Baukartell - Aussagen eines wichtigen Zeugen lassen tief blicken
"Kurier": Belastet Tiefbaubranche schwer
Staatsanwaltschaft und Bundeswettbewerbsbehörde
haben seit dem Vorjahr ein mutmaßliches Baukartell wegen des
Verdachts auf verbotene Preisabsprachen bei öffentlichen Aufträgen
im Visier. Bisher besteht bei insgesamt 350 Vergabeverfahren in den
Jahren 2006 bis 2017 der Verdacht auf verbotene Absprachen. Aussagen
eines "Kronzeugen" von der Kärntner Baufirma Kostmann lassen dabei
tief blicken.
Der "Kurier" (Samstagsausgabe) zitiert den wichtigen Zeugen.
Dieser belastet die Tiefbaubranche schwer. Demnach sollen Firmen,
die Aufträge nicht erhielten, weil ihre Angebote zu teuer waren, von
jenen Unternehmen entschädigt worden sein, die die Aufträge
erhielten. Die Ausgleichszahlungen - bei einem konkreten Auftrag in
Höhe von 5,2 Mio. Euro etwa von 8,05 Prozent - nennt man laut dem
Zeugen in der Baubranche "Vorkosten".
In der Straßenbaubranche sollen laut "Kurier" mit Verweis auf den
Zeugen zwei Absprachevarianten ausgetüftelt worden sein. Der
"Kampfschutz" und der "Vollschutz". Beim "Kampfschutz" soll sich
eine kleine Gruppe von vier bis fünf Baufirmen abgesprochen und sich
gegenseitig die Angebote im Voraus offengelegt haben. Der
Billigstbieter kam dann zum Zug, weil die anderen Mitbewerber
entweder höhere Angebote oder gar keine legten. In diesem Fall
bestand aber das Restrisiko, dass ein Mitbewerber (außerhalb der
Kampfschutz-Gruppe) mit einem niedrigeren Angebot doch zum Zug kam.
Beim "Vollschutz" sollen "möglichst alle relevanten Mitbewerber"
eingebunden worden sein. So soll bei Besprechungen fixiert worden
sein, "welche Unternehmen an welche ihnen näher bekannten Mitbieter
herantreten und Vereinbarungen für eine Zurückstehung, sprich einen
Angebotsverzicht, treffen sollten". "Einen Unterschied zwischen dem
Zurückstehen oder dem Legen eines höheren Angebots gibt es nicht",
sagte der Zeuge laut Zeitung. "Die Vereinbarungen haben gegolten,
unabhängig davon, ob sie ein Angebot gelegt haben oder nicht."
So dürften Aufträge gesichert worden sein. Der gewinnende Bieter
stand mit diesen "Vorkosten" dann bei den "Unterlegenen" in der
Schuld. Am Ende wurden die Beträge mit Forderungen aus anderen
mutmaßlich manipulierten Auftragsgewinnen gegenverrechnet; oder
durch Subaufträge bzw. einem Abtausch von Projekten ausgeglichen,
heißt es im Zeitungsbericht.
Es bestehe in Österreich vermutlich "ein langjähriges, fest im
Wirtschaftsleben verankertes System von wettbewerbsbeschränkenden
Absprachen bei Vergabeverfahren vorwiegend im Bereich des Tief- und
Straßenbaus, an dem überwiegend marktführende österreichische
Bauunternehmen beteiligt", hieß es zuletzt von der Wirtschafts- und
Korruptionsstaatsanwaltschaft. Es soll um betroffene Aufträge in der
Höhe von mehr als 100 Mio. Euro gehen. Strabag und Porr haben
bereits bestätigt, dass bei ihnen Hausdurchsuchungen durchgeführt
wurden. Die beiden Konzerne versicherten stets, zur Aufklärung voll
beizutragen.
(Schluss) phs/hac
ISIN AT0000609607 AT000000STR1
WEB http://www.porr-group.com
http://www.strabag.com