Konjunktur
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Datum/Zeit: 23.06.2019 10:20 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Eurozone im Juni: Flash-PMI klettert zwar auf 7-Monatshoch,
Wachstum und Geschäftsausblick bleiben jedoch gedämpft
Das Wachstum der Eurozone blieb im Juni zwar
gedämpft, die Steigerungsrate beschleunigte sich
jedoch zum zweiten Mal hintereinander und
erreichte ein 7-Monatshoch. Wachstumsimpulse
lieferte erneut der Servicesektor, während die
Industrieproduktion ein weiteres Mal reduziert
wurde. Gleichzeitig fielen die Geschäftsaussichten
binnen Jahresfrist auf den tiefsten Wert seit Ende
2014, was darauf hindeutet, dass das Wachstum
auch in den nächsten Monaten schwach bleiben
dürfte. Der Inflationsdruck ließ ebenfalls nach.
Der IHS Markit Flash Eurozone Composite Index
Produktion legte gegenüber Mai um 0,3 Punkte
auf 52,1 zu – der höchste Wert seit November
2018. Trotz der im Vergleich zum Vorquartal leicht
beschleunigten Steigerungsrate verzeichnete die
Eurozone damit im zweiten Quartal 2019 das
zweitschwächste Wachstum seit dem vierten
Quartal 2014.
Der Dienstleistungssektor vermeldete das stärkste
Geschäftswachstum seit November letzten Jahres.
Im Gegensatz dazu schrumpfte die Industrie nicht
nur ein weiteres Mal, der fünfte Produktionsrückgang in Folge fiel sogar noch etwas stärker aus als
im Mai. Während die Servicebranche im zweiten
Quartal 2019 so gut abschnitt wie zuletzt im dritten
Quartal 2018, ging die Industrieproduktion so stark
zurück wie seit sechs Jahren nicht mehr.
Beim Auftragseingang verzeichneten die
Unternehmen zwar insgesamt das höchste Plus
seit November 2018, im Vergleich zum Vorjahresmonat fiel der Zuwachs jedoch deutlich schwächer
aus. Die Dienstleister verbuchten mehr
Neuaufträge als zuletzt, die Industrie vermeldete
hingegen einen der stärksten Auftragsrückgänge
seit sechs Jahren. Immerhin fielen die Einbußen
hier jedoch nicht mehr ganz so gravierend aus wie
in den Vormonaten.
Beim Exportneugeschäft beider Sektoren
zusammengenommen schlugen zwar erneut
Verluste zu Buche, das Minus fiel jedoch weniger
stark aus als in den zurückliegenden vier Monaten.
Da das Geschäftswachstum den Auftragszuwachs
übertraf, nahmen die Auftragsbestände zum
sechsten Mal innerhalb der letzten sieben Monate
ab. Die Schrumpfungsrate schwächte sich
allerdings zum dritten Mal in Folge ab, was darauf
hindeutet, dass Kapazitätsüberhänge abgebaut
wurden. Im Servicesektor legten die
Auftragsbestände stärker zu als in den drei
Vormonaten, da die Firmen mit der Abarbeitung der
Neuaufträge nicht hinterherkamen. In der Industrie
sanken die Auftragsbestände hingegen weiter
zügig.
Der Stellenaufbau beschleunigte sich wieder
geringfügig und fiel in etwa so stark aus wie im
bisherigen Jahresdurchschnitt. Im Vergleich zum
Vorjahresmonat hat er sich jedoch abgeschwächt.
Die Dienstleister vermeldeten einen soliden
Jobaufbau, in der Industrie blieb er hingegen
äußerst schwach, was gegenüber dem ersten
Stellenabbau seit 2014 im Mai allerdings eine
Verbesserung darstellt.
Da sich der Ausblick in beiden Sektoren
eingetrübte, fielen die Geschäftsaussichten binnen
Jahresfrist im Juni auch insgesamt so pessimistisch
aus wie zuletzt im Oktober 2014. Zurückzuführen war dies auf die generell verschlechterten
Konjunkturprognosen, die gestiegene Unsicherheit,
geopolitische Spannungen und den verschärften
Wettbewerbsdruck. Vor allem die Hersteller
befürchten, dass die Nachfrage aus dem Ausland
weiter nachlässt und die Handelskonflikte negative
Auswirkungen haben werden.
Der Anstieg der Einkaufspreise schwächte sich
insgesamt auf den niedrigsten Wert seit September
2016 ab, wodurch auch die Anhebung der
Verkaufs- bzw. Angebotspreise für Güter und
Dienstleistungen so verhalten ausfiel wie seit
November 2016 nicht mehr. In der Industrie sorgte
vor allem die weltweit schwache Nachfrage nach
Rohstoffen für den ersten Rückgang der
Einkaufspreise seit drei Jahren.
Dank der Belebung in Industrie und Servicesektor
wuchs Frankreichs Wirtschaft im Juni so stark wie
zuletzt im November 2018. Damit schnitt Frankreich
besser ab als Deutschland, wo die Wachstumsrate
unverändert auf dem 3-Monatshoch von Mai
verharrte. Die deutsche Industrie blieb tief im
rezessiven Bereich, der dortige Servicesektor
florierte hingegen weiter.
Während es in Frankreich und Deutschland im
Vergleich zum Jahresanfang also wieder besser
lief, verzeichneten die übrigen von der Umfrage
erfassten Länder im Durchschnitt das schwächste
Wirtschaftswachstum seit November 2013. Hier
sank der Service-Index auf ein 5,5-Jahrestief, der
Index Industrieproduktion weist erstmals seit sechs
Jahren wieder einen Rückgang aus.
Chris Williamson, Chief Business Economist bei
IHS Markit, kommentiert den aktuellen Eurozone
Flash-EMI:
„Dass sich der PMI von seinen Tiefs zum
Jahresanfang weiter erholt hat, zeigt nicht nur, dass
das Wachstum der Eurozone im Juni weiter an
Dynamik gewonnen hat. Es deutet überdies darauf
hin, dass die Talsohle überwunden sein dürfte.
Allerdings signalisieren die Umfrageergebnisse
auch, dass die Wachstumsrate im zweiten Quartal
2019 mit knapp über 0,2% erneut niedrig ausfiel.
Überdies klafft zwischen den Kernländern und den
Ländern der Peripherie eine immer größere
Wachstumslücke. Während es in Deutschland und
Frankreich angesichts nachlassender Einmaleffekte
(wie den politischen Unruhen in Frankreich) im
Vergleich zum Jahresanfang wieder besser lief,
näherten sich die übrigen Länder laut unseren
aktuellen Daten weiter der Stagnation an.
Hinzu kommt, dass das Wachstum in ziemlich
starkem Ausmaß von der Entwicklung des
Dienstleistungssektors abhängt, der wiederum die
relative Stärke der Binnennachfrage und des
Arbeitsmarkts widerspiegelt. Dagegen steckt die
Industrie weiter tief in der Schrumpfungszone, aus
der sie allem Anschein nach auch nur ganz zaghaft
herauskommt.
Folglich blieben die Zuwächse insgesamt verhalten,
und der sich verschlechternde Geschäftsausblick
deutet an, dass das Wachstumstempo aufgrund der
Unsicherheiten und der Risikoaversion vieler
Unternehmen eher langsam bleiben dürfte. Sorgen
über eine weitere Abkühlung der Konjunktur in den
Binnen- und Exportmärkten sowie steigende
geopolitische Risiken und Handelskonflikte
dominieren nach wie vor die Lage und dämpfen
Ausgabenbereitschaft, Investitionen und
Zuversicht.”
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