Grasser-Prozess - Mit neuer Sitzordnung den Geldflüssen auf der Spur
Grasser: Bin für Banken nun ein rotes Tuch - Schwiegermutter
Grassers und Mutter eines Treuhänders als Wirtschaftlich
Berechtigte des Ferint-Kontos genannt
Zwei Jahre nach Beginn des Grasser-Prozesses hat
heute am 131. Verhandlungstag Richterin Marion Hohenecker einen lang
gehegten Wunsch der meisten Angeklagten und Verteidiger erfüllt -
und trotzdem wenig Begeisterung geerntet. Inhaltlich ging es heute
um das Ferint-Konto bei der Meinl-Bank, wo Grasser das angebliche
"Schwiegermuttergeld" von 500.000 Euro nach Bankschluss und ohne
Beleg einzahlte.
Zum Ende des heutigen Verhandlungstages ergriff Ex-Finanzminister
Karl-Heinz Grasser das Wort und betonte, dass er bei Banken ein gern
gesehener Kunde war - gegenteilige Aussagen eines Zeugen seien ein
Missverständnis. Probleme mit Bankkonten habe er erst seit der
"medialen Vorverurteilung", nunmehr sei er für die Banken ein "rotes
Tuch".
Den Tag begann Richterin Hohenecker mit dem Angebot, die
Angeklagten und Anwälte könnten ihre jetzigen Plätze gegen die
Anklagebank eintauschen, wie sie immer gefordert haben. Denn da
heute einige Angeklagte nicht erscheinen mussten, sei nun genug
Platz auf der Anklagebank. Die Begeisterung hielt sich bei
Verteidigern und Angeklagten in Grenzen, zum Schluss des heutigen
Tages meinte der mitangeklagte Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter
Meischberger, dass die Anklagebank zwar mehr Überblick gewähre, aber
die Bank wohl aus dem 19. Jahrhundert stamme, "als niemand größer
als 1,45 Meter war".
Er hätte daher gerne sowohl die bessere Position im Gerichtssaal,
als auch Sessel und Tisch statt der Anklagebank, so der Angeklagte
zur Richterin. Was wiederum die Schöffen, die sich seit
Prozessbeginn im Dezember 2017 nie zu Wort gemeldet hatten,
veranlasste darauf hinzuweisen, dass sie auch nicht besser sitzen.
Der für heute geladene Zeuge Günter Weiss, ehemals Vorstand bei
der Meinl Bank, wurde rund fünf Stunden zum "Schwiegermuttergeld"
und zum Ferint-Konto gefragt. Er erzählte, wie er große Geldsummen -
einmal 100.000, einmal 330.000 Euro - nach Ende der
Bank-Öffnungszeiten und ohne Beleg von Grasser entgegengenommen
hatte. Dass er dies nicht entsprechend dokumentiert hatte, sei ein
Fehler gewesen, so der Zeuge. Die restlichen 70.000 Euro wurden über
Überweisung von einem Treuhänder einbezahlt.
Dass er das Bargeld von Grasser nochmals gestückelt habe und
statt 100.000 Euro vier mal je 25.000 Euro in bar einzahlte, sei
ebenfalls ein Fehler gewesen. Er habe das deswegen gemacht, damit
die Zahlungen im Radar der Notenbankprüfungen nicht auffallen, sagte
der Zeuge sinngemäß.
Die halbe Million Euro am Ferint-Konto wurde zunächst in
Meinl-Wertpapiere investiert. Im Dezember 2006 habe Grasser dann
angeregt, einen Hypo-Alpe-Adria-Bank-Genusschein zu kaufen. Die
Meinl Bank zeichnete den Genussschein, der ein ertragreiches
Investment war. Grassers Name schien nicht auf. Im Februar 2009 ließ
Grasser dann das um den Ertrag vermehrte Geld, 784.000 Euro, auf das
Konto der Offshore-Gesellschaft Mandarin in Liechtenstein
überweisen.
Grasser habe ihm gesagt, das Geld sei von seiner Schwiegermutter
Marina Giori-Lhota zur Veranlagung gekommen, sagte Weiss. Daher habe
er sich auch nicht gewundert, dass im Jahr 2010, als die
Nationalbank bei einer Meinl-Bank-Prüfung wissen wollte, wer hinter
dem Ferint-Konto stehe, Grassers Schwiegermutter alsWwirtschaftlich
Berechtigte angegeben wurde. Auch die betagte Mutter des am Konto
zeichnungsberechtigten Wirtschaftstreuhänders Heinrich Schwägler,
Irma T., wurde (mit ihrem Mädchennamen) als zweite Wirtschaftlich
Berechtigte angegeben.
Laut Anklage gehörte das Geld nicht der Schwiegermutter, sondern
Grasser selber, der es dann auf dem Konto der Mandarin mit seinem
Anteil aus der Buwog-Provision vermischt habe. Grasser weist das
zurück.
Morgen, Donnerstag, soll der Banker Julius Meinl als Zeuge
aussagen. Er erscheint aber nicht persönlich, er wird via
Videokonferenz aus Prag zugeschaltet.
(Schluss) stf/gru/tsk
ISIN AT00BUWOG001 AT0000809058
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