Verbund verdoppelt Investitionen - Auch Ausbau der Wasserkraft
Free Cashflow als "Treibstoff" für Investments, Schuldenabbau
- Anzengruber: Mehr Engagement bei PV für Privat- und
Businesskunden geplant - Winter 2019/20 letzte Kohlenutzung in
Mellach - GRAFIK
Der börsennotierte Verbund-Stromkonzern verdoppelt
seine Investitionen für den Drei-Jahres-Zeitraum 2019-21. Rund ein
Drittel der geplanten knapp 2 Mrd. Euro soll dabei in den Ausbau der
Wasserkraft fließen, fast die Hälfte in den Netzausbau, hieß es am
Mittwoch im Bilanzpressegespräch. In den Jahren 2016 bis 2018 hatte
der Verbund insgesamt 1 Mrd. Euro investiert.
In der Wasserkraft nimmt der Verbund Effizienzsteigerungen
bestehender Kraftwerke vor, verfolgt aber auch den Bau neuer
Anlagen. Insgesamt könne aus der Wasserkraft-Projektpipeline ein
Erzeugungsvolumen von zusätzlich 500 Gigawattstunden (GWh)
abgeleitet werden, sagte Generaldirektor Wolfgang Anzengruber: "Ohne
Wasserkraft liegt Österreich bei den Erneuerbaren am Boden", meinte
Anzengruber. In Österreich kämen 50 bis 60 Prozent des Stroms aus
dieser Erzeugungsart.
2018 erzeugte der Verbund 29.518 GWh aus erneuerbaren Energien,
trockenheitsbedingt etwas weniger als 2017 (30.639 GWh). Der
Erzeugungskoeffizient der Laufkraftwerke sank von 0,99 auf 0,94. Die
schlechte Wasserführung im zweiten Halbjahr habe zu "massiven
Einbußen in der Stromerzeugung" geführt, so Anzengruber. Die
Windkrafterzeugung sank auf 834 (952) GWh.
Bis 2021 will der Verbund mehr als 600 Mio. Euro in den
Hydro-Bereich investieren, mehr als 900 Mio. Euro in die Netze. "Wir
können uns das leisten", sagte Finanzvorstand Peter Kollmann unter
Hinweis insbesondere auf den Free Cashflow, der 2018 mit 415 Mio.
Euro etwa auf Vorjahresniveau gelegen ist. Diese "transparente Zahl"
sei der "Treibstoff", der Investitionen, den Abbau von Schulden und
eine Verbesserung der Kapitalstruktur ermögliche. Die Nettoschulden
verringerte der Verbund voriges Jahr weiter auf 2,56 (2,84) Mrd.
Euro - oder etwa das Dreifache des EBITDA -, 2016 hatten sie noch
3,22 Mrd. Euro betragen. In Sachanlagen wurden voriges Jahr 293 Mio.
Euro investiert, nach 231 und 255 Mio. Euro in den beiden Jahren
davor.
Bei den "neuen Erneuerbaren" will der Verbund von den Mengen, die
bis 2030 in Österreich dazukommen, einen Anteil von 20 bis 25
Prozent stellen, kündigte Anzengruber an. Bei Windkraft verfügt man
über 153 Anlagen mit 418 MW Gesamtleistung (davon 44 mit 106 MW in
Österreich, 88 mit 226 MW in Rumänien, die restlichen 21 Anlagen mit
86 MW in Deutschland.
"Noch stärker engagieren" will sich der Konzern laut Anzengruber
bei PV-Strom für Privatkunden. Aktuell gebe es hier 4.500
Photovoltaik-Anlagen mit rund 340.000 m2 Modulfläche und rund 34 MW
(34.000 kWp) installierter Leistung; die Aktivitäten laufen hier
über die 50-Prozent-Tochter Solavolta. Auch bei PV-Strom für
Businesskunden wolle man "stärker tätig werden", kündigte
Anzengruber an, etwa bei Gemeinschaftsanlagen für die Industrie. Die
Möglichkeit von PV-Strom aus nicht agrarisch genutzten
Freiflächenanlagen sollte - inklusive einer Förderung - im geplanten
neuen Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG 2020) einen Niederschlag
finden, wünscht sich der Verbund-Chef.
Die letzte Kohlenutzung des Verbund - im Fernheizkraftwerk
Mellach in der Steiermark (mit 246 MW Leistung) soll mit Ende der
Heizsaison 2019/20 beendet werden, sagte Anzengruber. Derzeit wird
dort Fernwärme für den Großraum Graz erzeugt.
Das Gas-Kombi-Kraftwerk Mellach mit 838 MW Leistung setzt der
Verbund zur Stromnetz-Stabilisierung ein, dafür gibt es auch
finanzielle Abgeltungen. Insgesamt verringerte der Verbund die
Wärmekraft-Erzeugung 2018 um 28 Prozent oder um 615 auf 1.611 GWh.
Dabei produzierte das Gas-Kombi-Kraftwerk durch einen geringeren
Einsatz fürs Engpassmanagement mit 915 GWh um 550 GWh weniger Strom
(-38 Prozent), das Steinkohlekraftwerk mit 696 GWh um 65 GWh weniger
Fernwärme (-14 Prozent).
Mellach wird vom Verbund außerdem zu einem Standort für
Zukunftstechnologien entwickelt. Einerseits werden Großbatterien
speziell für die E-Mobilität getestet, zudem wird direkt beim
Gaskraftwerk ein Hochtemperatur-Elektrolyse-Pilotprojekt mit der TU
Graz zur zukunftsträchtigen Wasserstoff-Technologie verfolgt, wie
Anzengruber sagte.
Der Netzausbau sei für die Versorgungssicherheit notwendig,
betonte der Verbund-Chef. Die Tochter Austrian Power Grid (APG) ist
"der" unabhängige Übertragungsnetzbetreiber in Österreich. Auf
diesen 3.400 km Leitung wurden voriges Jahr 47.149 GWh Strom
transportiert, rund 70 Prozent des heimischen Strombedarfs.
Allerdings setzt gerade die vermehrte Stromerzeugung aus
erneuerbaren Energien das Netz starken Belastungen aus. 2018 musste
die APG an 277 Tagen stabilisierend eingreifen, nach 301 Tage 2017.
Die Redispatch-Mengen seien dabei mit 3,5 (4,6) GWh erheblich
gewesen, so Anzengruber. Auch habe für 3.890 (5.678) Stunden der
Börse-Intraday-Handel wegen drohender Engpässe gestoppt werden
müssen. Es gebe also noch "keine Entwarnung für die Zukunft". Eine
100-prozentige Grünstrom-Versorgung in Österreich werde es ohne
Netzausbau nicht geben. Immerhin werde künftig rund die Hälfte der
Strommenge vom Sommer in den Winter "geschoben" werden müssen, auch
mit Speichern.
Über die kürzlich erfolgte gerichtliche Freigabe für die
380-kV-Salzburgleitung in zweiter Instanz freut sich Anzengruber,
doch gebe es noch eine Einspruchsfrist. Man erhoffe aber für Mitte
2019 die endgültige Freigabe. "Falls wir im Sommer den Baubeschluss
fassen können, könnten wir Ende 2019 mit der Bauvorbereitung
beginnen", sagte Anzengruber. Die Bauzeit werde dann drei Jahre
betragen. Der Verbund-Chef erinnerte daran, dass allein das
Genehmigungsverfahren 77 Monate gedauert hat.
( 0320-19, 88 x 66 mm)
(Schluss/folgt Zus.) sp/itz
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