Konjunktur
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Datum/Zeit: 05.06.2021 13:02 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Eurozone-Industrie eilt im Mai von Rekord zu Rekord
Der Eurozone-Industriesektor wuchs im Mai mit
neuer Rekordrate. Dies signalisiert der finale IHS
Markit Eurozone Einkaufsmanager Index (PMI),
der gegenüber April um 0,2 Punkte auf 63,1 stieg
und damit den höchsten Wert seit Umfragebeginn im
Juni 1997 erreichte. Überdies notiert der Index
bereits seit elf Monaten über der Marke von 50
Punkten, ab der Wachstum angezeigt wird.
Auch diesmal expandierten sämtliche von der
Umfrage erfassten Industriebereiche wieder stark,
Spitzenreiter war erneut der Investitionsgüterbereich mit hohen Steigerungsraten bei Produktion
und Auftragseingang. Beschleunigt hat sich das
Wachstum im Vorleistungs- und Konsumgüterbereich, hier kletterten die jeweiligen PMIs auf
annähernde Rekordwerte.
Rangliste nach PMI®-Indexwerten (Mai)
Niederlande 69,4 Rekordhoch
Österreich 66,4 Rekordhoch
Deutschland 64,4 (Flash 64,0) 3-Monatstief
Irland 64,1 Rekordhoch
Italien 62,3 Rekordhoch
Frankreich 59,4 (Flash 59,2) 248-Monatshoch
Spanien 59,4 276-Monatshoch
Griechenland 58,0 253-Monatshoch
Mit einem neuen Rekordhoch führten die Niederlande die PMI-Rangliste auch im Mai an, gefolgt von
Österreich, ebenfalls mit einem Allzeithoch. Unter
den übrigen sechs von der Umfrage erfassten
Ländern vermeldeten auch Irland und Italien neue
Höchstwerte, während die PMIs Griechenlands,
Frankreichs und Spaniens jeweils mehrjährige
Hochs erreichten. Lediglich in Deutschland
verlangsamte sich das Wachstumstempo,
wenngleich der PMI hier nur knapp unter dem
Rekordwert von März notierte.
Trotz leichter Abschwächung gegenüber den beiden
Vormonaten fiel die Produktionssteigerungsrate im
Mai fast genauso hoch aus wie im Rekordmonat März, hauptsächlich infolge des enormen
Zuwachses an Neuaufträgen. Der entsprechende
Auftragsindex wies das dritthöchste Plus seit
Umfragebeginn aus, lediglich übertroffen von den
Zuwächsen in den beiden Vormonaten. Angezogen
hat laut Befragten sowohl die Binnen- als auch die
Exportnachfrage, letztere fiel ein weiteres Mal
überdurchschnittlich stark aus.
Wegen des Nachfrageüberhangs nach
Vorprodukten sowie Nachschubproblemen seitens
der Lieferanten verlängerten sich die Lieferzeiten im
Mai so drastisch wie nie zuvor seit Umfragebeginn.
Die Branchenakteure weiteten die Einkaufsmenge
mit neuer Rekordrate aus, aufgrund der
gravierenden Lieferprobleme griffen sie allerdings
wo immer möglich auf bestehende Lagerbestände
zurück, weshalb die Vormateriallager den 28. Monat
in Folge abnahmen und die Bestände an
Fertigwaren so rasant sanken wie zuletzt im
November 2009.
An der Preisfront legten die Einkaufspreise infolge
der verbreiteten Lieferengpässe für Produkte so
stark zu wie nie zuvor in der bisherigen Umfragegeschichte. Angeheizt durch die starke Nachfrage,
nutzten die Unternehmen ihre gestiegene
Preismacht dazu, die Verkaufspreise so kräftig
anzuheben wie nie seit Beginn der Erhebung dieser
Daten vor über 18 Jahren.
Da die Neuaufträge stärker zulegten als die
Produktion, nahm der Auftragsbestand im Mai zum
dritten Mal hintereinander mit neuer Rekordrate zu.
Folglich fiel der vierte Stellenaufbau in Folge so stark
aus wie seit Januar 2018 nicht mehr. In sämtlichen
von der Umfrage erfassten Ländern stiegen die
Beschäftigtenzahlen, allen voran in Österreich,
Irland und in den Niederlanden.
Die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist blieben
zwar ausgesprochen positiv, der Grad an
Optimismus schwächte sich jedoch auf ein Vier-Monatstief ab. Weiteres Wachstum versprechen sich
die Unternehmen von einer anhaltenden
Konjunkturerholung und Lockerungen der Corona-Restriktionen.
Chris Williamson, Chef-Ökonom bei IHS Markit,
kommentiert den finalen IHS Markit EurozoneIndustrie PMI:
„Angesichts des dritten PMI-Rekords in Folge ist die
Eurozone-Industrie im Mai in einem Tempo
gewachsen, das in der fast 24-jährigen Geschichte
der Umfrage beispiellos ist. Überdies verdeutlicht
das enorme Produktionswachstum, dass sich die
Wirtschaft im zweiten Quartal 2021 stark erholt.
Allerdings verlängerten sich im Mai auch die
Lieferzeiten mit Rekordrate, was das Produktionswachstum bremste und dazu geführt hat, dass die
Unternehmen die Nachfrage in einem Ausmaß nicht
befriedigen konnten, wie es in der Umfrage noch nie
beobachtet wurde.
Im Zuge der hohen Verkaufszahlen nahmen die
Lagerbestände ab, und der Auftragsbestand legte
mit Rekordrate zu. Während diese Frühindikatoren
darauf hindeuten, dass das Produktions- und
Beschäftigungswachstum in den kommenden
Monaten anhalten wird, da die Unternehmen
versuchen, mit der Nachfrage Schritt zu halten, sind
steigende Preise die Kehrseite der Medaille. Die
Kombination aus starker Nachfrage und sich
verschlechterndem Angebot hat die Preise in einem
Maße in die Höhe getrieben, wie es in den letzten 24
Jahren nicht der Fall war.
Die Umfragedaten deuten daher darauf hin, dass die
Wirtschaft über den Sommer stark wachsen, die
Inflation aber wahrscheinlich auch stark zulegen
wird. Wir rechnen jedoch damit, dass sich der
Preisdruck abschwächt, wenn die negativen
Auswirkungen der Pandemie in den nächsten
Monaten weiter nachlassen und sich die globalen
Lieferketten wieder stabilisieren. Außerdem dürfte
sich die Nachfrage im Zuge der weiteren Erholung
der Volkswirtschaften von Gütern auf Dienstleistungen verlagern, was zwar den Preisdruck
etwas entlastet, aber dazu beiträgt, das solide
Tempo der Konjunkturerholung beizubehalten.“
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