Flughafen Wien legt Planungen für dritte Piste auf Eis
Aufschwung ab dem Sommer erwartet - Vorstand will nach Verlust
im Vorjahr heuer wieder schwarze Zahlen schreiben - Prognosen
hängen vom Impferfolg ab - Vorstand: Brauchen Kurzarbeit
länger - GRAFIK
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AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Reaktionen von Klimaministerin Gewessler und WWF (2. Absatz)
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Der Flughafen Wien hat nach dem massiven
Passagiereinbruch 2020 die Pläne für die dritte Piste fürs Erste auf
Eis gelegt. Es würden keine Maßnahmen für die Realisierung getätigt,
sagte Flughafen-Vorstand Günther Ofner am Donnerstag. Vor der
Coronapandemie war geplant, 2024 oder 2025 mit den Arbeiten zu
beginnen. "Das Projekt ist nicht abgesagt", es könnte aber sein,
dass sich das "einige Jahre nach hinten schiebt", so Ofner. Auch
andere Investitionen wurden zurückgereiht.
Die für Luftfahrt zuständige Klimaministerin Leonore Gewessler
(Grüne) begrüßt die Entscheidung der Flughafen-Vorstands und geht
davon aus, dass die Baupläne für immer in den Schubladen bleiben
werden und die dritte Start- und Landebahn gar nicht mehr gebraucht
wird. "Wir werden in Zukunft deutlich weniger fliegen, als noch
heute", meinte die Ministerin. "Es ist aus diesem Grund
wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll, den Bau der dritten Piste am
Flughafen Wien nicht weiter voranzutreiben", teilte sie in einer
schriftlichen Stellungnahme mit. Die Umweltschutzorganisation WWF
forderte das endgültige Aus für die dritte Piste.
Der Flughafen Wien hofft auf einen Aufschwung ab Mitte des
Jahres. "Während sich aus heutiger Sicht die ersten drei bis sechs
Monate noch schwach entwickeln werden, ist ab Sommer und im zweiten
Halbjahr ein deutlicher Anstieg bei den Passagieren zu erwarten",
teilte das börsenotierte Unternehmen am Donnerstag in der Früh mit.
Nach 7,8 Millionen Passagieren 2020 rechnet der Vorstand für heuer
mit 12,5 Millionen Fluggästen und einem kleinen Gewinn.
Der Wiener Airport hat 2020 wegen der Coronakrise um 75 Prozent
weniger Fluggäste abgefertigt als 2019. Die stärksten
Passagierrückgänge verzeichnete der Flughafen mit über 99 Prozent
weniger Reisenden im April und Mai 2020, aber auch in den Monaten
Juni, November und Dezember betrug das Minus über 90 Prozent. Am
schwächsten Tag des Jahres, dem Ostermontag am 13.4.2020,
frequentierten gerade mal 154 Reisende das Terminalgebäude. Aktuell
seien es rund 5.000 Passagiere täglich. Im Frachtgeschäft war der
Rückgang weniger dramatisch.
Die Coronakrise habe die Passagierzahlen "in das Jahr 1994
zurückkatapultiert", sagte Vorstandskollege Julian Jäger in der
Online-Pressekonferenz. "Rückblickend sind unsere schlimmsten
Befürchtungen um ein Vielfaches übertroffen worden." Bis der Airport
der Bundeshauptstadt die Krise verdaut hat, wird es noch Jahre
dauern. Für 2021 geht der Vorstand bei den Passagieren von 40
Prozent des Vorkrisenniveaus aus, für das zweite Halbjahr sogar von
50 Prozent. 2022 sollten es 70 Prozent und 2023 80 Prozent sein.
2019 hatte der Flughafen noch einen Passagierrekord mit 31,7
Millionen Reisenden geschrieben. Die Zahl der Airlines, die Wien
anfliegen, hat sich im Coronajahr 2020 annähernd halbiert, von 75
auf nur mehr 38. Statt 200 Destinationen werden derzeit nur rund 100
Ziele angeflogen.
Die Flughafen Wien AG hat 2020 erstmals in ihrer Geschichte einen
Verlust geschrieben - erwartet werden rund 70 Mio. Euro, die
Ergebnisse sollen am 4. März veröffentlicht werden. Im Geschäftsjahr
2021 will der Vorstand aber bereits wieder schwarze Zahlen
schreiben. Aus heutiger Sicht werde heuer ein Umsatz von 430 Mio.
Euro, ein Betriebsergebnis (EBITDA) von 150 Mio. Euro und ein
Nettogewinn von 4 Mio. Euro erwartet. Die Nettoverschuldung werde
auf rund 100 Mio. Euro sinken und die Investitionen bei rund 62 Mio.
Euro liegen. Die Liquidität sei für alle vorhersehbaren
Krisenszenarien gesichert, hieß es in der Pressemitteilung.
Die Prognosen macht der Flughafen-Vorstand von den Impfungen
abhängig. "Das steigende Vertrauen der Bevölkerung in die
Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit der Impfung sollte trotz der aktuell
schwierigen Phase in der Folge dazu führen, dass wieder mehr
Menschen für Sommer und Herbst Urlaubsflüge buchen", so Ofner. "Für
das Gesamtjahr rechnen wir mit rund 12,5 Millionen Passagieren am
Standort Wien, mehr als 70 Prozent davon erwarten wir in der zweiten
Jahreshälfte", ergänzte Jäger.
Die beiden Vorstände setzen dabei auch auf einen digitalen
Impfpass der EU als international gültiges Reisedokument. Als
kritische Infrastruktur sollten die Flughafen-Mitarbeiter übrigens
spätestens im März geimpft werden. Für Jäger ist klar, dass künftig
viele Länder bei der Einreise einen Corona-Impfnachweis verlangen
werden. Dies sei auch nichts neues. Die bekannteste vorgeschriebene
Impfung ist die Gelbfieberimpfung. Ohne sie ist eine Einreise in
einigen Ländern nicht möglich.
Das Vorstandsduo drängt auf eine Verlängerung der
Corona-Kurzarbeit. Dies sei die Voraussetzung, um Kündigungen am
Flughafen zu vermeiden. Alle rund 5.300 Mitarbeiter des Unternehmens
sind seit März 2020 in Kurzarbeit. Eine Dividende wird es wegen der
Coronahilfen 2021 nicht geben. Ofner erwartet - abseits der
Kurzarbeit - rund 20 Mio. Euro an Hilfen vom Staat zu erhalten.
(Schluss) pro/ivn
ISIN AT00000VIE62
WEB http://www.viennaairport.com