Konjunktur
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Datum/Zeit: 15.12.2018 16:22 Quelle: Konjunktur - Presseaussendung |
Schwächstes Wirtschaftswachstum der Eurozone im Dezember seit
vier Jahren
Die Eurozone verzeichnete im Dezember das
schwächste Wirtschaftswachstum seit über vier
Jahren. Der Auftragseingang stagnierte nahezu,
der Jobaufbau verlangsamte sich auf ein ZweiJahrestief
und der Ausblick trübte sich weiter ein.
Verschärft wurde die Konjunkturschwäche von den
Protesten in Frankreich und der anhaltenden
Nachfragezurückhaltung im Automobilsektor. Der
Preisanstieg verlangsamte sich hingegen leicht.
Der IHS Markit Flash Eurozone Composite Index
Produktion sank binnen Monatsfrist um 1,4 Punkte
auf 51,3 – der niedrigste Wert seit November 2014.
Die aktuelle Vorabschätzung beruht auf rund 85%
der regulären Umfragerückmeldungen.
Zurückzuführen war die Wachstumsschwäche auf
das niedrigste Auftragsplus Dezember 2014 – was
annähernde Stagnation bedeutet. Das dritte Minus
beim Exportneugeschäft in Folge (inklusive des
Handels innerhalb der Eurozone-Länder) fiel
überdies so hoch aus wie nie seit Beginn der
Erhebung dieser Daten vor über vier Jahren.
Folglich konzentrierten sich die Unternehmen
verstärkt auf die Abarbeitung der Auftragsbestände,
die erstmals seit knapp vier Jahren wieder
abnahmen.
Wegen des nur noch hauchdünnen Auftragszuwachses
sank auch die Einstellungsbereitschaft
der Firmen, was den schwächsten Stellenaufbau
seit zwei Jahren nach sich zog.
Besonders ausgeprägt war die Wachstumsschwäche
in der Industrie, wo die Produktion trotz
leichter Beschleunigung mit der zweitniedrigsten
Rate seit vier Jahren ausgeweitet wurde. Da die
dritten Auftragseinbußen in Folge überdies so stark
ausfielen wie zuletzt vor vier Jahren und die
Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist auf den
tiefsten Wert seit sechs Jahren sanken, deutet
einiges darauf hin, dass sich das Produktionswachstum
weiter verlangsamen dürfte.
Zu einer deutlichen Abkühlung kam es diesmal im
Servicesektor, der das schwächste Geschäftswachstum
seit November 2014 vermeldete. Im
Vergleich zur Industrie schnitt er jedoch abermals
etwas besser ab. Die Indizes für Auftragseingang
und Geschäftsaussichten sanken hier jedoch
jeweils auf Vier-Jahrestiefs.
Wie die Dezember-Umfrage weiter ergab, stieg die
Besorgnis hinsichtlich globaler Handelsstreitigkeiten,
der weiteren Konjunkturentwicklung, der
zunehmenden politischen Unsicherheit, des Brexits
und erschwerter Finanzierungsbedingungen.
Besonders enttäuschend verliefen Absatz und
Produktion im Automobilsektor.
In Frankreich schadeten die Proteste der
„Gelbwesten“ den Unternehmen und der Reisebranche
in ganz erheblichem Ausmaß und trugen
nicht nur zur Nachfrageschwäche bei, sie waren
auch für die ersten Wachstumseinbußen seit
zweieinhalb Jahren verantwortlich. In der Industrie
sank die Produktion, und die Dienstleister
vermeldeten rückläufige Geschäfte.
Die deutsche Wirtschaft wuchs im Dezember so
langsam wie zuletzt vor vier Jahren. Hier schnitt der
Servicesektor abermals etwas besser ab als die
Industrie, wenngleich sich die Produktionssteigerungsrate in der Industrie wegen der
verstärkten Abarbeitung der Auftragsbestände
leicht beschleunigte. Das dritte Auftragsminus in
Folge fiel allerdings so hoch aus wie zuletzt vor
über vier Jahren.
In den übrigen von der Umfrage erfassten Ländern
fiel das Wirtschaftswachstum erstmals seit Mai
wieder etwas stärker aus als im Eurozone-Durchschnitt.
Die Rate sank allerdings auf den
tiefsten Wert seit über fünf Jahren.
Die Einkaufspreise legten indes mit der niedrigsten
Rate seit April zu. Zur Entspannung trugen nicht
nur die Verbilligung von Öl und anderer Rohstoffe
bei, sondern auch, dass sich die Lieferzeiten im
geringsten Ausmaß seit knapp zwei Jahren
verlängerten – allerdings nicht in Frankreich.
Die Verkaufspreise wurden mit der niedrigsten Rate
seit September 2017 angehoben. In Deutschland
wurden sie allerdings deutlich stärker erhöht als in
Frankreich und in den übrigen von der Umfrage
erfassten Ländern.
Chris Williamson, Chief Business Economist bei
IHS Markit, kommentiert den aktuellen Eurozone
Flash-EMI:
„Das schwächste Wirtschaftswachstum seit vier
Jahren beschert der Eurozone ein enttäuschendes
Jahresende. Ein Großteil geht zwar auf das Konto
der Proteste der „Gelbwesten“ in Frankreich, die
der Konjunktur und der Reisebranche gleichermaßen
schadeten. Allerdings verdichten sich die
Hinweise, dass die Wachstumsschwäche mittlerweile
die gesamte Eurozone erfasst hat.
Zu schaffen macht den Unternehmen nicht nur das
globale wirtschaftliche und politische Klima –
Handelsstreitigkeiten und der Brexit erhöhten die
Spannungen auf politischer Ebene innerhalb der
Eurozone zusätzlich. Überdies hat der angeschlagene
Automobilsektor der wirtschaftlichen
Entwicklung geschadet.
Während das BIP-Wachstum im gesamten vierten
Quartal 2018 bei nahezu 0,3% liegen dürfte, hat es
sich im Dezember laut unserer Umfragedaten auf
0,1% verlangsamt. Dass Frühindikatoren wie
Auftragseingang und Geschäftserwartungen
allerdings nach wie vor im Keller sind, deutet auf
eine stockende Nachfrage hin – was den
kurzfristigen Ausblick zusätzlich belastet.
Wie die Umfrage weiter ergab, sorgte der
niedrigere Ölpreis für einen abgeschwächten
Anstieg der Verkaufspreise, wenngleich die
Preisentwicklung auf Länderebene deutlich
auseinander klafft: Deutschland vermeldet erneut
kräftige Steigerungsraten, nicht zuletzt infolge von
Lohnerhöhungen.”
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