Konjunktur
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Datum/Zeit: 25.10.2020 12:19 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Deutschland: Steigende Coronavirus-Infektionszahlen drücken Servicesektor ins Minus, Industrie hingegen weiter kräftig im Aufwind
Dank der abermals kräftigen Steigerung der
Industrieproduktion blieb die deutsche Wirtschaft
auch im Oktober auf Wachstumskurs. Dass die
Wirtschaft derzeit jedoch zweigeteilt ist, zeigt der
Rückgang der Geschäftstätigkeit im Servicesektor,
ausgelöst durch die neuen Restriktionen und die
zunehmende Unsicherheit infolge der zweiten
Infektionswelle mit dem Coronavirus.
Der IHS Markit Flash Deutschland Composite
Index Produktion sank gegenüber September
lediglich um 0,2 Punkte auf 54,5 und signalisierte
damit anhaltend kräftiges Wachstum.
Die Entwicklung auf Sektorenebene lief allerdings
weiter auseinander. Während die Industrieproduktion mit der höchsten Rate seit Februar 2011
ausgeweitet wurde, mussten die Dienstleister
erstmals seit Juni wieder leichte Geschäftseinbußen
hinnehmen.
Im Servicesektor wirkten sich die neuen
Restriktionen und die zunehmende Unsicherheit in
Folge der wieder steigenden Infektionszahlen mit
dem Coronavirus negativ auf die Nachfrage aus.
Dies und der beschleunigte Rückgang der
Exportneuaufträge sorgten für das erste Minus beim
Gesamt-Auftragseingang seit vier Monaten. Im
Gegensatz dazu verbuchten die Hersteller vor allem
dank boomender Auslandsbestellungen aus Asien
(oftmals China), den USA und Europa einen
Rekordzuwachs beim Neugeschäft.
Die Auftragsbestände legten insgesamt zum dritten
Mal hintereinander und so rasant zu wie zuletzt vor
zweieinhalb Jahren. In der Industrie stapelten sie
sich so zügig wie seit Dezember 2017 nicht mehr, im
Servicesektor nahmen sie nicht mehr ganz so stark
ab wie zuletzt.
Bei der Beschäftigung war die Entwicklung genau
umgekehrt. Hier fiel der vierte Personalzuwachs in
Folge bei den Dienstleistern so stark aus wie
letztmals vor Ausbruch der Coronavirus-Pandemie,
während in der Industrie erneut Stellen gestrichen
wurden. Insgesamt sanken die Beschäftigtenzahlen
in der deutschen Wirtschaft zum achten Mal
hintereinander, wenngleich mit der niedrigsten Rate
seit Beginn der Entlassungswelle im März.
Die Verkaufs- bzw. Angebotspreise für Güter und
Dienstleistungen stiegen im Oktober erstmals seit
Februar wieder an, und zwar in beiden Sektoren. Bei
den Dienstleistern wurden die Angebotspreise etwas
stärker angehoben, da hier auch die Kosten im
Monatsverlauf kräftiger gestiegen sind als in der
Industrie. Im verarbeitenden Gewerbe verteuerten
sich die Einkaufspreise erstmals seit anderthalb
Jahren wieder minimal, was einige Unternehmen auf die anziehende Nachfrage nach Rohmaterialien und
daraus resultierende Lieferengpässe zurückführten.
Dies zusammen mit dem kräftigeren Produktionsund Auftragswachstum sowie dem abgeschwächten
Abbau der Vormateriallager sorgte dafür, dass der
Flash Deutschland EMI Industrie gegenüber
September um 1,6 Punkte auf 58,0 stieg – der
höchste Wert seit April 2018.
Da die Anzahl der Optimisten, die der Pessimisten
im Oktober abermals übertraf, blieben die
Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist zwar
insgesamt positiv, sie schwächten sich jedoch
erstmals seit sieben Monaten wieder ab.
Ausschlaggebend hierfür waren die wieder
zunehmenden Sorgen hinsichtlich der weiteren
Entwicklung der Covid-19-Pandemie, insbesondere
im Servicesektor.
Phil Smith, Associate Director bei IHS Markit und
Autor des Flash-PMI, kommentiert:
„Die deutsche Wirtschaft hält sich angesichts der
zweiten Corona-Infektionswelle erfreulicherweise
ziemlich wacker, wie der Oktober-Flash zeigt.
Obwohl einige Dienstleistungsunternehmen unter
den neuen Restriktionen und der zunehmenden
Unsicherheit im Zusammenhang mit der ‘zweiten
Welle’ leiden, hielten sich die Geschäftseinbußen
hier insgesamt noch in Grenzen. Gleichzeitig hat
die boomende Industrie der Konjunktur ordentlich
Auftrieb verliehen.
Folglich sieht es zunehmend nach einer Wirtschaft
der zwei Geschwindigkeiten aus. Das
verarbeitende Gewerbe ist bisher weniger stark von
den neuen Restriktionen betroffen als der
Servicesektor und hat zudem enorm vom wieder
florierenden Welthandel profitiert.
Da sich immer mehr Industrieunternehmen dem
Wachstumsniveau von vor der CoronavirusPandemie nähern oder es sogar schon erreicht
haben, wird ein dauerhafter Aufschwung ab jetzt
zunehmend schwieriger. So sind die Erwartungen
der Hersteller im Oktober auch erstmals seit sieben
Monaten wieder leicht gesunken. Dennoch,
Sorgenkind Nummer eins bleibt der Dienstleistungssektor.”
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