Für Durchbruch der E-Mobilität in Österreich noch viel zu tun
Klima-Sektionschef urgiert Trendwende: Emissionen im
Verkehrssektor stiegen in den letzten Jahren sogar noch -
Selbst mit nur noch abgaslosen Neuwagen würde CO2-Senkungsziel
2030 verfehlt
Um der Elektro-Mobilität im Verkehr in Österreich
zum Durchbruch zu verhelfen - wie für das Erreichen der
EU-Klimaziele nötig -, ist noch viel zu tun. Obwohl der CO2-Ausstoß
gerade im Autoverkehr stark gesenkt werden müsste, ist er zuletzt
sogar gestiegen. Selbst wenn alle Neufahrzeuge abgaslos wären, ließe
sich die bis 2030 geplante Reduzierung nur halb erreichen, sagten
Experten am Mittwoch.
Damit Österreich im Jahr 2030 wie geplant um 36 Prozent weniger
Treibhausgase emittiert als 2005, müsste dieser Ausstoß um 14,2 Mio.
Tonnen CO2-Äquivalent jährlich gesenkt werden, davon allein um 7,2
Mio. t im Verkehr, sagte der für Klima zuständige Sektionschef des
Nachhaltigkeitsministeriums, Jürgen Schneider, in einer
Verbund-Debatte.
Dabei habe Österreich in den vergangenen 25 Jahren eine Zunahme
der Emissionen im Verkehr um mehr als zwei Drittel verzeichnet.
Wolle man nun in elf Jahren um knapp ein Drittel reduzieren, gehe es
um eine Trendumkehr, "nicht um kleine Schrauben", an denen man
drehen müsse: "Ohne eine massive Elektrifizierung in der Mobilität
geht das nicht."
Das erfordere eine "Schwerpunktverlagerung" auf emissionsarme
Fahrzeuge, nicht nur bei Pkw, sondern auch bei Nutzfahrzeugen,
meinte Sektionschef Christian Weissenburger vom Verkehrsministerium.
Doch selbst wenn nur noch emissionslose Autos neu zugelassen würden,
lasse sich bis dahin nicht einmal die Hälfte des Senkungsziels von
7,2 Mio. t erreichen. Es gehe auch um Vermeidung von
Lkw-Leerfahrten, Raumordnungsmaßnahmen gegen eine weitere
mobilitätsfördernde Zersiedelung, mehr Teleworking, die Verlagerung
von der Straße auf die Schiene, Förderung des Öffentlichen Verkehrs
sowie das Absolvieren von mehr Wegen per Fahrrad oder zu Fuß. Bund,
Länder, Kommunen und Industrie müssten an einem Strang ziehen. "Wir
können die Ziele erreichen, es ist aber noch ein weiter Weg zu
gehen", meinte der Sektionschef aus dem Ressort von Minister Norbert
Hofer (FPÖ).
Allein eine Reduktion um 1,7 bis 2 Mio. t jährlich lasse sich im
Verkehr durch Biotreibstoffe erzielen, sagte Schneider, Sektionschef
im Ressort von Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Insgesamt sei
der Verkehr in Österreich für 46 Prozent der Treibhausgasemissionen
verantwortlich. Wolle man die 36-Prozent-Reduktion bis 2030
gegenüber 2005 erreichen, müsse man hier wirklich "reingreifen",
"ohne Mobilitätswende geht das nicht". Erschwert worden sei die
Situation dadurch, dass 2016/17 die THG-Emission wegen des billigen
Sprits sogar noch angestiegen seien - und Einsparungen nur auf dem
Papier existierten: "Die Autoindustrie war sehr kreativ beim Finden
von Schlupflöchern. Autos wurden nicht wirklich besser bei den
Abgasen."
Hinsichtlich der Gesamteffizienz schneide beim Vergleich der
Treibstoffe ein reines Elektro-Auto (direct charging) mit 73 Prozent
am besten ab, bei einem Wasserstoff-Antrieb mit Brennstoffzelle
seien es 22 Prozent und bei Power to Liquid (E-Fuels mit
erneuerbarem Strom zu Wasserstoff und dann via
Fischer-Tropsch-Synthese zum synthetischen Kraftstoff) nur 13
Prozent. EU-Initiativen für einen sauberen Verkehr seien im Laufen,
sagte Schneider, der früher im Umweltbundesamt tätig war.
Verbund-Vorstandschef Wolfgang Anzengruber meinte, die
klimapolitische Herausforderung sei so groß, dass man nicht ohne
eine Sektorkopplung, also ein gemeinsames Vorgehen in den Bereichen
Strom, Verkehr und Wärme, auskommen werde. Das Thema habe für den
Verbund-Stromkonzern einen hohen Stellenwert, deshalb arbeite man
schon seit Jahren an der E-Mobilität. Dazu erinnerte Anzengruber an
die von Verbund und Siemens gegründete
Smatrics-E-Mobilitäts-Kooperation, der später auch die OMV
beigetreten ist - und daran, dass der Verbund seinen Strom zu mehr
als 95 Prozent erneuerbar erzeugt. Im Bereich E-Mobilität habe man
bereits mehr als 10.000 Kunden, die mit der Karte Strom tanken
könnten.
Die E-Mobilität müsse für die Bevölkerung attraktiv sein, so
Schneider - der auch die Förderung für Elektroautos verteidigte,
aber nur als Anschub für den Anfang. Gemeinsam mit der
Fahrzeugindustrie wolle man die E-Mobilität von einem Nischen- zu
einem Mainstream-Thema machen. Für eine Förderung auch von
Busflotten sei man in einer Diskussion, auch da wolle man "kein
Dauer-Gießkannen-System", betonte der Sektionschef aus dem
Köstinger-Ministerium. Sein Kollege Weissenburger aus dem
Verkehrsressort sieht bei den Flotten "eher ein Angebotsproblem,
weil die Industrie mit den Angeboten nachhinkt".
Anzengruber berichtete, dass ein großer privater heimischer
Busunternehmer, mit dem er kürzlich gesprochen habe, gerade an einer
großen E-Initiative arbeite. Und auch er sieht es als Notwendigkeit
an, für das Thema E-Auto vor allem die Konsumenten, also die
Autokunden, zu gewinnen: "Der Wurm muss dem Fisch schmecken und
nicht dem Angler", so der Verbund-Chef: "Ich fahre seit fünf Jahren
privat elektrisch, und ich würde nicht mehr zurückgehen."
(Schluss) sp/pro
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