Grasser-Prozess - Traumüller sieht die Schlüsselrolle in Kärnten
Zeuge: Vorkaufsrecht und Information über 960 Mio. waren
wichtig - Durch Politik der offenen Tür im Kabinett Grasser
hätten viele Personen wichtige Infos weitergeben können - BILD
Im Grasser-Prozess hat heute der Zeuge Heinrich
Traumüller, zuerst Kabinettsleiter und dann Spitzenbeamter beim
damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser, seine Vermutungen über
eine Manipulation bei der Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog
u.a.) dargelegt: Er sieht die Schlüsselrolle bei der Privatisierung
in Kärnten, das ein Vorkaufsrecht für einen Teil der Wohnungen
hatte.
Wer gewusst habe, ob Kärnten dieses nützt, hatte entscheidende
Insiderinformationen, so Traumüller. Ebenso sei eine wichtige
Information gewesen, dass der Bieter CA Immo 960 Mio. Euro als
Finanzierungslimit nannte. "Das war eine harte Zahl", sagte er. Denn
Faktum sei, dass die CA Immo auch in der zweiten Runde nicht über
960 Mio. geboten hatte. Bekanntlich bot in der zweiten Runde die
Immofinanz/RLB OÖ für die Wohnungen 961 Mio. Euro und gewann damit
knapp vor dem unterlegenen Bieter CA Immo mit 960 Mio. Euro. Dass
die beiden Buwog-Bieter bei einem Kaufpreis von fast einer Milliarde
Euro nur eine Million Euro auseinander lagen, habe er damals nicht
als Auffälligkeit gesehen - schließlich sei das Angebot ziemlich
ausgereizt gewesen. Aber "natürlich" habe man sich darüber Gedanken
gemacht. Frage der Richterin: "Der Herr Mag. Grasser auch?" Antwort
Traumüller: "Nein."
Diese Infos könnten mehrere Personen aus dem Kabinett Grasser
nach Kärnten weitergegeben haben, denn bei den Besprechungen im
Finanzministerium habe eine Politik der "offenen Tür" geherrscht,
mutmaßte Traumüller. Aber auch andere Personen bei der Sitzung am 7.
Juni 2004 mit Verbindung zum damaligen Kärntner Landeshauptmann Jörg
Haider hätten diesen informieren können. Er habe dazu nur "Indizien,
aber keine Beweise", meinte er.
Traumüller spekulierte, dass die Info an Haider über Personen mit
guten Kontakten zu diesem kommen konnte. Er stellte auch mögliche
"Parteienfinanzierung" in den Raum, und es habe sich ja auch ein
FPÖ-Finanzreferent bei der Sitzung am 7. Juni im Raum befunden - was
bisher allerdings andere Zeugen nicht bestätigten. Richterin Marion
Hohenecker fragte dann konkret nach Grasser als möglichen Tippgeber,
einem gebürtigen Kärntner, der seine politische Karriere im
Heimatbundesland unter Haider begann. Traumüller verneinte dies
vehement, bei Grasser könne er das ausschließen. Hingegen nannte er
namentlich andere Personen mit Verbindungen zu Kärnten oder zu
Haider, die er sich als Tippgeber für Haider vorstellen könne.
Zuvor hatte sich Traumüller wortreich über den parlamentarischen
Untersuchungsausschuss entrüstet, vor dem er aussagen musste. Die
Befragung durch Abgeordnete der Volksvertretung sei ein "unwürdiges
Spektakel auf Facebookniveau" gewesen: "Mobbing im Facebook",
empörte sich der Zeuge. "Ich nehme den Ausschuss nicht ernst, der
hat nicht rechtsstaatlich agiert, das war ein reines Tribunal", so
der Zeuge. Der Abgeordnete Peter Pilz habe damals getwittert, "das
erste Geständnis". Falls die Richterin ihn zum U-Ausschuss fragen
wolle, werde er nicht mehr weiter aussagen, das sei ihm
gesundheitlich nicht zumutbar. Hohenecker verwies ihn daraufhin auf
die Rechtslage, wonach sie relevante Fragen zu stellen hat - und der
Zeuge darauf antworten muss. Die Richterin las ihm eine Aussage vor,
wonach er bei der Buwog-Privatisierung nur ein kleiner Beamter
gewesen sei - im Gericht habe er sich aber als "Taktgeber"
dargestellt.
Am Tag nach dem U-Ausschuss, am 27. April 2012, war Traumüller
zur Staatsanwaltschaft gegangen und hatte eine Aussage gemacht -
nach eigenen Angaben von damals stand er da noch unter
Medikamenteneinfluss. Hohenecker fragte extra nach, ob er seine
Aussagen von damals aufrecht halte - was er bejahte.
(Schluss) stf/gru/cri/ln
ISIN AT00BUWOG001 AT0000809058
WEB http://www.buwog.at
http://www.immofinanz.com
http://www.rlbooe.at