Grasser-Prozess - 120. Tag startete mit dem "Schwiegermuttergeld"
Richterin wunderte sich über Beleg, auf dem wesentliche
Angaben fehlen: "Da steht nicht einmal eine Bank darauf" -
Meischbergers Bankberater ist für drei Tage als Zeuge
anberaumt - BILD
Den 120. Tag im Grasser-Prozess eröffnete heute ein
mitangeklagter Vermögensverwalter, der seit Oktober des Vorjahres
nicht mehr vor Gericht erschienen war. Richterin Marion Hohenecker
nutzte sogleich dessen Anwesenheit zu einer Befragung zum
sogenannten Schwiegermuttergeld, also jenen 500.000 Euro, die der
Erstangeklagte Karl-Heinz Grasser von seiner Schwiegermutter
bekommen haben will.
Konkret ging es um zwei Aktenvermerkte, datiert mit Jänner 2009,
in denen der mitangeklagte Schweizer Vermögensverwalter Norbert
Wicki die Übertragung des Geldes von Grasser retour an die Mutter
seiner Frau notierte, das Geld solle aber zunächst bei Wicki
bleiben. Dabei ist auch von einer vorangegangenen Veranlagung durch
Grasser über die Ferint AG die Rede. In der Hauptverhandlung im
Wiener Straflandesgericht hatte Grasser mehrmals erwähnt, dass das
Geld eine Schenkung seiner Schwiegermutter gewesen sei - aber auch
eine Veranlagung.
Hohenecker fragte mehrmals nach, warum das Geld treuhändisch
verwaltet wurde, wenn es der Schwiegermutter gehörte. Warum brauche
man überhaupt einen Treuhandvertrag mit Grasser? Der Angeklagte
meinte, er habe einen "Titel" für die Geldübertragung benötigt. Des
Weiteren zeigte sich die Richterin erstaunt, dass auf einen Beleg zu
der Transaktion wesentliche Daten fehlen. "Es steht nicht einmal
eine Bank darauf, keine Depotnummer, keine Kundennummer, nichts", so
die Richterin. Wicki gab an, er habe vor Erstellung des zweiten,
handschriftlichen Aktenvermerks mit Grassers Schwiegermutter
gesprochen. Die Richterin hakte nach, von einem Gespräch mit
Grassers Schwiegermutter sei keine Rede in der Aktennotiz, sondern
nur von einem Gespräch mit Grasser.
Der Angeklagte berief sich bei seiner Befragung auf den weit
zurück liegenden Zeitraum und daher teilweise fehlende Erinnerung.
Des Weiteren habe man die Aktennotizen und Belege ja nicht mit dem
Wissen geführt, dass diese einmal in einem Gerichtsverfahren eine
Rolle spielen würden, sie seien also eher ungenau gewesen.
Während Wicki nach langer Zeit heute wieder im Großen
Schwurgerichtssaal erschienen ist, fehlte dieses Mal der
mitangeklagte Lobbyist Peter Hochegger. Es ist aufgrund eines
Reha-Aufenthaltes nach einer Operation entschuldigt.
Nach Wicki ist nun ein weiterer Finanzberater als Zeuge am Wort,
er hat sich als Bankberater bei der Hypo Investmentbank
Liechtenstein um die Geldgeschäfte des mitangeklagten
Grasser-Trauzeugen Walter Meischberger gekümmert. Der Zeuge
Christoph W. war in der bisherigen fast zweijährigen
Verhandlungsdauer oftmals ein Thema, Richterin Hohenecker hat für
seine Befragung drei Tage anberaumt.
Zum Verständnis: Laut Anklage wurde die 9,6 Mio. Euro schwere
Provision aus der Privatisierung der Bundeswohnungen (u.a. Buwog)
zwischen dem damaligen Finanzminister Grasser, Meischberger,
Hochegger und dem ebenfalls angeklagten (aber gesundheitlich
verhinderten) Makler Ernst Karl Plech geteilt. Die Angeklagten
bestreiten das, Meischberger will das Geld nur mit Hochegger geteilt
und den Löwenanteil für sich behalten haben. Er habe das Geld auf
mehrere Konten in Liechtenstein verteilt - die die
Staatsanwaltschaft auch Grasser und Plech zuordnet.
Dass die Provision über die Gesellschaft Omega nach Liechtenstein
geschickt und dafür jedes Mal Gebühren bezahlt wurden, erklärt
Meischberger damit, dass er Diskretion wahren wollte. Deswegen sei
das Geld in Liechtenstein auch kurzfristig bar behoben und gleich
wieder in derselben Bank, der Hypo Investmentbank, eingezahlt worden
- mit diesem "Schnitt" habe man die Verfolgbarkeit des Geldes
unterbunden. Dies sei damals, vor knapp 15 Jahren, üblich gewesen,
so der Zeuge heute. Dies hatten zuvor schon andere Banker bestätigt.
Alleine für diesen "Schnitt" fiel für die Omega-Gesellschaft eine
Provision von fünf Prozent an.
Die Schwiegermutter von Grasser hatte gegenüber den Behörden
angegeben, dass ihr die 500.000 Euro nicht gehörten. Die
Verteidigung von Grasser führte dies darauf zurück, dass die
Befragung für eine ältere, unbescholtene Dame sehr belastend war.
(Schluss) stf/gru/kre
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