Grasser-Prozess - Zeuge: Plech als Minister-Beauftragter
Treffen in Plechs Büro am Graben zu Brainstorming über
Bundeswohnungsverkauf - Wohnbauprojekte in Kärnten "da war ich
geschockt"
Am 147. Tag im Grasser-Prozess ging es heute
wieder um den Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog und andere). Der
angeklagte Immobilienmakler Ernst Karl Plech sei dabei in
Erscheinung getreten, sagte Zeuge Wolfgang S. in seiner Einvernahme.
Ihm gegenüber wurde Plech als Berater des damaligen Finanzministers
Karl-Heinz Grasser dargestellt.
Der heute einvernommene Zeuge war damals, zur Zeit der
Privatisierung der Bundeswohnungen 2004, Geschäftsführer der
oberösterreichischen WAG und zeitweise auch Geschäftsführer der
Villacher Eisenbahnerwohnungsgesellschaft ESG. Plech sei damals
Aufsichtsratspräsident der WAG gewesen, also sein oberster Aufseher,
sagte er.
Zwei oder drei mal habe er an Treffen in Plechs Maklerbüro am
Wiener Graben teilgenommen, wo auch Vertreter des Finanzministeriums
dabei waren. Von wem er dazu eingeladen worden war, wisse er nicht
mehr. Plech sei als "Berater des Ministers" aufgetreten. Plech habe
erklärt, dass er seitens des Finanzministeriums beauftragt sei, sich
mit der Verwertung der Bundeswohnbaugesellschaften zu beschäftigen.
Es sei dabei um Grundsatzfragen der Planung der Privatisierung
gegangen, sagte der Zeuge, eine Art "Brainstorming". Grasser und der
ebenfalls angeklagte Lobbyist Walter Meischberger seien bei diesen
Treffen nicht dabei gewesen. Das Treffen habe auch nichts mit Plechs
Funktion als WAG-Aufsichtsratspräsident zu tun gehabt.
Plech sei auch in der ersten Vergabekommission gesessen, wo es um
die Auswahl des Investmenthauses ging, das die Privatisierung der
Bundeswohnungen betreuen sollte. Diesbezüglich bestätigte der
heutige Zeuge die Schilderung des im Prozess als Belastungszeugen
auftretenden Michael Ramprecht, der ebenfalls in dieser Kommission
saß. Ramprecht habe durchblicken lassen, dass er Nähe und
unmittelbaren Zugang zum Minister hatte, da er ja auch in Grassers
Kabinett war, so der Zeuge.
Nur einmal habe Ramprecht gesagt, dass er den Minister
informieren müsse, das sei vor dem Zuschlag an das Investmenthaus
Lehman Brothers gewesen. Im Vergabeausschuss sei damals die Mehrheit
für die Beauftragung der CA IB gewesen. Am nächsten Tag habe sich
das Verhältnis genau umgedreht und die Mehrheit sei dann für Lehman
eingetreten, so der Zeuge. Er selber sei damals für die CA IB
gewesen, Lehman sei auch teurer gewesen. Ramprecht hatte in seiner
Zeugenaussage gesagt, er habe die Kommission auf Wunsch des
Ministers umgedreht, damit Lehman den Zuschlag bekomme.
Später habe er dann die Daten für die Due Diligence der
Wohnbaugesellschaften geliefert, sagte der Zeuge. Mit der zweiten
Kommission, wo es dann um den Verkauf der Bundeswohnungen ging, habe
er nichts zu tun gehabt. Sehr wohl sei ihm aber aufgefallen, dass
beim Management der Kärntner Wohnungen in der ESG einiges im Argen
lag, beispielsweise das Rechnungswesen.
Es sei auch zu wenig auf die demografische Entwicklung der
einzelnen Kärntner Gemeinden, insbesondere in den Grenzregionen
geachtet worden. So seien neu gebaute Wohnanlagen schon nach drei
Jahren teilweise leer gestanden - obwohl die Finanzierung auf 49
Jahre ausgelegt war. "Es gab Projekte, da war ich geschockt", so der
Zeuge zu Richterin Marion Hohenecker. So habe man zum Beispiel in
der Grenzregion zu Italien, in Arnoldstein, neue Wohnungen
errichtet. "Auch in Arnoldstein wohnen Menschen", warf die Richterin
- selbst Kärntnerin - ein. Ja, aber die Bevölkerungsentwicklung sei
negativ gewesen, so der Zeuge.
(Schluss) stf/gru/ivn
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