Konjunktur
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Datum/Zeit: 23.02.2019 17:27 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Deutsche Wirtschaft im Februar: Aufschwung im Servicesektor
kaschiert beschleunigte Talfahrt in der Industrie
Die deutsche Wirtschaft war im Februar dank des
beschleunigten Geschäftswachstums im Servicesektor leicht im Aufwind. In der exportlastigen
Industrie verschärfte sich die Krise hingegen
aufgrund des stärksten Rückgangs der Auslandsaufträge seit über sechs Jahren.
Der Jobaufbau
blieb indes solide, während sich der Inflationsdruck
auf breiter Front abschwächte.
Der IHS Markit Flash Deutschland Composite
Index Produktion kletterte gegenüber Januar um
0,6 Punkte auf 52,7 und erreichte damit den
höchsten Wert seit letztem Oktober. Dessen
ungeachtet signalisiert die Vorabschätzung eine der
niedrigsten Wachstumsraten seit fünfeinhalb
Jahren.
Während die Geschäfte im Servicesektor besser
liefen als in den vier Vormonaten, wurde die
Industrieproduktion erstmals seit April 2013 und so
stark zurückgefahren wie zuletzt vor über sechs
Jahren.
Der IHS Markit Flash PMI für die Industrie sackte
mit 47,6 Punkten auf den tiefsten Wert seit 74
Monaten. Mit dazu beigetragen hat nicht nur die
rückläufige Produktion, sondern auch das
Auftragsminus, der Abbau der Vormateriallager und
die erstmals seit knapp drei Jahren wieder
verkürzten Lieferzeiten.
Der Gesamt-Auftragseingang wies zum zweiten
Mal hintereinander ein moderates Minus aus.
Schwach blieb die Nachfrage vor allem in der
Industrie, wo wegen hoher Exportorderverluste die
stärksten Auftragseinbußen seit sechseinhalb
Jahren zu Buche schlugen. Rückläufig war die
Nachfrage laut Umfrageteilnehmern nicht nur
seitens des Automobilsektors, sondern auch aus
Asien (insbesondere aus China), was oft mit den
angespannten Handelsbeziehungen und dem
zunehmenden Wettbewerbsdruck in Verbindung
gebracht wurde.
Die Auftragsbestände nahmen insgesamt nur
noch minimal und weniger zügig ab als in den drei
Vormonaten. Bei den Dienstleistern stapelten sich
die unerledigten Aufträge erstmals seit drei
Monaten wieder, während die Auftragsbestände in
der Industrie mit beschleunigter Rate abnahmen.
Ungeachtet des nachlassenden Kapazitätsdrucks in
der Industrie wurde die Beschäftigung hier wie auch im Servicesektor ein weiteres Mal aufgebaut.
Insgesamt fiel der Jobaufbau stärker aus als in den
drei Vormonaten, angeführt vom Servicesektor.
Ausschließlich dem verbesserten Ausblick der
Dienstleister war es zu verdanken, dass die
Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist im
Februar insgesamt wieder optimistischer ausfielen
als in den vier Vormonaten. Die Hersteller blieben
jedoch pessimistisch, hier sanken die Erwartungen
sogar auf den tiefsten Wert seit über sechs Jahren.
Der Preisdruck ließ hingegen auf breiter Front
nach. In der Industrie wurden die Verkaufspreise
mit der niedrigsten Rate seit 19 Monaten, im
Servicesektor mit der niedrigsten Rate seit
November 2016 angehoben.
Gleichzeitig fiel der Anstieg der Einkaufspreise so
schwach aus wie zuletzt vor über anderthalb
Jahren, wenngleich der entsprechende Index
aktuell noch immer über seinem Langzeit-Durchschnittswert notiert.
Ausschlaggebend für den
verringerten Kostenauftrieb war nicht zuletzt die
rückläufige Nachfrage nach Einstandsmaterialien in
der Industrie. Bei einigen Unternehmen trieb vor
allem der Lohndruck die Kosten in die Höhe.
Phil Smith, Principal Economist bei IHS Markit und
Autor des Flash-PMI, kommentiert:
„In Deutschland blieben Industrie und Servicesektor
im Februar laut unserer Vorabschätzung auf
vollkommen gegensätzlichem Kurs. Während die
Dienstleister von der kräftigen Binnennachfrage
profitierten, belasteten die rückläufigen Exporte die
Industrie abermals enorm. Insgesamt deuten
unsere Daten auf ein äußerst verhaltenes
Wirtschaftswachstum hin.
Mit dem niedrigsten Wert seit über sechs Jahren
notiert der Industrie-PMI noch tiefer im negativen
Bereich als zuletzt. Der einzige Lichtblick war der
anhaltend kräftige Stellenaufbau – was angesichts
des Auftragseingangs und dem mangelnden
Kapazitätsdruck schon eine dicke Überraschung ist.
Es scheint fast so, als sähen die Unternehmen des
produzierenden Gewerbes einfach über die aktuelle
Nachfragedelle hinweg.
Was die Ursachen der Abkühlung in der Industrie
angeht, fokussiert sich alles auf die üblichen
Verdächtigen: die Unsicherheit im Hinblick auf die
angespannten Handelsbeziehungen zwischen den
USA und China sowie die Schwäche des
Automobilsektors. Hinzu gekommen ist jetzt allerdings noch der verschärfte Wettbewerbsdruck
innerhalb Europas.”
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