Grasser-Prozess - Traumüller verweist auf zentrale Rolle von Haider
Richterin Hohenecker klopft Zeugen nach Widersprüchen ab -
Traumüller sieht damaligen FPÖ-Bautensprecher Neudeck in
wichtiger Funktion, Kritik am U-Ausschuss - BILD
Am 104. Verhandlungstag im Grasser-Prozess hat heute
"Dauergast" Heinrich Traumüller, Ex-Kabinettchef von
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, als Zeuge einmal mehr den
verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) und den
damaligen FPÖ-Bautensprecher Detlev Neudeck als zentrale Figuren bei
der Privatisierung der Buwog präsentiert.
Als klar war, dass Kärnten ein Vorkaufsrecht für einen Teil der
Bundeswohnungen habe, sei die Kontrolle über den Verkauf von Wien
nach Kärnten übergegangen, sagte Traumüller. Zur Erinnerung: Kärnten
hatte ein Vorkaufsrecht für die dortigen Eisenbahnerwohnungen (ESG),
das es rechtlich aber nicht gab, sondern das lediglich von Grasser
zugesagt wurde - und von diesem auch eingehalten werden musste, da
Haider jederzeit die damalige ÖVP/FPÖ/BZÖ-Koalition sprengen hätte
können, versicherte Traumüller heute bei seinem fünften Tag der
Befragung.
Traumüller betonte, dass sich Neudeck sehr aktiv in das
Vergabeverfahren eingemischt habe, so wie er es in seiner über
30-jährigen Beamtenkarriere nie erlebt hatte. So habe er das
"groteske" Begehr vorgebracht, dass er den Kaufvertrag für die
Bundeswohnungen sehe. In Traumüllers Notizen heißt es dazu -
Neudeck: Vertrag vorlegen. Neudeck selbst war bereits als Zeuge
geladen, wo er sich nicht mehr an viel erinnern konnte. Er betonte
damals vor Richterin Marion Hohenecker "keine wesentliche Aufgabe in
der Sache" gehabt zu haben. Während Traumüller sagt, Neudeck sei
hundertprozentig bei der wichtigen Sitzung im Gelben Salon am
Montag, 7. Juni 2004, dabei gewesen, meint Neudeck, er könne sich an
eine Teilnahme nicht erinnern. Bei der Sitzung fiel die Entscheidung
für eine zweite Bieterrunde für die Privatisierung der
Bundeswohnungen, die dann letztlich das Österreich-Konsortium von
Immofinanz und RLB OÖ etc. gewonnen hatte. In der ersten Runde war
die CA Immo deutlich vorne gelegen.
Hohenecker nutzte den fünften Zeugenauftritt von Traumüller, um
Widersprüche in seinen Zeugenaussagen vor Gericht sowie seinen
Ausführungen bei Einvernahmen durch die Ermittlungsbehörden und im
parlamentarischen U-Ausschuss abzuklopfen. So beklagte Traumüller,
der später Chef der Finanzmarktaufsicht (FMA) wurde, dass er erst
sehr spät Akteneinsicht in das Verfahren hatte. Replik der
Richterin: Er hatte schon früher die Gelegenheit dazu, schließlich
wurde er anfänglich als Beschuldigter geführt, wodurch er
Akteneinsicht gehabt habe. Auf die Frage der Richterin, ob die
Privatisierung ein abgekartetes Spiel gewesen sei, antwortete
Traumüller mit Nein.
Mehrmals erklärte Traumüller seine Enttäuschung über den
parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Konfrontiert mit einigen
seiner dort gemachten Aussagen, etwa seinen Antworten auf Fragen des
damaligen Grünen Peter Pilz, meinte Traumüller heute, er habe gegen
Ende der Befragung durch die Parlamentarier nur mehr "abgeblockt, wo
ich nur konnte". Unter diesem Aspekt seien seine dortigen Aussagen
zu sehen. Er habe auch das ihm zugeschickte Protokoll seiner
Einvernahme nicht gelesen. Der U-Ausschuss habe versagt, so der
Zeuge.
Außerdem meinte Traumüller heute, dass es deswegen ein zweites
Bieterverfahren zu den Bundeswohnungen gegeben hat, weil man
aufgrund des großen Preisunterschiedes bei den beiden Bewerbern nach
Potenzial sah. Allerdings: Laut den Vorgaben sollte es nur dann ein
zweites Verfahren geben, wenn die beiden Anbieter eng beieinander
liegen. Außerdem hatten andere Zeugen im Prozess ausgesagt, dass es
mit einer zweiten Runde lediglich um das Heben von Zusatzpotenzial,
etwa durch Zinsabschläge, kommen solle, merkte Hohenecker an.
Weiters habe Traumüller in Vernehmungen gesagt, dass bei der
Präsentation der Angebote bei Grasser dessen damaliger enger
Mitarbeiter Matthias Winkler nicht dabei war. Heute war sich
Traumüller jedoch sicher, dass Winkler anwesend war. Nach dem
Notartermin habe er Grasser alles gesagt, was er selber gewusst
hatte, so Traumüller in einer Einvernahme, die von der Richterin
heute zitiert wurde.
Winkler, einst Kabinettschef von Grasser und dessen guter Freund,
hatte in seiner Zeugenvernehmung im Februar betont, dass er in den
Verkauf der Bundeswohnungen praktisch gar nicht eingebunden war.
Weitere Aussagen von Winkler führten dazu, dass sich zwei Angeklagte
- Hochegger und der Ex-Telekomvorstand Rudolf Fischer - damals
meldeten und in den Zeugenstand traten, um Winkler zu belasten. Er
selbst sei bei ihnen wegen "Sponsoring" vorstellig geworden.
Richterin Hohenecker war zu Mittag mit ihrer Befragung von
Traumüller fertig, nun haben noch die Staatsanwälte, der Vertreter
der beim Buwog-Verkauf unterlegenen CA Immo und die Verteidiger von
Grasser noch ein paar Fragen an Traumüller.
(Schluss) stf/gru/sp
ISIN AT00BUWOG001 AT0000809058
WEB http://www.buwog.at
http://www.immofinanz.com
http://www.rlbooe.at