Grasser-Prozess - Manzenreiter: "Politischer Schachzug" Haiders
Früherer Villacher Bürgermeister zum Vorkaufsrecht Kärntens an
der ESG: Hätten das Geld nicht gehabt - Abwesender Plech vor
der Juli-Pause im Fokus
Im Grasser-Prozess drehte sich die Befragung durch
Richterin Marion Hohenecker heute wieder einmal um Kärntner Politik.
Das Kärntner Vorkaufsrecht für die Villacher Wohnungsgesellschaft
ESG war Gegenstand der Zeugenbefragung des langjährigen früheren
Villacher Bürgermeisters Helmut Manzenreiter (SPÖ). Zuvor stand der
- wegen Krankheit abwesende - Mitangeklagte Ernst Karl Plech im
Fokus.
Als dritter und letzter Zeuge des heutigen Tages wurde der
frühere Villacher Bürgermeister befragt. Für den Sozialdemokraten
war das vom damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ)
geforderte Vorkaufsrecht des Landes Kärnten für die Villacher
Eisenbahnerwohnungsgesellschaft (ESG) ein "politischer Schachzug".
Aber Haider habe immer versucht, einen Schuldigen zu suchen. Mit
dem Verlust der Gemeinnützigkeit und dem Verkauf der ESG würden die
Mieten steigen, und Haider habe versucht, dies jemand anderem
umzuhängen. "Es war damals nicht die beste Stimmung zwischen dem
sozialdemokratisch geführten Villach und dem Land Kärnten, weil wir
massiv gegen den Verkauf und die Abschaffung der Gemeinnützigkeit
aufgetreten sind."
Der frühere Villacher Bürgermeister sorgte dann für einiges
Erstaunen, als er von einem Anruf des damaligen Raiffeisenlandesbank
OÖ-Generaldirektors Ludwig Scharinger berichtete. Scharinger ist im
Prozess mitangeklagt gewesen, ist aber im Jänner 2019 verstorben.
Scharinger habe ihn vor dem Zuschlag angerufen, ob Interesse bestehe
die Villacher Wohnungen, die ESG, zu kaufen. Wann ihn Scharinger
genau angerufen habe wisse er nicht, es sei jedenfalls "vor dem
Zuschlag" gewesen. Dies sei sein einziger Kontakt zu Scharinger
gewesen.
Am Vormittag drehte sich die Verhandlung um den mitangeklagten
Immobilienmakler Ernst Karl Plech, der allerdings seit Mai 2018
krankheitsbedingt nicht mehr im Gerichtssaal erschienen ist. Plech
sei bei der Vorbereitung der Bundeswohnungsprivatisierung als
Beauftragter von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser aufgetreten,
sagte dazu der erste Zeuge des heutigen 147. Verhandlungstages.
Plech habe ihm erklärt, dass er seitens des Finanzministeriums
beauftragt sei, sich mit der Verwertung der
Bundeswohnbaugesellschaften (Buwog, WAG und andere) zu beschäftigen,
sagte Zeuge Wolfgang S.. Plech habe sich als Berater von Grasser
dargestellt. Der Zeuge war zur Zeit der Privatisierung der
Bundeswohnungen 2004 Geschäftsführer der oberösterreichischen WAG
und zeitweise auch Geschäftsführer der Villacher
Eisenbahnerwohnungsgesellschaft ESG.
Der zweite Zeuge, Gerhard S., war damals Geschäftsführer der
Buwog. Er führte aus, dass er einem Verkauf der Buwog skeptisch
gegenüber gestanden sei. "Es ist kein Geheimnis, dass ich damals
nicht der Meinung war, dass das die unbedingt beste Entscheidung ist
aus Sicht des Eigentümers." Wobei zwischen Gerhard S. und Plech, der
damals Aufsichtsratsvorsitzender der Buwog war, auch persönlich
nicht das beste Einvernehmen bestanden habe. S. schrieb
diesbezüglich sogar einen Brief an Grasser, dieser habe ihm aber
nicht geantwortet. Über den ebenfalls angeklagten Lobbyisten Peter
Hochegger und dessen Kontakte zu Grasser sei dann eine
Konfliktlösung gefunden worden.
Der Immobilienmakler Ernst Karl Plech ist im Grasser-Prozess
mitangeklagt, ist aber seit Mai 2018 verhandlungsunfähig und nimmt
nicht mehr an der Hauptverhandlung teil. Plech hat alle
Korruptionsvorwürfe der Anklage zurückgewiesen.
Nun ist rund ein Monat Pause. Am 27. Juli geht der Prozess wieder
weiter.
(Schluss) stf/gru/phs
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