf
dem niedrigsten Stand seit Februar – weitere
Viruswellen auf der ganzen Welt könnten zu neuen
Verzögerungen in den globalen Lieferketten und
damit zu immer höheren Preisen führen."
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