RHI Magnesita kürzt trotz Corona-Dämpfer die Investitionen nicht
Aber Sparkurs bleibt - Konzern mit 13.000 Beschäftigten baut
weltweit 540 Mitarbeiter ab - Stärkung von Standorten in
Österreich - Feuerfestkonzern mit weniger Umsatz und Gewinn im
Halbjahr
Trotz herber Umsatz- und Ergebnisrückgänge durch die
Coronakrise macht der börsennotierte Feuerfestkonzern RHI Magnesita
keine Abstriche bei seinen Investitionen, im Gegenteil. Die
Kostensenkungen laufen weiter, wodurch weltweit 540 Mitarbeiter
abgebaut werden, davon 450 heuer. In Österreich hält man nach
Schließung des Werks Trieben (Steiermark) weiter bei 1.800, global
sind es rund 13.000.
An Investitionen hat man heuer im Konzern 150 Mio. Euro vor,
ähnlich viel wie 2019, sagte CEO Stefan Borgas am Mittwoch im
APA-Gespräch. 2021 würden es sogar deutlich über 200 Mio. Euro sein.
Man reduziere die Investitionen nicht, sondern versuche sie
antizyklisch zu tätigen. Ein Aufschub für Investments, wie man sie
an der Spitze des Lockdowns im Ausmaß von 45 Mio. Euro gesehen habe,
sei angesichts der abgesicherten Liquidität und der hohen
Profitabilität auch bei geringeren Umsätzen nicht erforderlich, so
Borgas.
Auch in Österreich laufen Investitionen, etwa die bekannten 40
Mio. Euro für den Dolomit-Abbau in Hochfilzen (Tirol) und 50 Mio.
Euro für das modernste Feuerfest-Werk der Welt in Radenthein
(Kärnten) für 50 Mio. Euro, wie dies Anfang Juni kommuniziert wurde
- und davor bei Veitsch in der Steiermark, wie der CEO erinnerte.
Solchen Werksausbauten bzw. -modernisierungen stehen andererseits
weltweit Standortschließungen gegenüber, wie etwa in Trieben oder
auch im deutschen Hagen. Derartige Maßnahmen im Produktionsnetzwerk
des Konzerns könnten künftig auch noch weitergehen, um andere
Standorte zu stärken, darunter Hochfilzen und Radenthein. Kurzarbeit
spiele im Konzern fast keine Rolle, insgesamt seien nur 700 Leute
nicht Vollzeit tätig, davon circa 200 in Österreich.
In Vertrieb und Verwaltung sehe man für 2021 ein
Einsparungspotenzial von 30 Mio. Euro, nach 10 Mio. Euro heuer. Man
benötige etwa auch weniger Führungsebenen, was auch raschere
Entscheidungen ermögliche. Das Potenzial habe man noch einer
Durchforstung des Konzerns unter vier Gesichtspunkten festgestellt:
Bis die Nachfrage wieder Vorkrisenniveau erreiche, könnte es ein,
zwei oder drei Jahre dauern; die weltweiten Handelsströme
regionalisieren sich; die Volatilität wird generell zunehmen; und
die Bedeutung der Digitalisierung wird zunehmen.
Auch auf dem momentan spürbar tieferen Aktivitätsniveau sei der
RHI-Magnesita-Konzern deutlich resistent gegen die Krise, durch die
gute Liquidität und die stabile Nettoverschuldung. Die Liquidität
lag zuletzt bei 1,1 Mrd. Euro, Nettoverschuldung betrug Ende Juni
666 Mio. Euro (vor einem Jahr: 669 Mio. Euro, Ende 2019: 650 Mio.
Euro). Die Cash-Conversion-Rate, eine Erfolgsgröße des Verhältnisses
von Cashflow und Nettogewinn, liege bei 70 Prozent.
Mit einer beträchtlichen Finanzkraft sei RHI Magnesita gut
gerüstet, um Wachstumschancen zu nutzen, wenn sich Märkte
verbessern: "Duch die Resilienz sind wir für weitere Akquisitionen
offen", so der CEO. Derzeit würden Mitbewerber eher darüber
nachdenken, ob sie sich nicht vielleicht in die RHI Magnesita
hineinkommen, also sich mit ihr zusammenschließen sollten. Es gebe
zwar nichts in der Pipeline, die Zahl solcher Gespräche sei aber
gestiegen.
Heuer bis Juni sank der RHI-Magnesita-Umsatz währungsbereinigt
aufgrund der Covid-19-bedingt geringeren Kundennachfrage um 22,7
Prozent auf 1,171 Mrd. Euro. Dabei ging der Stahlumsatz um 22,4
Prozent und der Industrieumsatz um 23,5 Prozent zurück. Das
operative Ergebnis (EBITA) halbierte sich auf 133 Mio. Euro (-45
Prozent). Mit dem 2019 kommunizierten Produktionsoptimierungsplan
bleibe man auf Kurs, hieß es am Mittwoch im Halbjahresbericht.
Demzufolge soll das EBITA bis 2022 ja um 40 Mio. Euro verbessert
werden können.
Auch im dritten Quartal werde das Aktivitätsniveau verhalten
bleiben. Der Juli sei noch nicht besser als der Juni gewesen, so
Borgas. August und September würden wohl zwar etwas besser, aber
ohne große Sprünge. Das vierte Quartal sollte nochmals etwas besser
werden, aber noch nicht vergleichbar mit dem Vorjahr; man werde noch
etwas an den Lockdown-Folgen zu knabbern haben, auch ohne eine
allfällige zweite Corona-Welle.
Aus Brasilien berichtete der Chef des
österreichisch-brasilianischen Feuerfest-Konzerns, dass die
Stahlindustrie dort wieder stark angesprungen ist und ihre
Produktion kräftig hochgefahren hat - begünstigt durch die
Abschwächung der Landeswährung Real. "Dadurch hat die Stahlindustrie
Brasiliens stark an Wettbewerbsstärke gewonnen", wovon auch RHI
Magnesita profitiert, so Borgas: "In Brasilien macht die
Stahlindustrie zwei Drittel unserer Kunden aus."
(Schluss) sp/pro
ISIN NL0012650360
WEB http://www.rhi-ag.com