MAN-Votum - Politik pocht auf weitere Gespräche statt Schließung
Stelzer und Achleitner: Beschäftigte haben "derartige
Behandlung" nicht verdient - Gewerkschaft sieht "mangelnde
soziale Verantwortung von MAN"
Nach dem abschlägigen Votum der
MAN-Belegschaft zum Übernahmeangebot von Siegfried Wolf und der
Schließungsankündigung aus München hat die Politik am Donnerstag MAN
aufgefordert, nicht alle Türen zuzuschlagen und für Gespräche offen
zu bleiben. Schließlich gehe es um den ganzen Standort.
Spitzengewerkschafter kritisieren, dass die Konzernleitung versucht
habe, die Belegschaft unter Druck zu setzen, indem "Konzepte anderer
Interessenten von vornherein ausgeschlossen" wurden.
Wie sehr eine Schließung nicht nur die rund 2.300 Beschäftigten,
sondern die ganze Region betreffen würde, zeigt eine kürzlich
veröffentlichte Studie des Leiters der Initiative
Wirtschaftsstandort OÖ, Friedrich Schneider. Demnach drohe ein
BIP-Rückgang von 957 Mio. Euro und der Verlust von 8.400
Arbeitsplätzen - inklusive der Jobs im MAN-Werk. Nicht zuletzt wegen
der Auswirkungen auf die Zulieferindustrie haben das Land sowie die
gesamte Region Steyr die Proteste der Gewerkschaft in Sachen MAN
unterstützt.
Das Votum sei "Ausdruck der Enttäuschung über den Umgang des
MAN-Konzerns" mit den Beschäftigten, die sich "eine derartige
Behandlung aufgrund der bisher erbrachten Leistungen keinesfalls
verdient" hätten, so Landeshauptmann Thomas Stelzer und Landesrat
Markus Achleitner (ÖVP) am Nachmittag. Für sie ist das letzte Wort
noch nicht gesprochen: Man wolle nun "den MAN-Konzern in die Pflicht
nehmen, auch andere Optionen ernsthaft ins Auge zu fassen und mit
weiteren Interessenten zu verhandeln".
Es sei nicht nur zur Absicherung der Arbeitsplätze im Werk,
sondern auch für den Standort Oberösterreich wichtig, dass die
Produktion in Steyr erhalten bleibe, so Stelzer und Achleitner. Es
könne "weder im Sinne des Konzerns noch der Beschäftigten sein, wenn
nun aufgrund einer Schließung ein Rechtsstreit mit jeder und jedem
einzelnen der mehr als 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in
Steyr geführt werden müsse. Das führt nur zu hohen Kosten und
jahrelanger Verunsicherung, an deren Ende es wohl nur Verlierer auf
beiden Seiten geben würde", befürchten sie.
PRO-GE-Bundesvorsitzender Rainer Wimmer und der
GPA-Bundesgeschäftsführer Karl Dürtscher finden es wenig
verwunderlich, dass die Mitarbeiter "das vorgegebene Konzept nicht
einfach abnicken und den Verlust von Hunderten Arbeitsplätzen und
massive Lohneinbußen ohne Widerstand hinnehmen". Sie erwarten sich,
"dass die Konzernleitung die Gespräche wieder aufnimmt und auch
andere Konzepte prüft und fair diskutiert. Hier geht es um die
Arbeitsplätze tausender Menschen in der Region. Sich nun einfach
nach Polen zurückzuziehen, nur weil dort die Menschen um nicht
einmal vier Euro Mindestlohn arbeiten müssen, zeigt die mangelnde
soziale Verantwortung von MAN". Man stehe für Gespräche jederzeit
zur Verfügung. Sie kündigten auch an, dass man - sollte es zu
Kündigungen kommen - den Standortsicherungsvertrag bis 2030
einklagen werde.
"Demokratische Entscheidungen - gerade auch in wirtschaftlichen
Angelegenheit - sind nicht nur zu respektieren, vielmehr muss die
betriebliche Mitbestimmung ausgebaut werden", reagierte oö.
SPÖ-Chefin Landesrätin Birgit Gerstorfer auf das
Abstimmungsergebnis. "Die Belegschaft in Steyr hat klar gemacht, was
sie wolle. Sie stehe an "ihrer Seite". Die Landesrätin sieht jetzt
vor allem Landes- und Bundesregierung gefordert. Alle
Verantwortlichen sollten an einen Tisch geholt werden, "damit Steyr
zu einem zentralen Standort für nachhaltige, grüne Mobilität wird".
Für die oö. Grünen rächt sich nach dem Votum "die viel zu späte
Einbindung der Belegschaft". Nun müsse sich die Politik "mit allen
zur Verfügung stehenden Mitteln einschalten", so
Wirtschaftssprecherin Ulrike Schwarz, "das Ergebnis nur zu
beklatschen oder zu bedauern, ist keine Option". Denkbar wären für
sie Unternehmensbeteiligungen oder ein Pilotprojekt in
Zusammenarbeit mit den Zulieferbetrieben. Jedenfalls müsse man sich
"am notwendigen sozial-ökologischen Wirtschaftswandel" orientieren
und auf neue Technologien und E-Mobilität setzen.
FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer fragte sich, "wo hier
eigentlich die Wirtschaftsministerin bleibt" und forderte eine
sofortige Krisensitzung unter Einbindung von Ministerin Margarete
Schramböck (ÖVP), um "gemeinsam mit den Verantwortlichen von MAN und
der Politik in Oberösterreich eine Lösung zu finden" und die
Arbeitsplätze zu retten.
Der oö. KPÖ-Landessprecher Michael Schmida begrüßte die
Entscheidung der Belegschaft, die sich "nicht einschüchtern lassen"
habe. Nun müsse "gemeinsam mit der MAN-Belegschaft" eine Lösung
gefunden werden. Attac Österreich sieht nun eine Chance für eine
"grundlegende sozial-ökologische Neuausrichtung", Steyr könne
mittelfristig "Produkte für eine nachhaltige Mobilität herstellen",
etwa Züge und Straßenbahnen.
(Schluss) ver/ker/stf
ISIN DE0005937007
WEB http://www.man.eu/de/