Grasser-Prozess - Meischberger ortet persönliche Rache bei Zeugen
Zweitangeklagter rechnet mit Belastungszeugen ab: Ramprecht
mit "biblischem Hass", Berner "aus politischen Motiven", Huber
habe offene Rechnungen mit Grasser, Pöchhacker, Plech - BILD
Der Zweitangeklagte im Grasser-Prozess,
Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischbeger, hat heute in einem fast
zweistündigen Vortrag zu bisher im Prozess einvernommenen Zeugen
Stellung genommen. Darin unterstellte er den Belastungszeugen
persönliche Motive für ihre Aussagen. Auch die Staatsanwaltschaft
und die Medien griff Meischberger am 124. Verhandlungstag wieder
frontal an.
Nicht einmal der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) blieb ungeschoren:
Das Höchstgericht hatte jüngst entschieden, dass für die
Buwog-Provision keine Steuerfreiheit nach dem
Bundeswohnungsprivatisierungs-Begleitgesetz vorliege, Meischberger
muss daher Steuer in Millionenhöhe nachzahlen. Mit der Entscheidung
zeigte sich der Angeklagte nicht zufrieden, denn das Gericht habe zu
sehr auf den Willen des Gesetzgebers abgestellt, rügte er die
Verwaltungsrichter.
Dem ehemaligen Kabinettsmitarbeiter des nun Hauptangeklagten
Ex-Finanzministers Karl-Heinz Grasser, Michael Ramprecht, warf
Meischberger "wirre Aussagen" und einen "geradezu biblischen Hass"
vor. Ramprecht hatte ausgesagt, ihm habe der nunmehr mitangeklagte
Ernst Plech nach einem Tennisspiel gesagt, die
Bundeswohnungs-Privatisierung sei ein "abgekartetes Spiel" gewesen.
Ramprecht wisse gar nicht, wer was wann und wo gesagt habe, meinte
Meischberger. Plech habe diese angebliche Aussage seinerseits immer
dementiert. Ramprecht habe persönliche "Rachegelüste" gegen Grasser,
weil dieser seinen Vertrag nicht verlängert habe. Zuvor habe
Ramprecht von Grasser geschwärmt und wäre am liebsten auf dessen
Schoß gesessen, so Meischberger. Grasser sei Ramprechts "Sonne"
gewesen, und er Meischberger war ein "störender Trabant" dazwischen,
bemühte Meischberger einen astronomischen Vergleich.
Der Belastungszeuge Willibald Berner wiederum habe bei seinen
"Falschaussagen" aus Freundschaft zu Ramprecht gehandelt, dem er
beiseite stehen habe wollen. Außerdem habe Berner politische und
berufliche Motive, die damalige schwarz-blaue Regierung schlecht zu
machen, weil Berner als Berater in SPÖ-nahen Kreisen arbeite, so
Meischberger. Berner war Kabinettschef im damals FPÖ-geführten
Verkehrsministerium.
Er sagte aus, der - nun mitangeklagte - Peter Hochegger habe ihm
eine Skizze gezeigt, welche Personen der schwarz-blauen Regierung
bei Projekten mitkassieren wollten. Diese Skizze mit u.a. den Namen
Meischberger, Grasser und dem damaligen Kärntner Landeshauptmann
Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) könne schon deswegen nicht stimmen, weil er,
Meischberger, zu dem Zeitpunkt kein gutes Verhältnis zu Haider
gehabt habe, der ihn sogar aus der FPÖ ausgeschlossen habe.
Hochegger dementierte, diese Skizze gezeichnet zu haben.
Meischberger brachte auch den Lobbyisten Tal Silberstein aus dem
Nationalratswahlkampf 2017 ins Spiel, der von einer
Rechtsanwaltskanzlei eines SPÖ-nahen Anwalts vertreten worden wäre,
in der sich auch Berner aufgehalten habe.
Der frühere Lobbyist und Mitangeklagte Hochegger wiederum habe
mit seinen - belastenden - Aussagen nur seine eigene Haut retten
wollen, sagte Meischberger. Hochegger habe mit Grasser und ihm schon
lange keine freundschaftliche Gesprächsbasis mehr.
Der ehemalige Porr-Vorstand und ÖBB-Chef Martin Huber wiederum
habe mit seiner Aussage drei Fliegen mit einer Klappe erwischen
wollen, denn er habe noch Rechnungen mit Grasser, Plech und dem -
mittlerweile verstorbenen - früheren Porr-Chef Horst Pöchhacker
offen gehabt. Meischberger ortet also auch bei Huber persönliche
Motive für seine Aussage, wonach Plech von Pöchhacker laut dessen
Aussage Geld gefordert habe für die Vermittlung der Finanz als
Mieter des Terminal Towers in Linz. Außerdem wäre das gar nichts
Illegales gewesen, denn Plech sei ja im Immobiliengeschäft tätig
gewesen, meinte Meischberger. Er warf Huber auch falsche
Betriebskostenabrechnungen bei einem früheren gemeinsamen Projekt
mit ihm und Plech vor.
Der Zweitangeklagte richtete erneut schwere Vorwürfe gegen die
Staatsanwaltschaft, die ihn seit über zehn Jahren "verfolge": Die
"Unterstellung eines Tatplans" sei ein "Unsinn", empörte er sich.
Weiters kritisierte er, dass Berner sich seinen Angaben nach vor
seiner Aussage bei der Staatsanwaltschaft mit dem damals
ermittelnden Staatsanwalt im Kaffeehaus getroffen habe. "Was ist das
für ein Staatsanwalt, der sich von einem Zeugen prüfen lässt",
meinte Meischberger. Dass dabei auch noch der
Gerichtssachverständige dabei gewesen sein soll, sei ebenfalls
unerhört.
Meischberger ortete auch bei den Medien eine verhängnisvolle
Rolle für den Prozess. Durch ihre "vorverurteilende
Berichterstattung" hätten sie einen "Anklagedruck" verursacht. Die
Berichte würden die Zeugen beeinflussen und in den Erinnerungen
würden sie aufgrund der langen vergangenen Zeit ihre eigenen
Wahrnehmungen verlieren und wegen des "assoziativen Gedächtnisses"
mit Berichten aus den Medien auffüllen. Es gebe zigtausende
vorverurteilende Medienberichte, daher sei ein fairer Prozess gar
nicht mehr möglich, meinte Meischberger.
Die Hauptverhandlung im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener
Straflandesgerichts wird morgen, Donnerstag, fortgesetzt. Richterin
Hohenecker begibt sich mit Liechtensteiner Bankberatern wieder auf
die Geldspur der Buwog-Provision von 9,6 Mio. Euro.
(Schluss) gru/stf/cri/cs
ISIN AT00BUWOG001 AT0000809058
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