Österreich hat bei betrieblicher Altersvorsorge noch Aufholbedarf
Valida-Chef für Verschiebung der Steuerlast für Eigenbeiträge
in die Auszahlungsphase - Auch Verankerung der betrieblichen
Vorsorge in Kollektivverträgen wäre guter Hebel
Das Pensionssystem in Österreich ist aus Sicht der
Pensionskassen nach wie vor eher unausgewogen. Immer noch liegen
rund 90 Prozent der Pensionslast auf dem staatlichen System, die
betriebliche Vorsorge nimmt dagegen nur einen kleinen Anteil ein.
Das liege auch daran, dass nach wie vor nicht alle Österreicher
Zugang zur betrieblichen Pensionsvorsorge hätten, sagte der Chef der
Valida Pensionskasse, Martin Sardelic. Darüber hinaus ist die
steuerliche Handhabung nicht optimal.
International sei es eigentlich Standard, dass die Eigenbeträge,
die in die betriebliche Pensionskasse eingezahlt werden, erst in der
Phase der Auszahlung versteuert werden. Österreich habe hier einen
Sonderweg gewählt, bei dem die Beiträge von bereits versteuertem
Einkommen gezahlt werden müssten. "Die breite Akzeptanz der
betrieblichen Vorsorge leidet unter diesem Sonderweg", sagte
Sardelic am Dienstag vor Journalisten.
Dementsprechend fordert er eine Verschiebung der Steuerlast für
die Eigenbeiträge der Arbeitnehmer in die Leistungsphase. Das heißt,
es sollte keine Versteuerung in der Einzahlungs- sowie in der
Veranlagungsphase geben, sondern erst, wenn die Pensionsbeiträge
tatsächlich ausgezahlt werden (Exempt-Exempt-Taxed-Prinzip/EET).
"Diesen Punkt sollte man umgestalten, damit die Österreicher aus
noch nicht versteuertem Einkommen in die Pensionskasse einzahlen
können", so Sardelic weiter. Für den Staat würde dies nur eine
Verschiebung der Steuerleistung bedeuten, aber keinen Steuerausfall.
Auch mangelt es noch am Zugang zur zweiten Säule, denn
Arbeitnehmer können die betriebliche Vorsorge derzeit nur nutzen,
wenn der Arbeitgeber einen Vertrag mit einer Pensionskasse hat. In
diesem Sinne erneuerte Sardelic auch seine Forderung nach einem
Generalpensionskassenvertrag. Mit einem solchen hätten alle
Arbeitnehmer Zugang zur zweiten Pensionssäule. Der Valida-Chef hegt
die Hoffnung, dass sich hier in absehbarer Zeit etwas tun könnte. Er
sehe aufseiten der Politik durchaus Bereitschaft, in diesem Punkt
etwas zu tun. Was die Besteuerung betrifft, sei die politische
Bereitschaft etwas zu ändern, dagegen aktuell gering.
Weiters fordert Sardelic eine staatliche Förderung der
Eigenbeträge für Arbeitnehmer, deren Einkommen unter der
Einkommenssteuergrenze liegt. Für ein funktionierendes Modell
diesbezüglich müsse man nur nach Deutschland schauen, dort gebe es
ein erfolgreiches System, dass auch Menschen mit geringerem
Einkommen motiviere, für die eigene Pension aktiv vorzusorgen.
Auch eine Verankerung einer Pensionskassenlösung in
Kollektivverträgen wäre ein wichtiger Hebel, um das System mehr
Menschen zugänglich zu machen, so Sardelic. Auch hier habe sich
allerdings auf politischer Seite noch nicht viel bewegt. Aber auch
wenn es nicht für jede Forderung die gleichen Erfolgschancen gebe,
sei es wichtig, das Thema immer wieder anzusprechen, so der
Valida-CEO.
Personen, die bereits eine betriebliche Vorsorge in Anspruch
nehmen, sind damit aber zu einem großen Teil zufrieden, geht aus
einer Umfrage der Spectra-Marktforschung im Auftrag der Valida
Vorsorge Management hervor. Im Vorjahr sagten 78 Prozent, sie seien
mit dem Vorsorgemodell ihres Unternehmens sehr zufrieden bzw.
zufrieden. Für die Studie wurden im Herbst 2020 rund 1.800 Personen
befragt. Insgesamt gehen mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der
Befragten nicht davon aus, dass sie von der staatlichen Pension
einmal gut leben werden können.
In der Coronakrise hat das Thema Altersvorsorge nicht merklich an
Bedeutung eingebüßt, sagte Christian Baumann von Spectra
Marktforschung. Für 28 Prozent der Befragten wurde das Thema
finanzielle Vorsorge sogar wichtiger, wobei diese Einstellung
verstärkt Besserverdienende (mit einem Einkommen ab 1.500 Euro)
vertreten. Niedrigverdiener gaben dagegen überwiegend (39 Prozent)
an, wegen der Coronakrise weniger Geld für die Vorsorge übrig zu
haben. Für 33 Prozent der Befragten hatte die Krise gar keine
Auswirkung auf die Pensionsvorsorge.
(Schluss) bel/kre
ISIN AT0000606306
WEB http://www.rbinternational.com/