Grasser-Prozess - Thornton: "Kleinere Gruppe" hinter Hochegger
Ex-Mitarbeiter von Petrikovics schildert Scheinrechnungen für
Buwog-Provision - ESG für Villach zu teuer - Kritik an
anfänglichen Einvernahmen bei Staatsanwalt - BILD
Die Befragung von Ex-Immofinanz-Mitarbeiter
Christian Thornton am Donnerstag ist von Richterin Marion Hohenecker
erneut sehr detailreich geführt worden. Penibel ging sie Unterlagen
und bisherige Einvernahmen von Thornton durch. Thornton hatte damals
gesagt, er gehe von einer "kleineren Gruppe" hinter dem
Buwog-Provisionsempfänger Peter Hochegger aus. Wer genau dabei
gewesen sei wisse er nicht.
Gestern hatte Thornton von einem "Netzwerk" hinter Hochegger
gesprochen. Er habe diese Schlussfolgerungen gezogen, weil Hochegger
ihm einmal im Zuge der Abwicklung der Millionenprovision ein E-Mail
geschickt habe mit Verweis auf seine ungeduldigen Projektpartner,
sagte Thornton heute.
Laut Anklage steht letztlich Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser
(FPÖ/ÖVP) hinter Hochegger. Hochegger selber sagt, er habe seine
Informationen zum Verkaufsprozess der Bundeswohnungen alle von
Walter Meischberger bekommen. Meischberger ist mit Grasser
befreundet, er war auch sein Trauzeuge. Grasser und Meischberger
dementieren, dass die geheimen Informationen von Grasser gekommen
seien.
Statt die Millionenprovision für Hocheggers Beratung bei der
Privatisierung der Bundeswohnungen korrekt einzutragen, wurden
Scheinrechnungen gestellt: Thornton schickte Hochegger den
Rechnungstext, dieser schickte fertige Rechnungen zurück, die dann
überwiesen wurden. Konkret wurde bei diversen Projekten der Immoeast
in Osteuropa eine Submaklertätigkeit von Hochegger "suggeriert" und
für ihn damit eine Provision konstruiert, der aber keine Leistung
bei diesem jeweiligen Projekt gegenüberstand.
Dies bestätigte heute auch Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics,
der ebenfalls auf der Anklagebank sitzt. Eigentlich hätte von
Projekten ohne Drittmakler die Constantia Privatbank AG einen
Anspruch auf Provision, da sie diesbezüglich Managementverträge
hatte. Da die Provision aber an Hocheggers Firma Astropolis auf
Zypern floss, wurde derart die Constantia Privatbank - und somit
ihre Aktionäre, darunter auch Petrikovics selbst - geschädigt, weil
sie keine Provision erhielt.
Bei seiner Einvernahme durch die Staatsanwaltschaft im Zuge der
Ermittlungen hatte Thornton ausgesagt, dass ihm Petrikovics gesagt
habe, dass die Zahlungen an Hochegger in Wahrheit eine Provision für
den Erwerb der Buwog gewesen seien. Petrikovics habe dies auch
einmal in einer "informellen" Aufsichtsratssitzung gesagt.
Richterin Hohenecker ging mit Thornton auch Unterlagen zu den
Verhandlungen mit der Stadt Villach über einen allfälligen Verkauf
der Eisenbahnerwohnungsgesellschaft ESG an Villach durch. Das
Vorkaufsrecht des Landes Kärnten für die ESG, das bei der
Privatisierung der Bundeswohnungen nicht ausgeübt worden war, sei
auf die Stadt Villach übertragen worden, meinte Thornton. Trotz
längerer Verhandlungen auch mit dem damaligen Bürgermeister Helmut
Manzenreiter kaufte die Stadt Villach die ESG nicht. Unter anderem
hätte beim Erwerb Grunderwerbssteuer gezahlt werden müssen. Bei der
Privatisierung der Bundeswohnungen waren hingegen die Bundessteuern
für diesen Deal ausgesetzt worden. Das Konsortium (Immofinanz, RLB
OÖ und andere) wollte die ESG auch nicht unter dem Einstandspreis -
104,4 Mio. Euro - verkaufen, während die Stadt Villach offenbar von
einem deutlich niedrigeren Wert der ESG ausging.
Thornton beschwerte sich heute über seine ersten Einvernahmen bei
der Staatsanwaltschaft. Damals habe er so gut wie keine
Akteneinsicht gehabt. Ins Protokoll sei eine Mischung aus Frage und
Antwort aufgenommen worden, nicht Frage und Antwort jeweils extra.
Sobald er dann Akteneinsicht bekommen habe, habe er seine Angaben
konkretisiert.
(Schluss) gru/ggr/rf
ISIN AT00BUWOG001 AT0000609607 AT0000809058
WEB http://www.buwog.at
http://www.porr-group.com
http://www.immofinanz.com
http://www.rlbooe.at