Flughafen Wien spürt weit und breit nichts von einer Flugscham
Vorjahr brachte 17 Prozent Wachstum, heuer weiterer Anstieg um
drei bis fünf Prozent erwartet - In Spitzenzeiten Slots knapp
- Marktbereinigung kommt, Ticketpreise müssen steigen - GRAFIK
Von Flugscham mag in Medien die Rede sein
während Greta Thunberg öffentlichkeitswirksam mit der Jacht über den
Atlantik segelt. In der realen Welt des Flughafens Wien ist von so
einer Tendenz nichts zu spüren. Im Vorjahr frequentierten 31,7 Mio.
Menschen den Wiener Flughafen, 17,1 Prozent mehr als 2018. Heuer
soll ein weiterer Anstieg um 3 bis 5 Prozent folgen.
Die Zahl der Starts- und Landungen legte im Vorjahr um gut 10
Prozent auf 266.800 zu - damit wurde der Rekord von 2008, vor der
Finanzkrise, wieder erreicht. Einziges Problem des Flughafens sind
in der Spitzenzeit knapp werdende Start- und Landemöglichkeiten,
also Slots. Das werde ab Sommer 2020 wohl "nur noch ein sehr
gebremstes Wachstum" ermöglichen, warben die Flughafen-Vorstände
Julian Jäger und Günther Ofner schon einmal für die genehmigte aber
immer noch umstrittene dritte Piste. Die endgültige Entscheidung
über den Bau der Piste werde in zwei bis drei Jahren nach
betriebswirtschaftlichen Kriterien fallen, wenn alle Vorbereitungen
abgeschlossen sind. Die Politik könne da aber nicht mehr
hineinreden, da das Großprojekt "unanfechtbar und endgültig
genehmigt" sei, und für den Bau keine Steuermittel nötig seien, so
Ofner. Man werde aber nicht den Fehler wie in Berlin machen, wegen
kurzfristigen Schwankungen bei der Nachfrage die Investitionen
umzuplanen. Frühestens 2030 kann die dritte Piste in Betrieb gehen.
Eine dritte Piste hätte auch ökologische Vorteile, etwa weil es
weniger Stau in der Luft gäbe und damit weniger Kerosinverbrauch.
Auch die Lärmbelastung in Wien würde sinken, sagte Ofner. An einen
Rückgang von Flügen glaubt der Flughafen-Vorstand nicht. Wenn man
die Branche ökologischer machen wolle, sollte man den gemeinsamen
Luftraum über Europa verbessern (single sky) - weniger Stau in der
Luft könnte 10-15 Prozent des Flugbenzins Kerosin sparen. Auch
könnte jeder einzelne den eigenen CO2-Verbrauch beim Flug
kompensieren - das werde aber nur "sehr, sehr selten" genutzt,
bedauert Ofner. Der Flughafen Wien will seinen Betrieb bis 2030
CO2-neutral gestalten.
Auch die von der Regierung angekündigte Erhöhung der Ticketsteuer
wird den Flughafen nicht bremsen, da negative Effekte daraus von
anderen Maßnahmen der neuen Regierung "überkompensiert" würden, hält
der Flughafen-Vorstand fest. Dazu gehören die Senkung der
Körperschaftssteuer, der Ausbau der Bahn Richtung Bratislava und der
einheitliche Europäische Luftraum. Alleine die KöSt-Senkung wird den
Flughafen-Gewinn um 8 bis 10 Mio. Euro erhöhen, rechnete Ofner vor.
Der Wegfall des damals zweitgrößten Kunden Air Berlin erwies sich
im Nachhinein als Segen für den Flughafen. Denn dadurch haben einige
Billigflieger Wien als Standort für sich entdeckt. Das hat Wien nun
zu einem der 20 größten Flughäfen Europas werden lassen. Da aber im
harten Wettbewerb praktisch alle Airlines Verluste oder nur sehr
schmale Gewinne einfliegen, sollten sich die Passagiere heuer oder
2021 auf "Konsolidierungen" einzelner Strecken oder des gesamten
Marktes einstellen, sagt Jäger. "Es ist nur die Frage, wann und wie
heftig die Marktbereinigung ausfallen wird". Das heißt im Klartext,
es müsse eine Steigerung der Ticketpreise geben. Das könnte das
Wachstum in Wien wieder dämpfen. Aber selbst wenn es 2021 kein
Passagierwachstum in Wien geben sollte, wäre das für den Flughafen
"keine Katastrophe", so Jäger.
(Schluss) tsk/stf
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