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Datum/Zeit: 20.11.2020 21:47
Quelle: Politik - Presseaussendung

Nationalrat beschließt Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit


Regelung soll rückwirkend ab November gelten

ArbeitnehmerInnen, die ein minderjähriges Kind oder einen behinderten bzw. pflegebedürftigen Angehörigen zu Hause betreuen müssen, weil die üblichen Betreuungsstrukturen kurzfristig ausfallen, kann schon jetzt das Instrument der Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen. Allerdings ist derzeit dafür noch eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitgeber notwendig. Das soll sich nun ändern. Der Nationalrat verabschiedete heute mit breiter Mehrheit eine Gesetzesnovelle, mit der - rückwirkend ab November - ein Rechtsanspruch auf bis zu vier Wochen Sonderbetreuungszeit eingeführt wird. Diese Regelung soll bis Ende des Schuljahres 2020/21 gelten. Allerdings kommt der Rechtsanspruch ausdrücklich nur dann zum Tragen, wenn keine alternativen Betreuungsstrukturen zur Verfügung stehen.

Für die Koalitionsparteien ist damit klar, dass der aktuelle Lockdown allein noch keinen Anspruch auf Sonderbetreuungszeit bedingt, da die Schulen weiterhin Betreuung anbieten. Er könnte aber dann greifen, wenn ein Kind aufgrund einer Quarantäneanordnung die Wohnung nicht verlassen darf. Bei einer COVID-19-Erkrankung des Kindes ist gemäß den Erläuterungen zur Gesetzesnovelle zunächst allerdings Pflegeurlaub zu konsumieren. Weiterhin möglich ist außerdem eine mit dem Arbeitgeber vereinbarte Sonderbetreuungszeit, das stellt ein heute von den Koalitionsparteien und der SPÖ gemeinsam eingebrachter und bei der Abstimmung mitberücksichtigter Abänderungsantrag sicher. Auch diesfalls bekommt der Arbeitgeber künftig die vollen Lohnkosten, und nicht nur wie bisher die Hälfte, ersetzt.

Wirksam werden können die neuen Bestimmungen allerdings erst, nachdem sich der Bundesrat mit ihnen beschäftigt hat. Die nächste reguläre Sitzung der Länderkammer ist für 3. Dezember anberaumt.

Basis für den Nationalratsbeschluss bildete ein gemeinsamer Antrag von ÖVP, SPÖ und Grünen, der sowohl im Sozialausschuss als auch im Plenum nochmals abgeändert wurde. Demnach kann Sonderbetreuungszeit künftig, anders als derzeit, nicht nur bei coronabedingten Schul- und Kindergartenschließungen, sondern auch bei individuellen Quarantäneanordnungen in Anspruch genommen werden. Gleichzeitig wird der maximale Zeitraum der Inanspruchnahme von drei auf vier Wochen ausgeweitet. Die betroffenen ArbeitnehmerInnen müssen aber "alles Zumutbare" unternehmen, um eine Arbeitsverhinderung zu vermeiden, sich also aktiv, um alternative Betreuungsangebote bemühen. Wie bisher kann der Anspruch auf Sonderbetreuungszeit auch in Teilen, also etwa tage- oder halbtageweise geltend gemacht werden.

SPÖ urgiert Nachbesserungen

Die SPÖ-Abgeordneten Gabriele Heinisch-Hosek, Petra Wimmer und Christian Drobits erinnerten daran, dass die SPÖ schon beim ersten Lockdown einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit gefordert hatte. Sie begrüßten daher die nunmehrige Einigung. Allerdings sei die "verwirrende" Kommunikation, ob die Schulen nun offen oder geschlossen haben und wann ein Anspruch auf Sonderbetreuungszeit besteht und wann nicht, nicht hilfreich gewesen, klagten sie. Um mehr Klarheit zu schaffen, beantragte die SPÖ die Einfügung einer Bestimmung in das Gesetz, wonach Schulen schon dann als behördlich geschlossen gelten, wenn kein regulärer Unterricht stattfindet, konnte sich mit einem entsprechenden Abänderungsantrag aber nicht durchsetzen.

