Erste behält sich in Rumänien Rückzug aus Bauspargeschäft vor
150,8 Millionen-Abschreibung nach rumänischem
Höchstgerichtsurteil verhagelt Rekordgewinn - In Serbien kein
Angebot für Komercijalna banka - GRAFIK
Eine Niederlage vor rumänischen
Höchstrichtern und damit verbunden eine 150,8 Mio. Euro teure
Abschreibung hat die börsennotierte österreichische Erste Group im
Halbjahr um den erhofften Rekordgewinn gebracht. Die Erste-Aktie
verlor heute rund 3 Prozent. Die Bank behält sich vor, sich aus dem
Bauspargeschäft in Rumänien zurückzuziehen.
"Es sollte das beste Ergebnis in der Geschichte werden", sagte
Konzernchef Andreas Treichl bei der Vorlage der Halbjahreszahlen in
Wien. Das wäre es auch geworden, hätte in Rumänien nicht eine
Richterin mit einer "interessanten Interpretation" bestehender
Gesetze geurteilt, befand Treichl.
In dem Streit geht es um die Auszahlung der staatlichen
rumänischen Bausparförderung. Die Erste hatte über die
Bauspartochter ihrer rumänischen Banktochter BCR an unter 18-Jährige
und über 60-Jährige Bausparverträge verkauft, wofür diese auch die
staatliche rumänische Bausparförderung bekamen. Laut Erste stand im
Gesetz nämlich kein Alterslimit. Das Gesetz wurde in der Folge
entsprechend adaptiert und die Erste Group schließlich
höchstgerichtlich verurteilt. Dagegen will die Erste Group
ankämpfen, Klagen vor Europarichtern werden geprüft. Entscheiden
will die Bank eine solche Klage in den nächsten Wochen.
Treichl sprach heute von einer äußerst unerfreulichen Situation
in Rumänien. Die Gruppe hat dort immerhin 400.000
Bausparkassenkunden. Wie man dort weiter arbeite, liege nicht an der
Ersten, sondern an der Politik "und wie sie uns behandelt". Sollte
es an entsprechendem Respekt fehlen, werde man das Bauspargeschäft
in Rumänien schließen, drohte Treichl heute. Was er sehr bedauern
würde. Mit der operativen Entwicklung der Großsparkasse BCR war er
zuletzt sehr glücklich, sagte der österreichische Banker.
Dass vor einem Monat noch Rückstellungserfordernisse von 230 Mio.
Euro erwartet worden waren, wurde heute mit der damals äußerst
kurzfristiger Kalkulation eines Maximalschadens nach dem Urteil aus
Bukarest begründet.
Auf Konzernebene lag im ersten Halbjahr 2019 der Nettogewinn der
Erste Group mit 731,9 Mio. Euro unter Vorjahr (774,3 Mio. Euro). Das
um 11,5 Prozent auf den besten Wert seit fünf Jahren gestiegene
Betriebsergebnis seit fünf Jahren und auch die Ankündigung einer
höheren Dividende für 2019, die heute erstmals mit voraussichtlich
1,50 Euro beziffert wurde, hat den Kurs bis Mittag auch nicht nach
oben getrieben.
Abgesehen vom Wermutstropfen aus der Rumänien-Causa zeigte sich
der Vorstand sehr zufrieden mit den Halbjahreszahlen. Kredite und
Einlagen wachsen deutlich an. Die Kernmärkte im Osten wachsen
kontinuierlich und viel stärker als der Westen. Tschechien etwa habe
beim BIP pro Kopf das Burgenland schon überholt und wird das in
Kürze auch bei Kärnten schaffen. In 15 Jahren werden die Tschechen
wohl auf Österreich-Niveau liegen, schätzt die Erste.
Von einem Angebot für die zur Privatisierung ausgeschriebene
teilstaatliche serbische Komercijalna banka hat die Erste Group
Abstand genommen. In Serbien ist die Erste selber mit einer kleinen
Bank vertreten. Statt um ein paar hundert Millionen wieder ein neues
Filialnetz und unterschiedliche IT-Systeme zuzukaufen, will die
Erste lieber in die digitale Entwicklung und Ausbildung ihrer Leute
vor Ort investieren.
(Schluss) phs/rf
ISIN AT0000652011
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