Grasser-Prozess - Meischberger traf Grasser kurz vor Buwog-Entscheid
Fünfter Tag der Befragung von Meischberger durch Richterin -
Auch Aktieninvestments in Meinl-Power-International und
Steuer-Selbstanzeige im Fokus
Am 34. Verhandlungstag im Korruptionsprozess
gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere
drehte sich die Einvernahme des Zweitangeklagten Walter Meischberger
durch Richterin Marion Hohenecker um Treffen mit Grasser,
Aktieninvestments in die Meinl-Power-International und seine
Steuer-Selbstanzeige.
Meischberger hatte den 15. Juni 2004, als im Ministerrat die
Vergabe der Buwog beschlossen wurde, in seinem Terminkalender als
"der Tag der Tage" eingezeichnet. Tags zuvor hatte er sich um 8.15
Uhr früh mit Grasser getroffen.
Durch die Vergabe der Bundeswohnungen (Buwog u.a.) an das
Österreich-Konsortium um Immofinanz, RLB OÖ und andere wurde für
Meischberger eine Millionenprovision fällig. Laut Anklage wurde das
Geld als Schmiergeld für Grasser gezahlt, im Austausch gegen den
Gewinn im Vergabeverfahren. Richterin Hohenecker hakte nach, warum
Meischberger damals genau gewusst habe, dass an diesem Tag die
Buwog-Entscheidung falle. Der Ministerrat sei immer am Dienstag
gewesen, so Meischberger, der laut seinen Kalendereinträgen recht
genau um den Zeitplan der Privatisierung Bescheid gewusst hatte. So
hatte er für den 4. Juni 2004 eingetragen - 11.30 Uhr Abgabe
Angebote, 15.30 Uhr Öffnung der Angebote.
Woher er das so genau gewusst habe, wollte die Richterin wissen.
Vielleicht habe er das von Peter Hochegger erfahren, meinte
Meischberger. Hochegger hatte hingegen in seiner Einvernahme gesagt,
er habe betreffend der Buwog-Privatisierung alles von Meischberger
erfahren.
Die Richterin hielt Meischberger noch weitere Termine aus den
Jahren 2004, 2005 und 2006 mit Grasser vor. Sie zitierte auch aus
dem Terminkalender von Grasser. Zu den meisten Treffen hatte
Meischberger "keine Erinnerung".
Hohenecker befragte Meischberger auch zu Investments in Aktien
der Meinl-Power-International (MIP). Der Kauf von MIP-Aktien sei ein
"solidarischer Akt gegenüber einem Freund" gewesen, nachdem sein
langjähriger Freund Grasser als Miteigentümer und Vorstand der MIP
aktiv war, sagte der Ex-Lobbyist.
Meischberger investierte nach eigenen Angaben rund 2 Mio. Euro in
MIP-Aktien, davon ein Investment in Höhe von 500.000 Euro in Aktien
über seinen Vermögensberater Nobert Wicki. Die Vorgehensweise mit
der Briefkastengesellschaft Mandarin in Belize und dem Kreditvertrag
in Höhe von 500.000 Euro inklusive Verzinsung von 3,5 Prozent könne
"nur die Idee vom Herrn Wicki gewesen sein", verteidigte
Meischberger die Vorgehensweise. Ziel sei es gewesen, MIP-Aktien zu
"einem idealen Zeitpunkt zu kaufen". Wicki sei der Vermögensberater
der Swarovski-Familie gewesen, und Grasser habe ihn ihm empfohlen.
Jahre nach der Privatisierung wurde die Millionenprovision Thema
strafrechtlicher Ermittlungen und auch medial bekannt: Mitte
September 2009 meldete sich ein Journalist beim damaligen Lobbyisten
Peter Hochegger wegen der Buwog-Provision. Hochegger informierte
Meischberger umgehend per SMS über die Kontaktaufnahme. Meischberger
informierte Ernst Karl Plech und auch Grasser. Als Grund, warum er
Grasser informiert habe, gab Meischberger an, der ehemalige
Finanzminister hätte ihm die besten Steuerrechtsanwälte empfehlen
können. Bei der Gelegenheit habe er Grasser auch erstmals von der
Millionenprovision informiert - "denn er hat ja bisher nix davon
gewusst".
Er habe "die Brisanz hinter der Recherche erkannt", sagte
Meischberger zur Richterin. Hochegger habe ihm angekündigt wegen der
Buwog-Provision eine Steuer-Selbstanzeige zu machen, aber nicht die
komplette Summe von 9,6 Mio. Euro auf seine Kappe zu nehmen. Die
Vertrauensbasis mit seinem ehemaligen Geschäftspartner war damals
"eingeschränkt". Schließlich habe man bei einem Treffen mit
Hochegger im Büro des Anwalts Gabriel Lansky "die Selbstanzeigen
inhaltlich übereinstimmend geprüft" und am nächsten Tag, dem 18.
September 2009 Steuer-Selbstanzeige erstattet. Am 23. September
berichtete dann ein Nachrichtenmagazin über die Selbstanzeige, die
mediale Berichterstattung über die Causa nahm Fahrt auf.
Meischberger zeigte sich heute deutlich empört und gekränkt, dass
Hochegger nicht die gesamte Millionenprovision auf sich genommen
habe. Hochegger hatte von der Provision selber rund zwei Millionen
Euro bekommen, Meischberger selber allerdings nach eigenen Angaben
den Rest, nämlich rund 7,688 Mio. Euro. In einem Gespräch habe
Hochegger bzw. seine Berater von ihm eine "unerfüllbare"
Bankgarantie über 10 bis 15 Millionen Euro gefordert, wenn er alles
auf sich nehmen solle. Meischberger begründete heute auch seine
damalige Angst, dass sein Name publik werde: Diese habe sich aber
weniger auf drohende strafrechtliche Ermittlungen bezogen, "denn ich
hatte strafrechtlich ein reines Gewissen", sondern er habe Angst vor
einem politischen Skandal um Grasser gehabt. Wegen seiner Nähe zu
Grasser hätten die Medien sich sofort auf den ehemaligen Minister
konzentriert - obwohl dieser ja nichts damit zu tun gehabt habe, wie
Meischberger auch jetzt wieder betonte. Meischberger beschuldigte
auch Anwalt Lansky, ein "SPÖ-Mann und Freimaurer", er hätte ein
Interesse an einer "Jagd auf Grasser" gehabt.
Obwohl Grasser ihm einen Anwalt empfohlen hatte, habe dieser beim
ersten Gespräch abgewunken und ihm einen Kollegen empfohlen -
nämlich Gerald Toifl, der im Prozess mit auf der Anklagebank sitzt.
Toifl sei ein Finanzrechtsexperte und könne ihn besser vertreten,
habe der Anwalt ihm gesagt. Daraufhin habe er Toifl am Westbahnhof
erstmals getroffen, schilderte Meischberger. Der erste Anwalt habe
Toifl avisiert, er werde ein "bekanntes Gesicht" dort treffen. Die
Staatsanwaltschaft wirft Toifl die Fälschung von Beweismitteln,
versuchte Begünstigung und Geldwäsche vor, was dieser bestreitet.
Fünf Verhandlungstage dauert bereits die Befragung von
Meischberger durch Richterin Hohenecker. Zahlreiche Themen will
Hohenecker noch abarbeiten. Die nächsten Verhandlungstage sind für
den 5. bis 7. Juni angesetzt.
(Schluss) cri/gru/pro
ISIN AT00BUWOG001 AT0000809058
WEB http://www.buwog.at
http://www.immofinanz.com
http://www.rlbooe.at