Auch ein Entschließungsantrag der SPÖ fand keine Mehrheit. Abgeordneter Drobits wollte damit erreichen, dass Sonderbetreuungszeit auch von Personen in Anspruch genommen werden kann, die mit einem bzw. einer schwerkranken Angehörigen im gemeinsamen Haushalt leben. Er kritisierte außerdem, dass es für öffentlich Bedienstete wie Gemeindebedienstete keine Sonderbetreuungszeit gebe.

ÖVP und Grüne sehen gute Lösung

Barbara Neßler (Grüne) hielt der Kritik der SPÖ entgegen, dass die neue Form der Sonderbetreuungszeit von den Sozialpartnern ausverhandelt wurde und der Rechtsanspruch klar formuliert sei. Ebenso klar ist für sie, dass die Schulen derzeit nicht geschlossen sind, auch wenn kein Regelunterricht stattfinde. Betreuung und Lernunterstützung würden aber angeboten. Weiterhin sei außerdem eine freie Vereinbarung mit dem Arbeitgeber über Sonderbetreuungszeit möglich. Die Regelung sei sowohl für UnternehmerInnen als auch für ArbeitnehmerInnen gelungen, ist Neßler überzeugt und sprach von einer "Win-Win-Situation". Auch nach Meinung von Tanja Graf (ÖVP) wurde eine vernünftige Lösung gefunden.

FPÖ-Abgeordneter Christian Ragger konzedierte den Regierungsparteien, dass man sich bemüht habe, eine gute Regelung zu finden. Auch er sieht es aber - wie die SPÖ - als wunden Punkt der Novelle, dass die derzeitigen Schulschließungen noch keinen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit bedingen. Es brauche einen Rechtsanspruch mit klarer Interpretation, schloss er sich dem SPÖ-Abänderungsantrag an.

NEOS lehnen Novelle ab

Gegen eine Ausweitung der Sonderbetreuungszeit stimmten lediglich die NEOS. Das Vorhaben sei nicht durchdacht und keine Lösung, meinte Gerald Loacker. Schließlich würden ArbeitnehmerInnen, die Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen, den Unternehmen fehlen. Das sei "eine einseitige Maßnahme". Zudem habe man mit dem Gesetz "eine Autobahn für Schulschließungen" gebaut. Auch einen Missbrauch der neuen Bestimmungen durch Unternehmer auf Kosten der Steuerzahler hält Loacker für möglich.

Corona-Sonderregelung für Unterhaltsvorschuss soll verlängert werden

Arbeitsministerin Christine Aschbacher wies darauf hin, dass die Regierung bereits viel getan habe, um Familien in der Corona-Krise zu unterstützen. Auch beim Unterhaltsvorschuss ist ihr zufolge eine Verlängerung der bestehenden Sonderregelung geplant. Der Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit bringe Sicherheit für Eltern, etwa wenn es zu einzelnen Schulschließungen oder Kindergruppenschließungen aufgrund von COVID-19-Erkrankungen komme, unterstrich sie.

Kündigungsrechtliche Gleichstellung von ArbeiterInnen mit Angestellten wird verschoben

Mit dem gleichen Gesetzentwurf wird die kündigungsrechtliche Gleichstellung von ArbeiterInnen und Angestellten um ein halbes Jahr verschoben. Die bereits im Jahr 2017 verabschiedeten Bestimmungen sollen demnach erst auf Kündigungen, die nach dem 30. Juni 2021 ausgesprochen werden, Anwendung finden. Diesem Teil der Novelle stimmten in Zweiter Lesung alle Fraktionen zu.

Ausdrücklich begrüßt wurde die Verschiebung von den ÖVP-Abgeordneten Maria Smodics-Neumann und Tanja Graf. Eine Umsetzung würde Lohnnebenkosten von 140 Mio. € verursachen, gab Neumann-Smodics zu bedenken. Das wäre angesichts der derzeit angespannten Lage eine zusätzliche Hürde für Unternehmen, sagte sie. Graf bedankte sich in diesem Zusammenhang bei den Sozialpartnern. Die Verschiebung gebe diesen auch Zeit, die Kollektivverträge entsprechend anzupassen.

Mit dem heute erfolgten Gesetzesbeschluss ist auch ein SPÖ-Antrag zur Sonderbetreuungszeit miterledigt.

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