Grasser-Prozess - Zeuge Julius Meinl schließt das 2. Gerichtsjahr ab
Banker: Habe 20 bis 30 Mio. Euro aus der Swarovski-Familie
erwartet - Grasser brachte 500.000 Euro - Befragung nach einer
Stunde zu Ende - BILD
Am letzten Verhandlungstag des heurigen Jahres hatte
Richterin Marion Hohenecker im Grasser-Prozess einen prominenten
Zeugen geladen. Am Vormittag sagte Ex-Bankvorstand Julius Meinl V
zum "Schwiegermutter-Konto" Ferint aus, dazu wurde er via
Videokonferenz ins Wiener Straflandesgericht zugeschaltet. Die
Befragung dauerte knapp eine Stunde, für den Nachmittag ist noch ein
Zeuge vorgesehen.
Meinl erschien pünktlich im Nadelstreif und erinnerte zu Beginn
an den lange zurückliegenden Zeitraum der angeklagten Causa Buwog.
Seine Aussage vor dem Bundeskriminalamt im November 2010 halte er
aufrecht.
Den Erstangeklagten Karl-Heinz Grasser, damals Finanzminister in
der Regierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP), habe er
bei einem Abendessen im Jahr 2002 erstmals getroffen. Später habe
Grasser ihn auf eine mögliche Veranlagung von Geld von Marina
Giori-Lhota angesprochen. Sie stammt aus der Unternehmerfamilie
Swarovski und ist die Mutter von Fiona Pacifico-Griffini, der
Ehefrau von Grasser.
Er, Meinl, habe damals eine Veranlagung von 20 bis 30 Mio. Euro
erwartet. Dies habe in etwa den Vermögensverhältnissen und einer
erstmaligen Einlage entsprochen, um die Bank zu testen. Mit Grasser
selbst habe er beim Konto Ferint nichts zu tun gehabt, das habe
alles sein Vorstandskollege Günter Weiss gemacht. Dieser hatte
gestern ausgesagt, dass er damals, im Jahr 2005, eigentlich für das
Rechnungswesen zuständig und noch nicht Vorstand war, und Grasser
sein einziger Kundenbetreuungsfall gewesen sei.
Um die Betreuung habe ihn Meinl gebeten, hatte Weiss als Zeuge
ausgesagt. Dazu meinte heute Meinl selbst, er habe dies anders
wahrgenommen, die Betreuung durch Weiss habe sich einfach so
ergeben. Er habe lediglich Grasser mit einem Schweizer
Wirtschaftstreuhänder bekanntgemacht, der die Veranlagung dann
abwickeln sollte, genauere Erinnerungen habe er dazu nicht mehr. Auf
mehrmalige Nachfrage der Richterin sagte Meinl aus, er war als
Bankvorstand damals auch für Rechnungswesen zuständig und für
Kundenakquise, aber nicht für Kundenbetreuung.
In weiterer Folge fragte die Richterin den seinerzeitigen
Vorstand der Meinl Bank zu den Banköffnungszeiten, da Grasser die
500.000 Euro zum großen Teil in bar in die Meinl Bank brachte und
außerhalb der Öffnungszeiten einzahlte. Dies sei aber kein
Sonderservice für den damaligen Minister gewesen, sondern falle bei
vielen Banken unter das Kundenservice, sagte Meinl.
Richterin Hohenecker wollte auch wissen, ob Meinl über die
Veranlagung aus der Swarovski-Familie direkt mit Grassers
Schwiegermutter oder seiner Ehefrau gesprochen habe, da er angab,
beide persönlich schon lange zu kennen. Nein, dazu habe er keine
Veranlassung gesehen, denn diese hätten das Thema ihm gegenüber auch
nicht erwähnt.
Im Gerichtssaal waren am heutigen letzten Verhandlungstag vor
Weihnachten von den Angeklagten nur Karl-Heinz Grasser und Walter
Meischberger sowie Peter Hochegger mit ihren Anwälten anwesend.
Anwalt Herbert Eichenseder vertrat den Zeugen Julius Meinl
rechtlich, hatte aber gegen die Fragen der Richterin keine Einwände
und meldete sich auch sonst nicht zu Wort. Da außer der Richterin
niemand sonst den Banker befragen wollte, war die Zeugeneinvernahme
nach einer Stunde bereits zu Ende.
(Schluss) stf/gru/kre
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