Grasser-Prozess - Zahlungen über Hocheggers Firmen im Fokus
Hocheggers Verwaltungsmitarbeiter im Zeugenstand -
"Marktbericht Bulgarien" ging um Rumänien - Vertrag wurde 2007
auf 2005 datiert
Nicht einmal zwei Stunden lang dauerte heute, am
134. Verhandlungstag im Grasser-Prozess, die Befragung des Zeugen
Günther P. im Wiener Straflandesgericht. Der Zeuge war für den
mitangeklagten früheren PR-Unternehmer und Lobbyisten Peter
Hochegger für die Verwaltung tätig. Er habe sich nur um Formales und
nicht um die Inhalte der Rechnungen und Aufträge gekümmert, stellte
er seine Arbeit dar.
P. machte intern etwa die Verrechnungen der Telekom-Ein- und
Ausgänge über die Hochegger-Gesellschaft Valora AG. Denn die Telekom
Austria hatte über Hochegger eine "Schwarze Kassa" eingerichtet,
nach Angaben der diesbezüglichen Angeklagten eine "externe
Liquiditätsreserve", die von der Telekom gespeist wurde - und über
die jene Zahlungen an Politiker, Interessensgruppen oder sonstiges
Sponsoring liefen, die nicht in der offiziellen Telekom-Buchhaltung
aufscheinen sollten. Der Zeuge hatte dazu eine Datei über Ein- und
Ausgänge von Telekom-Geldern geführt.
Er habe immer nur auf Anweisung Hocheggers gehandelt, wenn er
etwa Rechnungen ausstellte und Buchungen vornahm, sagte der Zeuge.
Selbstständig habe er nichts entschieden. Und überhaupt könne er
sich an die Vorgänge von vor rund 15 Jahren kaum noch erinnern.
Teilweise habe er auch das Recht sich zu entschlagen. Richterin
Marion Hohenecker ging daraufhin mit dem Zeugen seine Aussagen vor
der Polizei durch.
Damals war ihm sein E-Mail-Verkehr mit Walter Meischberger und
Hochegger vorgehalten worden, in dem es um die Rechnung der
Astropolis an die Porr Solutions-Baugesellschaft ging. Die Porr
zahlte 200.000 Euro an die zypriotische Briefkastengesellschaft
Hocheggers, die Astropolis. Das Geld ist laut Anklage Schmiergeld
der Errichter des Linzer Bürohauses Terminal Tower, im Gegenzug habe
der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser die Einmietung der
Linzer Finanzbehörden in den Büroturm genehmigt. Die Angeklagten
weisen den Bestechungsvorwurf zurück.
Offiziell wurde die Rechnung für eine Marktstudie bezahlt, diese
Marktstudie findet sich im Anhang im E-Mail-Verkehr zwischen dem
Zeugen P., Hochegger und Meischberger. Dabei gibt es eine
Auffälligkeit: Die Marktstudie wurde als "Marktbericht Bulgarien"
bezeichnet, obwohl es um Industrieflächen im Raum Bukarest geht -
die Hauptstadt Rumäniens. Er habe sich den Bericht gar nicht
durchgelesen, so der Zeuge. Inhaltlich habe er nichts mit den
Vorgängen hinter der Rechnung zu tun gehabt.
Er verfasste diesbezüglich im Februar 2007 eine E-Mail an
Meischberger und Hochegger. Darin schrieb er, dass er die
Vereinbarung mit Dezember 2005 datiert habe. Laut Anklage wurde dies
getan, um einen längeren Leistungszeitraum vorzutäuschen. Die
Unterschrift von Hochegger habe er eingefügt. Wenn ihm Hochegger
seinen "Sanktus" gebe, werde er die Rechnung an die Porr
verschicken. Diese E-Mail und seine damaligen Aussagen im
Ermittlungsverfahren wurden auch heute von Richterin Hohenecker
thematisiert.
Laut Meischbergers bisheriger Aussagen ging es bei der 200.000
Euro-Rechnung nicht um Schmiergeld, sondern um eine Abrechnung
seiner Gesamtleistungen für die Porr. "Hat Ihnen Meischberger
irgendwann gesagt, dass es sich um eine Gesamtverrechnung seiner
Leistungen gegen die Porr handelte?" wollte die Richterin wissen.
Daran könne er sich nicht erinnern, so der Zeuge. Die 200.000 Euro
wurden von der Porr Solutions an die zypriotische Astropolis
überwiesen und flossen von dort - auf dem Umweg der
Omega-Briefkastengesellschaft - auf drei Konten in Liechtenstein.
Auch die Abwicklung der Buwog-Zahlungen - laut Anklage ebenfalls
Schmiergeld - wurde heute thematisiert. So hatte der mitangeklagte
Christian Thornton, der für die Immofinanz die Zahlungen abwickelte,
dazu ein E-Mail geschickt. Im Jänner 2006 schrieb er an die
E-Mail-Adresse der Valora und schickte den Textentwurf für die
Honorarnote, die Hochegger an die Immofinanz stellen sollte. Für
Vermittlungen in Osteuropa sollte Hochegger ein Honorar von
1,336.562 Euro in Rechnung stellen. Insgesamt zahlte die Immofinanz
9,6 Millionen Euro, ein Prozent der Privatisierungssumme für die
Bundeswohnungen (Buwog u.a.).
Wahrnehmungen einer Beratungstätigkeit Hocheggers für den
Hauptangeklagten Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser habe er keine,
so der Zeuge. Hingegen sei Meischberger öfter in die PR-Agentur
Hocheggers gekommen. Den mitangeklagten Makler Ernst Karl Plech
kenne er gar nicht. Bei den Fragen von Staatsanwalt Hans-Peter
Kronawetter, der heute im Prozess die Anklage vertrat, konnt sich
der Zeuge an die Vorgänge im wesentlichen nicht erinnern.
Meischberger ergriff zum Abschluss des kurzen Prozesstages das
Wort und verwies darauf, dass der gestrige Zeuge Ex-Telekom-Manager
Gernot Schieszler bestätigt habe, dass seine Honorierung als Berater
marktgerecht gewesen sei und im internen Vergleich eher am unteren
Rand der Telekom-Berater angesiedelt gewesen sei. Meischberger
erhielt 14 mal jährlich 10.000 Euro von der Valora, die mit Geldern
der Telekom gespeist wurde, über fünf Jahre waren es insgesamt
824.000 Euro.
Der Prozess wird morgen mit weiteren Zeugeneinvernahmen
fortgesetzt. Da der heutige Zeuge auch zur Buwog und zur Linzer
Causa befragt wird, mussten erstmals im Jahr 2020 wieder alle
Angeklagten zum Prozess kommen. Weil es gestern nur um die
Telekom-Causa ging, war Grasser nicht dabei.
(Schluss) gru/stf/sp
ISIN AT00BUWOG001 AT0000A21KS2
WEB http://www.buwog.at
http://www.immofinanz.com
http://www.rlbooe.at